Seelenprinz
war es zu spät. Idiot. Was war er doch nur für ein Idiot.
Denn es sah wirklich ganz so aus, als würde er hier und heute den Löffel abgeben.
Er richtete sich auf, sodass ihm der kalte Wind mit voller Wucht ins Gesicht klatschte, und blickte wütend in das Inferno. Er stellte sich die Kiefern vor, die er nicht sehen konnte, weil seine Augen zu stark tränten. Dann riss er den Mund auf und brüllte laut mit dem Mahlstrom.
Verdammt, er würde keinen Memmentod sterben. Er würde sich nicht ducken oder irgendwelche überirdischen Mächte um Hilfe anflehen. Scheiß drauf. Er würde sich seinem Ende stellen, mit gebleckten Fängen und angespannten Muskeln, und sein Herz würde nicht zittern, sondern schreien…
» Zeig, was du draufhast, Sensenmann!«
Während Qhuinn versuchte, den Vogel in die Luft zu ziehen, richtete Blay seine Waffe auf den Waldrand und feuerte einen Schuss nach dem anderen ab, als hätte er unerschöpfliche Bleireserven– was nicht der Fall war.
Was für eine beschissene Lage. Er, John und Rhage waren ohne Deckung, niemand konnte wissen, wie viele Jäger im Wald lauerten, und dieses verdammte Museumsstück von Flugzeug tat nichts anderes, als eine giftige Rauchwolke hinter sich herzuziehen und vor sich hinzutuckern wie auf einer sonntäglichen Spritztour.
Ach ja, und natürlich war die Maschine alles andere als kugelsicher, hatte aber offensichtlich Treibstoff im Tank.
Sie würden es nicht schaffen. Qhuinn und Z würden in den Wald am Ende der Startbahn rasen– wenn ihnen das Flugzeug nicht schon davor um die Ohren flog.
Als Blay die Erkenntnis traf, dass sie es gleich auf die eine oder andere Weise mit einem Feuerball zu tun bekämen, ging ein Riss durch seine Mitte. Rein äußerlich blieb er dabei, den Angriff abzuwehren. Er streckte die Arme vor, krümmte die Zeigefinger, feuerte Kugeln ab, lauschte auf Mündungsfeuer und suchte nach Bewegungen des Feindes.
Der andere Teil von ihm saß mit in diesem Flugzeug.
Es war, als würde er seinen eigenen Tod beobachten. Er konnte sich das wilde Rütteln des Flugzeugs nur allzu lebhaft vorstellen, das unkontrollierbare Holpern über den gefrorenen Boden und den Anblick der undurchdringlichen Bäume, die auf ihn zurasten– als würde er durch Qhuinns Augen sehen und nicht durch seine eigenen.
Dieser tollkühne Hurensohn.
Blay hatte schon so oft gedacht, dass er sich umbringen würde.
So viele Anlässe, im Einsatz und privat.
Aber dieses Mal gab es kein Entrinnen .
Eine Kugel traf ihn in den Oberschenkel, und als der Schmerz vom Bein zu seinem Herzen raste, wusste Blay, dass er sich wieder dem Kampfgeschehen zuwenden sollte: Wenn er überleben wollte, musste er sich voll und ganz darauf konzentrieren.
Doch noch während er dies erkannte, dachte er kurz: Warum lass ich es nicht einfach enden? Schluss mit dem ganzen Mist und der ewigen Strafe des Lebens, dem » Fast erreicht« und dem » Was wäre wenn?«, seiner permanenten Marter . E r war es einfach leid…
Er wusste nicht, was es war, aber etwas streckte ihn nieder.
Eben noch hatte er auf das Flugzeug gestarrt und auf die Explosion gewartet, und im nächsten Moment lag er bäuchlings im Schnee, und seine Ellbogen gruben sich in die harte, gefrorene Erde, während sein verletztes Bein pulsierte.
Peng! Peng! Peng!
Das Röhren, das die Schüsse übertönte, war so laut, dass er den Kopf einzog, als könnte er sich unter dem Feuerball hinwegducken.
Doch da waren kein Licht und keine Hitze. Das Geräusch kam von oben…
Er flog. Dieser zusammengenietete Blechkübel hatte sich doch tatsächlich in die Luft erhoben über ihnen.
Blay sah nach oben, nur für den Fall, dass er einen Kopfschuss abbekommen hatte und seine Sinneswahrnehmungen komplett hinüber waren. Aber es stimmte– das klapprige Agrarflugzeug war aufgestiegen, zog eine Schleife und flog wahrhaftig in Richtung Heimat, sollte es sich so lange in der Luft halten können.
Wenn sie Glück hatten.
Mann, diese Flugbahn sah nicht gut aus– es war nicht die eines Adlers, der geradlinig und sicher den Nachthimmel durchzog, es war die einer Schwalbe, frisch aus dem Nest– mit einem gebrochenen Flügel.
Hin und her. Das Ding schwankte von einer Seite zur anderen.
Fast sah es aus, als hätten sie das Unmögliche geschafft und den Sprung in die Luft bewältigt… nur um kurz darauf über dem Wald abzustürzen und zu verbrennen…
Vollkommen unvermittelt traf Blay ein Schlag seitlich im Gesicht, sodass er auf den Rücken fiel und
Weitere Kostenlose Bücher