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Seelennacht

Seelennacht

Titel: Seelennacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
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Kopf. »Ich nehme euch beide jetzt mit da rein und besorge euch ein warmes Essen, und dann erledige ich ein paar Anrufe. Suche euch einen Ort, wo ihr unterkommen könnt.«
    »Wir können nicht …«, begann ich.
    »Keiner schickt euch nach Hause. Kommt.« Sein Griff um meine Schulter wurde fester.
    Derek trat vor. »Es tut mir leid, Sir, aber das können wir nicht machen.«
    »Doch, das könnt ihr.«
    Derek winkte mir zu, ich sollte zu ihm herüberkommen. Ich machte einen Schritt vorwärts. Der Griff des Mannes wurde noch fester.
    »Lassen Sie sie los.« Das Knurren war in Dereks Stimme zurückgekehrt.
    »Nein, Junge. Ich tu deiner Freundin nichts, aber ich nehme sie mit da rein und rufe jemanden an, der helfen kann. Ich hoffe, du kommst mit, aber das ist deine Entscheidung.«
    »Geh«, flüsterte ich, so leise, dass nur Derek es verstehen konnte. »Ich komme nach.«
    Ich war mir sicher, dass er mich gehört hatte, aber er ignorierte es.
    »Ich werde Sie noch einmal bitten, Sir. Lassen Sie sie los.«
    »Das hört sich jetzt aber nach einer Drohung an, Junge. Du bist ein großer Kerl, aber du willst dich nicht mit jemandem anlegen, der seit zwanzig Jahren im Baugewerbe tätig ist und sich öfter geschlagen hat, als er gern zugeben würde. Ich will dir nicht weh tun …«
    Derek sprang, eine blitzschnelle Bewegung. Er hatte dem Mann einen Arm um die Kehle gelegt, bevor der auch nur die Fäuste heben konnte. Als er den Mann im Schwitzkasten nach unten zerrte, stolperte ich zur Seite und riss dabei unwillkürlich die Hand aus der Tasche. Das Messer landete auf dem Boden. Der Mann starrte es an. Ich hob es auf und schob es wieder in die Tasche.
    »Wir wollen Ihnen auch nicht weh tun«, sagte Derek. »Aber wie Sie sehen«, er verstärkte den Druck, bis die Augen des Mannes aus den Höhlen traten, »ich könnte es tun. Ich weiß, dass Sie uns helfen wollen, aber Sie verstehen die Situation nicht.«
    Er sah mich an. »Lauf zurück zum Laster. Hol Seile und ein paar Lappen.«
    Ich rannte los.

[home]
32
    Z wanzig Minuten später stapften wir eine Meile von dem Rasthof entfernt über eine Wiese. Weiter vorn lag eine Straße, die parallel zum Highway verlief.
    »Du findest, dass das, was wir getan haben, nicht richtig war, stimmt’s?«, fragte Derek irgendwann.
    Ich zuckte mit den Schultern.
    »Ich hab ihn nicht fest gefesselt. In einer Stunde ist er frei, wahrscheinlich schneller. Außerdem hab ich sein Handy neben ihm liegenlassen, nur für den Fall, dass es Probleme gibt.«
    Ich nickte. Wir gingen weiter.
    »Was hättest du getan?«, fragte er.
    »Du kennst meinen Plan doch. Den, von dem du so getan hast, als hättest du ihn nicht gehört.«
    Wir hatten die Straße erreicht, bevor er antwortete. »Yeah, okay. Ich hab’s gehört. Aber es hat mir nicht danach ausgesehen, als würde der dir Gelegenheit zum Wegrennen geben. Ich hab gewusst, dass ich ihn ausschalten kann, ohne ihn zu verletzen – bevor die Lage heikler wird. Und wenn ich das kann, dann ist das die Entscheidung, die ich treffe. Unser Dad hat uns beigebracht, mit solchen Situationen so umzugehen.«
    Ich überlegte es mir und nickte dann. »Du hast recht.«
    Derek sah überrascht aus.
    »Ich habe keine Erfahrung mit solchem Zeug – solchen Entscheidungen«, sagte ich. »Bei dem Mädchen in der Gasse oder der Edison Group ist die Sache einfach. Wenn jemand versucht, uns etwas anzutun, dann haben wir jedes Recht, uns zu wehren. Es ist einfach …«
    »Dass dieser Typ gerade eben einfach nur zwei Ausreißern hatte helfen wollen und es deswegen nicht verdient hat, dafür gefesselt und geknebelt zu werden?«
    Ich nickte.
    »Auch so jemand stellt eine Gefahr dar, Chloe. Ob er es jetzt böse meint oder nicht. Wir mussten weg da, sonst wären wir seiner ›Hilfe‹ wegen wieder bei der Edison Group gelandet.«
    »Ich weiß.«
    Wir traten an den Straßenrand, als ein Auto uns überholte, und verspannten uns, als es an uns vorbeifuhr – vergewisserten uns, dass die Bremslichter nicht aufleuchteten, das Auto nicht langsamer wurde. Es wäre nicht drauf angekommen, ob der Fahrer ein Irrer war, der uns entführen wollte, oder eine freundliche Großmutter, die anbot, uns mitzunehmen. Wir hätten auf die gleiche Art reagieren müssen. Wegrennen. Und wenn das nicht möglich war, kämpfen.
    Das Auto fuhr weiter, ohne auch nur langsamer zu werden.
    »Wir können jetzt niemandem mehr trauen«, murmelte ich, »nicht mal den Guten.«
    »Yeah. Nervt ganz schön, was?«
    In der

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