Seelenprinz
man Tisch und Arbeit teilte, der zu den gleichen Zeiten schlief wie man selbst… zu einem Fremden werden konnte.
Doch ausschlaggebend war nun mal– wie so oft– die emotionale Distanz und nicht der ganze Quatsch, von wegen, zusammen arbeiten und wohnen und so.
Das Problem war nur, dass Qhuinn mit einem Mal das Bedürfnis hatte, sich zu erklären. Leider aber war er, anders als dieser Hurenbock von Cousin, kein großer Redner, und der Knoten in seiner Brust verschlimmerte diese Tendenz zum Schweigen nur noch.
Mit einem letzten Knirschen hatte sich der Hummer von der Straße auf den Abschleppwagen gehoben, und Blay begann damit, eine Kette unter dem Unterboden hindurchzuführen.
» Okay, ihr drei bringt diesen Schrotthaufen zurück«, sagte Tohr. Erneut setzte ein heftiges Schneegestöber ein.
Blay versteifte sich und sah den Bruder an. » Wir gehen immer paarweise. Also begleite ich dich.«
Als wollte er schleunigst die Fliege machen.
» Ist dir eigentlich klar, was wir hier haben? Einen fahruntüchtigen Haufen Schrott mit zwei toten Menschen drin. Du glaubst doch nicht ernsthaft, das könnte man so locker handhaben?«
» Die beiden packen das schon«, flüsterte Blay. » Sie sind fit.«
» Und mit dir sind sie noch stärker. Ich dematerialisiere mich einfach nach Hause.«
Blay schwieg, doch man sah regelrecht, wie er innerlich den Mittelfinger hochreckte. Aber er galt nicht dem Bruder.
Qhuinn wusste genau, wem er galt.
Danach ging alles ganz schnell. Der Hummer wurde festgezurrt, Tohr verschwand, und John klemmte sich hinter das Steuer des Abschleppwagens. Qhuinn ging um den Wagen herum zur Beifahrertür, riss sie auf und stellte sich abwartend daneben.
Nahezu gentlemanlike.
Blay stapfte durch den Schnee auf ihn zu. Sein Gesicht passte zur Landschaft: kalt, abweisend, verschlossen.
» Nach dir«, meinte er und zog eine Schachtel Zigaretten und ein elegantes goldenes Feuerzeug aus der Tasche.
Qhuinn nickte knapp und kletterte in die Fahrerkabine, wo er über die Bank rutschte, bis er Schulter an Schulter mit John saß.
Blay stieg als Letzter ein und knallte die Tür zu. Dann öffnete er das Fenster einen Spaltbreit und hielt das glimmende Ende seiner Zigarette hoch, damit der Rauch nach draußen zog.
Gute fünf Meilen lang führte der Abschleppwagen mit seinem Brummen Selbstgespräche.
Qhuinn saß zwischen seinen beiden ehemals besten Freunden, starrte durch die Windschutzscheibe und zählte die Sekunden zwischen den Intervallen des Scheibenwischers… drei, zwei… eins… rauf, runter. Und… drei, zwei… eins… rauf, runter.
Eigentlich schneite es doch gar nicht mehr so stark, dass man die Scheibenwischer brauchte…
» Es tut mir leid«, brach es da aus ihm heraus.
Schweigen. Abgesehen von dem Motorengeräusch von vorne und gelegentlichem Kettenklirren von hinten, wenn sie über ein Schlagloch fuhren.
Qhuinn wandte den Kopf, und siehe da, Blay wirkte, als würde er auf einem Stück Metall herumkauen.
» Redest du mit mir?«, fragte er barsch.
» Ja. Das tue ich.«
» Es gibt nichts, wofür du dich entschuldigen müsstest.« Blay drückte seine Zigarette im Aschenbecher aus. Sofort zündete er sich die nächste an. » Würdest du bitte aufhören, mich so anzustarren.«
» Ich wollte doch nur…« Qhuinn fuhr sich durchs Haar, zerrte daran. » Ich… ich weiß nicht, was ich wegen Layla sagen soll…«
Blay sah ihn scharf an. » Wie du dein Leben regelst, hat nichts mit mir zu tun…«
» Das stimmt doch nicht«, murmelte Qhuinn. » Ich…«
» Stimmt nicht?«
» Blay, hör zu, Layla und ich, wir…«
» Wie kommst du auf die Idee, dass ich von dir und ihr hören möchte?«
» Ich dachte nur, ich sollte dir… ein paar Zusammenhänge erklären.«
Blay starrte ihn einfach nur an. » Und warum sollten mich diese ›Zusammenhänge‹ interessieren?«
» Weil… ich dachte, dass du es vielleicht… schlimm fandest oder so.«
» Und warum sollte ich das?«
Qhuinn konnte nicht glauben, dass Blay ihn dazu drängen wollte, es laut auszusprechen. Und dann auch noch vor Publikum, selbst wenn es nur John war. » Na ja, wegen… du weißt schon.«
Blay schob sein Gesicht auf ihn zu, die Fänge gebleckt. » Nur damit eins zwischen uns beiden klar ist: Dein Cousin gibt mir, was ich brauche. Jeden Tag. Rund um die Uhr. Du und ich?« Er fuchtelte mit der Zigarette zwischen ihnen hin und her. » Wir arbeiten zusammen. Das ist alles. Tu uns also bitte einen Gefallen, bevor du meinst, mir
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