Seelenprinz
entdeckte er einen Stromgenerator, der kein Benzin mehr hatte, und einen verrosteten alten Öltank, der darauf schließen ließ, dass die Hütte irgendwann einmal eine Heizung besessen hatte.
Er kehrte zur Vorderseite zurück, rüttelte an der Türklinke und stellte fest, dass abgeschlossen war.
Egal. Da drinnen war nicht viel zu erwarten.
Mr C zog die Karte aus der Innentasche seiner Bomberjacke, klappte sie auf und suchte nach seinem Standort. Dann setzte er ein Häkchen in das kleine Quadrat, holte seinen Kompass raus, orientierte sich und lief in nordwestliche Richtung weiter.
Wenn man dieser Karte glaubte– er hatte sie in der Drogenhöhle des ehemaligen Haupt- Lessers gefunden–, dann war dieses Stück Land etwa zweihundert Hektar groß und mit kleinen Hütten wie dieser gespickt. Er vermutete, dass es früher einmal ein Campingareal gewesen war, das sich mehrere Besitzer teilten, eine Art modernes Jagdgebiet, das aufgrund der Steuerlast an den Staat New York zurückgefallen und in den Achtzigerjahren von der Gesellschaft der Lesser gekauft worden war.
Zumindest entnahm er das den handschriftlichen Notizen in der Ecke, obwohl natürlich nicht gesagt war, dass die Gesellschaft der Lesser noch immer eingetragener Eigentümer war. Wenn man die finanzielle Misere der Gesellschaft bedachte, dann lastete am Ende eine monstermäßige Steuernachforderung auf diesem Landstrich, oder der Staat New York hatte sich die Scheißgegend längst zurückgeholt.
Er blieb stehen und sah noch einmal auf den Kompass. Mann, als Städter hasste er es, nachts in den Wäldern umherzustreifen, durch den Schnee zu stapfen, Kästchen abzuhaken wie ein Forstaufseher. Aber er wollte mit eigenen Augen sehen, womit er arbeiten musste, und das ging eben nur so.
Zumindest hatte er eine Einkommensquelle in Aussicht.
Wenn diese Jungs in vierundzwanzig Stunden wieder auf den Beinen waren, würde er damit beginnen, die Kasse aufzufüllen. Das war der erste Schritt zur Urbarmachung.
Und der zweite?
Die Weltherrschaft.
15
Sie blutete.
Der rote Fleck auf dem weißen Toilettenpapier in Laylas Hand war grell wie ein Schrei.
Nachdem sie die Spülung betätigt hatte, musste sie sich an der Wand abstützen, um beim Aufstehen nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Sie legte eine Hand auf den Unterleib und hangelte sich mit der anderen vom Waschtisch zum Türrahmen, dann stolperte sie ins Schlafzimmer und griff direkt zum Telefon.
Ihr erster Gedanke war, Doc Jane anzurufen, doch sie entschied sich dagegen. Sollte das hier ein Schwangerschaftsabgang sein, dann bestand die Möglichkeit, Qhuinn die Wut des Primals zu ersparen, indem sie es für sich behielt. Und die bruderschaftseigene Ärztin zu konsultieren war vermutlich nicht der beste Weg, die Sache geheim zu halten.
Schließlich gab es nur einen Grund, warum eine Vampirin blutete– es würde zwangsläufig Erkundigungen nach ihrer Triebigkeit nach sich ziehen und wie sie damit umgegangen war.
Sie öffnete die Schublade an ihrem Nachtkästchen und zog ein kleines Büchlein heraus. Dann suchte sie die Nummer der Klinik ihrer Spezies heraus und wählte mit zitternder Hand.
Als sie kurz darauf auflegte, hatte sie einen Termin, in dreißig Minuten.
Doch wie sollte sie dorthin gelangen? Sie konnte sich nicht dematerialisieren– dazu war sie zu aufgelöst, und außerdem riet man schwangeren Vampirinnen davon ab. Sie hatte auch nicht das Gefühl, selber fahren zu können. Qhuinn hatte ihr zwar alles beigebracht, doch sie konnte sich nicht vorstellen, sich in ihrem Zustand in den Verkehr auf dem Highway einzufädeln.
Ihre einzige Chance war Fritz Perlmutter.
Layla ging zum Schrank, zog ein weiches Unterkleid heraus, drehte es zu einem dicken Strang und befestigte ihn mit Hilfe mehrerer Slips zwischen ihren Beinen. Dieser Notbehelf gegen die Blutung war unglaublich voluminös und erschwerte das Gehen, aber das war noch das geringste Problem.
Mit einem Anruf in der Küche sicherte sie sich den Butler als Fahrer.
Jetzt musste sie nur noch heil die Treppe hinunterkommen, hinaus in die Vorhalle gelangen und in die lange Limousine steigen– ohne dabei einem der männlichen Vampire in die Arme zu laufen.
Sie wollte gerade ihr Zimmer verlassen, da fiel ihr Blick in den Spiegel an der Wand. Ihre weiße Robe und ihre Steckfrisur zeichneten sie eindeutig als Auserwählte aus. Niemand sonst lief so herum.
Selbst wenn sie unter dem Namen auftrat, den sie der Sprechstundenhilfe genannt hatte, würde
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