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Seelennacht

Seelennacht

Titel: Seelennacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
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grollendes Lachen von sich. »Ja, ist es auch.«
    Ich lehnte mich an seine Schulter.
    »In ein paar Stunden liegst du in einem Bett«, sagte er. »Ich wette,
das
sind mal gute Nachrichten, was?«
    Hatte etwas so Einfaches jemals so unglaublich gut geklungen? Aber als ich darüber nachdachte, spürte ich, wie mein Lächeln verblasste, und hob den Kopf.
    »Und was, wenn …«
    »Andrew nicht zu Hause ist? Oder die anderen gar nicht aufgenommen hat? Dann treiben wir Simon auf und leisten uns ein billiges Motel. Heute Nacht besorgen wir uns ein Bett. Versprochen.«
    »Und ein Bad.«
    Wieder ein leises Lachen. »Yeah, und ein Bad.«
    »Gott sei Dank.« Ich legte den Kopf wieder auf das Sweatshirtkissen. »Und worauf freust du dich?«
    »Essen.«
    Ich lachte. »Kann ich mir gut vorstellen.
Warmes
Essen. Das ist es, was
ich
will.«
    »Und eine Dusche. Ich sehne mich so danach zu duschen.«
    »Na, um die erste Dusche wirst du aber kämpfen müssen. Wenn der Typ die Tönung noch riechen konnte, dann hab ich sie nicht gut genug rausgewaschen. Was wahrscheinlich auch erklärt, warum es sich jetzt so eklig anfühlt.«
    »Das mit den Haaren. Die Farbe. Ich hab nicht mit Absicht …«
    »Ich weiß. Du hast einfach was genommen, das dafür sorgen würde, dass ich anders aussehe. Was es auch getan hat.«
    »Ja, aber es sieht künstlich aus. Sogar diese Typen haben das gemerkt. Wasch’s raus, und wir besorgen dir was von diesem roten Zeug, das du magst.«
    Ich schloss die Augen. Als ich einzuschlafen begann, hörte ich Derek summen, so leise, dass ich es kaum mitbekam. Ich hob den Kopf.
    »Tut mir leid«, sagte er. »Mir geht diese blöde Melodie im Kopf rum. Keine Ahnung, was es ist.«
    Ich sang ein paar Takte von »Daydream Believer«.
    »Äh, stimmt«, sagte er. »Wie kommt es …«
    »Meine Schuld. Meine Mutter hat mir das immer vorgesungen, wenn ich nicht schlafen konnte, also hab ich’s letzte Nacht gesungen. Das sind die Monkees – die erste Boygroup der Welt.« Ich warf einen Blick zu ihm hinauf. »Und das hat mich jetzt gerade den letzten Rest Coolness gekostet, den ich vielleicht noch hatte, was?«
    »Na, wenigstens bist du nicht diejenige, die’s heute noch singt.«
    Ich lächelte, legte den Kopf an seine Schulter und schlief zu seinem leisen tonlosen Gesumme ein.
     
    Wir stiegen an einer der kleinen Haltestellen aus. Als Simon gesagt hatte, Andrew lebte außerhalb von New York City, hatte ich an das direkte Umland gedacht, an Hudson Valley oder Long Island, aber der Bus setzte uns in einer Kleinstadt ab, deren Namen ich noch nie gehört hatte. Derek erklärte, wir seien etwa dreißig Meilen von New York und vielleicht eine Meile von Andrews Haus entfernt.
    Vielleicht lag es daran, dass wir wussten, wie nah das Ziel war, jedenfalls schienen wir diese Meile in wenigen Minuten hinter uns zu legen. Wir redeten und lachten und alberten herum. Wenn mir vor einer Woche jemand erzählt hätte, dass Derek auch nur in der Lage war herumzualbern, dann hätte ich ihm nicht geglaubt. Aber jetzt war er entspannt und geradezu aufgekratzt, wahrscheinlich, weil die Reise fast zu Ende war.
    Wir gingen eine schmale, von Bäumen gesäumte Straße entlang. Es war kein wirkliches Ackerland, eher eine ländliche Wohngegend mit Häusern, die weit von der Straße zurückgesetzt hinter Zäunen und Mauern und immergrünen Büschen standen. Ich spähte zu ihnen hin, und Derek hob den Arm.
    »Siehst du die altmodischen Gaslaternen da in der Einfahrt? Sie sind sogar an, das ist ein gutes Zeichen.«
    Wir bogen in die Einfahrt ein, die so gewunden und baumgesäumt war wie die Straße und allem Anschein nach auch genauso lang. Endlich bogen wir um eine Kurve und sahen das Haus vor uns. Es war ein hübsches Häuschen im Cottagestil, etwas, das man auch in einer alten Stadt in England hätte finden können – steinerne Mauern, Efeu und ein Garten, von dem ich sicher war, dass er in ein, zwei Monaten wunderschön sein würde. Im Augenblick war das Schönste aber das Licht, das hinter den Fenstern an der Vorderseite brannte.
    »Sie sind hier«, rief ich erleichtert.
    »
Jemand
ist hier«, korrigierte Derek.
    Als ich weiterrennen wollte, packte er mich am Arm. Ich sah mich um und stellte fest, dass er das Haus mit geblähten Nasenflügeln musterte. Er legte den Kopf zur Seite und runzelte die Stirn.
    »Was hörst du?«, fragte ich.
    »Gar nichts.« Er drehte sich um und sah zu den dunklen Bäumen hinüber, die das Haus umgaben. »Es ist zu

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