Seelenprinz
niemandem entgehen, dass sie von der Anderen Seite kam.
Also riss sie sich die Robe vom Leib und versuchte, sich in ihre Yoga-Pants zu zwängen, wegen des dicken Wulsts in ihrer Unterwäsche aber war das unmöglich. Und die Jeans, die sie mit Qhuinn zusammen gekauft hatte, wollte auch nicht passen.
Sie rupfte das Unterkleid wieder heraus, stopfte sich Papierhandtücher aus dem Bad in den Slip und passte so tatsächlich in die Jeans. Ein dicker Pulli ließ sie fülliger wirken und hielt sie darüber hinaus warm, und als sie sich rasch das Haar bürstete und es zurückband, da sah sie fast normal aus.
Sie trat aus ihrem Zimmer, das Handy von Qhuinn fest in der Hand. Einen Moment lang erwog sie, ihn anzurufen, doch was hätte sie ihm sagen sollen? Er hatte nicht mehr Einfluss auf dieses Geschehen als sie…
Gütige Jungfrau der Schrift, sie war dabei, ihr Kind zu verlieren. Ihrer beider Kind.
Der Gedanke schoss ihr durch den Kopf, als sie an die große Freitreppe kam: Sie war dabei, ihr Kind zu verlieren . In diesem Moment. Hier, vor dem königlichen Arbeitszimmer.
Mit einem Schlag stürzte die Decke auf sie ein, und die Wände der großen Eingangshalle bedrängten sie so stark, dass sie keine Luft mehr bekam.
» Euer Gnaden?«
Layla riss sich zusammen und blickte über den roten Treppenläufer zum Fuß der Treppe hinunter, wo Fritz in seiner üblichen Livree stand. Sein liebenswertes, altes Gesicht war von Sorge gezeichnet.
» Euer Gnaden, sollen wir gehen?«
Sie nickte und stieg vorsichtig die Stufen hinab. Es war einfach nicht zu fassen, dass alles umsonst gewesen sein sollte, die stundenlangen Anstrengungen zusammen mit Qhuinn . D ie Stunden der Starre danach, als sie nicht gewagt hatte, sich zu bewegen . D ie Spekulationen und Sorgen und die leise, trügerische Hoffnung.
Nicht auszudenken, dass sie das Geschenk ihrer Jungfräulichkeit womöglich umsonst vergeben hatte.
Für Qhuinn würde es ein fürchterlicher Schlag sein, und dass sie ihn so enttäuschen musste, machte ihr eigenes Leiden noch viel schlimmer. Er hatte sich ihr hingegeben in ihrer Triebigkeit, sein Wunsch nach einem leiblichen Kind hatte ihn zu etwas verleitet, das er ansonsten nicht getan hätte.
Dass sich die Biologie jedem Einfluss entzog, war kein Trost für Layla.
Der Verlust… er fühlte sich trotz allem an wie ihr persönliches Verschulden.
Ein Kater ließ sich am besten mit einem Drink kurieren.
Das war die primitive, im Kern jedoch einzig wahre Rezeptur, soweit sich Saxton entsann.
Er stand nackt vor dem Spiegel in seinem Bad, legte den Föhn beiseite und zog die Finger durch sein Haar. Die blonden Wellen fielen wie gewohnt und bildeten ein perfektes Arrangement, das sein eckiges, ebenmäßiges Gesicht umschmeichelte.
Sein Spiegelbild sah nicht anders aus als in der vergangenen Nacht oder der Nacht davor, und doch schien es Saxton, als ob dieses vertraute Antlitz einem anderen gehörte, der nichts mit ihm zu tun hatte.
Innerlich hatte sich so vieles verändert, da schien es nur logisch, dass sich dies auch in seiner Erscheinung widerspiegelte. Aber dem war nicht so.
Er wandte sich ab und ging zum Kleiderschrank. Vermutlich brauchte ihn das alles nicht zu überraschen, weder der Tumult in seinem Inneren noch die vorgetäuschte äußerliche Gefasstheit.
Nach dem Gespräch mit Blay hatte er eine Stunde gebraucht, um seine Sachen aus dem Zimmer zu räumen, das er mit seinem Exfreund geteilt hatte, zurück in die Suite ein Stück den Gang hinunter. Man hatte sie ihm zugeteilt, als er in dieses Haus gekommen war, aber je länger seine Beziehung zu Blay angedauert hatte, desto mehr von seinen Sachen waren in dieses andere Zimmer gewandert.
Dieser Umzug war schrittweise vonstattengegangen, genauso wie sich seine Liebe entwickelt hatte: hier ein Hemd und da ein Paar Schuhe, mal eine Bürste, in der nächsten Nacht Socken… eine Unterhaltung über gemeinsame Wertvorstellungen, gefolgt von einem siebenstündigen Sexmarathon, abgerundet mit einem Becher Breyers Coffee Ice Cream und nur einem Löffel, den sie sich teilten.
Er hatte nicht bemerkt, wie weit er seinem Herzen gefolgt war, ähnlich einem Wanderer in der Wildnis. Nach einer halben Meile sah man noch gut, wo man hergekommen war, und fand problemlos heim. Aber zehn Meilen und ein paar Abzweigungen später gab es kein Zurück mehr. Denn blieb einem nichts anderes übrig, als Baumaterial zusammenzutragen und einen Unterstand zu errichten, um frische Wurzeln zu
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