Seelenprinz
Nacht bewaffnet hatte. Auch damals hatten Scheinwerfer eine dunkle Gestalt beleuchtet, doch sie war blutend am Boden gelegen.
Er verscheuchte die Bilder aus seinem Kopf und versuchte es erneut. » Qhuinn!«
Der andere blieb stehen, pflanzte die Springerstiefel in den Schnee und bewegte sich nicht weiter. Doch er drehte sich nicht um.
Blay bedeutete John, die Scheinwerfer auszuschalten, und gleich darauf brannte nur noch das orangefarbene Standlicht.
Vor ihm stieß Qhuinn die Hände in die Hüften, legte den Kopf in den Nacken und blickte gen Himmel. Sein Atem schickte eine Wolke aus Kondenswasser in die Nacht.
» Komm zurück und steig in den Wagen.« Blay zog an seiner Zigarette und stieß den Rauch aus. » Wir müssen weiter…«
» Ich weiß, wie viel dir Saxton bedeutet«, sagte Qhuinn schroff. » Versteh ich. Ehrlich.«
» Gut«, zwang Blay sich zu sagen.
» Ich schätze… wenn es laut ausgesprochen wird, ist es eben doch noch mal ein Schock.«
Blay runzelte im Schummerlicht die Stirn. » Verstehe ich nicht.«
» Ich weiß. Es ist meine Schuld. All das … ist meine Schuld.« Qhuinn blickte über die Schulter, und sein markantes Gesicht war finster entschlossen. » Ich will nur nicht, dass du glaubst, ich würde sie lieben. Das ist alles.«
Blay hob eine Dunhill an die Lippen, doch ihm fehlte die Kraft, daran zu ziehen. » Tut… mir leid– ich verstehe nicht… warum…«
Mann, was für eine geniale Antwort.
» Ich liebe sie nicht. Sie liebt mich nicht. Wir schlafen nicht miteinander.«
Blay lachte hart auf. » Blödsinn.«
» Nein, im Ernst. Ich habe ihr in ihrer Triebigkeit gedient, weil ich ein Kind will, genau wie sie. Davor und danach ist nichts gelaufen.«
Blay schloss die Augen, als die Wunde in seiner Brust aufs Neue aufgerissen wurde. » Qhuinn, hör auf. Du warst das ganze letzte Jahr über mit ihr zusammen. Ich habe euch gesehen– alle haben euch gesehen…«
» Ich habe sie vor vier Nächten entjungfert. Davor hatte sie mit keinem geschlafen, auch mit mir nicht.«
Toll, was für ein schönes neues Bild, das er ihm da in den Kopf setzte.
» Ich liebe sie nicht. Sie liebt mich nicht. Wir schlafen nicht miteinander.«
Blay konnte nicht länger stillstehen, er lief umher, und der Schnee knirschte unter seinen Stiefeln.
» Ich bin mit niemandem zusammen«, sagte Qhuinn.
Wieder stieß Blay ein krampfhaftes Lachen aus. » Du meinst im Sinne einer Beziehung? Natürlich nicht. Aber erwarte nicht von mir, dass ich dir abnehme, ihr würdet in eurer Freizeit Zierdeckchen häkeln oder das Gewürzregal alphabetisch ordnen.«
» Ich hatte seit fast einem Jahr keinen Sex.«
Blay erstarrte.
Verflucht, wo war nur plötzlich all die Luft aus seiner Lunge hingekommen?
» Unsinn«, erwiderte er heiser. » Du warst mit Layla zusammen– vor vier Nächten, wie du selbst sagst.«
Als sich Schweigen breitmachte, stürmte die grausame Wahrheit erneut auf Blay ein und schmerzte so sehr, dass er nicht länger verhehlen konnte, was er in den letzten Tagen so sorgfältig verborgen hatte.
» Du warst mit ihr zusammen«, wiederholte er. » Ich habe gesehen, wie der Kronleuchter in der Bibliothek unter eurem Zimmer ins Schaukeln geriet.«
Diesmal schloss Qhuinn die Augen, wie um zu vergessen. » Das war nur zu einem bestimmten Zweck.«
» Hör zu…« Blay schüttelte den Kopf. » Mir ist wirklich nicht ganz klar, warum du mir das erzählst. Ich meine es ernst, du musst mir nicht erklären, was du mit deinem Leben anstellst. Du und ich… wir sind zusammen groß geworden, und damit hat es sich. Sicher, wir haben damals vieles geteilt und waren füreinander da, wenn es drauf ankam. Aber keinem von uns würden die alten Klamotten von damals passen, und genauso ist es mit unserer Beziehung. Sie passt nicht mehr in unser Leben. Wir… passen nicht mehr zueinander. Hör zu, ich wollte vorher im Wagen nicht arschig sein, ich finde nur, das muss in deinen Kopf. Wir haben eine gemeinsame Vergangenheit. Das ist auch schon alles. Mehr wird… da nie sein.«
Qhuinn wandte sich ab, und sein Gesicht verschwand im Schatten.
Blay zwang sich, weiterzureden. » Ich weiß, dass diese Sache mit Layla ein großes Ding für dich ist. Zumindest vermute ich es– wie könnte es anders sein, wenn sie schwanger ist. Was mich betrifft, so wünsche ich euch wirklich alles Gute. Aber du schuldest mir keine Erklärungen– ich brauche das nicht. Ich habe meine kindischen Schwärmereien hinter mir gelassen– denn mehr war es
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