Seelenprinz
furchteinflößend. So schwach zu sein und auf die Hilfe anderer angewiesen zu sein, bei einer so einfachen Sache.
» Sie haben einen wundervollen Akzent«, bemerkte die Schwester, als sie wieder in den Verkehrsstrom auf dem Flur einbogen und sich einmal mehr auf der langsamen Spur hielten. » Er klingt so nach Altem Land– das wäre etwas für meine Granmahmen . Ihr gefällt gar nicht, wie die Alte Sprache immer mehr verdrängt wird. Sie hält es für den Untergang der Spezies.«
Das belanglose Gespräch half Layla und lenkte sie von dem Gedanken ab, wie lange es wohl dauern würde, bis sie diesen Ausflug erneut antreten musste… und ob der Abgang noch beschwerlicher würde… und wie es wohl war, wenn sie Qhuinn in die Augen blicken musste, um ihm zu sagen, dass sie versagt hatte…
Irgendwie schafften sie es zurück zum Untersuchungszimmer.
» Jetzt dauert es bestimmt nicht mehr lange. Ich verspreche es.«
» Danke.«
An der Tür blieb die Schwester noch einmal stehen, und als sie verharrte, huschten Schatten über ihr Gesicht, als würde sie ihre eigene Vergangenheit noch einmal durchleben. In diesem kurzen Moment des Schweigens spürte Layla eine Verbindung zu der Schwester– und obwohl es ungewöhnlich war, etwas mit einer Erdenvampirin gemeinsam zu haben, war es eine Erleichterung.
Sie hatte sich mit dieser ganzen Sache so schrecklich allein gefühlt.
» Wir haben Leute, mit denen Sie reden können«, sagte die Schwester. » Manchmal hilft es, danach darüber zu sprechen.«
» Danke.«
» Drücken Sie auf den Knopf, wenn Sie Hilfe brauchen oder Ihnen schwindlig wird, okay? Ich bin nicht weit.«
» Ja. Mach ich.«
Als sich die Tür schloss, stiegen Tränen in Laylas Augen, und ihre Sicht verschwamm. Und doch, trotz des Ziehens in ihrer Brust schien das überwältigende Verlustgefühl in keinem Verhältnis zur Wirklichkeit zu stehen. Die Schwangerschaft war in einem frühen Stadium gewesen– theoretisch gab es nicht viel zu verlieren.
Trotzdem war es für sie ihr Kind.
Es war der Tod ihres Kindes…
Leise klopfte es an der Tür, und eine männliche Stimme fragte: » Darf ich reinkommen?«
Layla presste die Augen zu und schluckte. » Bitte.«
Havers war groß und sah vornehm aus, mit Schildpattbrille und Fliege. Das Stethoskop um den Hals und der lange weiße Kittel vermittelten den Eindruck des vollkommenen Heilers, ruhig und kompetent.
Er schloss die Tür und lächelte sie kurz an. » Wie fühlen Sie sich?«
» Gut, danke.«
Er musterte sie vom anderen Ende des Zimmers aus, als würde er sie bereits medizinisch einschätzen, obwohl er sie weder berührte noch irgendwelche Instrumente einsetzte. » Darf ich offen zu Ihnen sprechen?«
» Ja. Bitte.«
Er nickte und holte sich einen Stuhl mit Rollen. Dann setzte er sich, balancierte eine dünne Akte auf dem Schoß und sah ihr in die Augen. » Wie ich sehe, haben Sie den Namen Ihres Hellren nicht angegeben– genauso wenig wie den Ihres Vaters.«
» Muss ich das?«
Der Arzt zögerte. » Haben Sie keine nächsten Angehörigen, meine Liebe?« Als sie den Kopf schüttelte, zeichnete sich ehrliche Trauer in seinen Augen ab. » Es tut mir sehr leid, dass Sie solche Verluste hinnehmen mussten. Gibt es hier also niemanden für Sie? Nein?«
Als sie einfach nur dasaß und schwieg, holte er tief Luft.
» In Ordnung…«
» Ich kann bezahlen«, platzte Layla plötzlich heraus. Sie war sich nicht sicher, wo sie das Geld herbekommen sollte, nur…
» Aber meine Liebe, darüber müssen Sie sich doch keine Gedanken machen.« Havers öffnete die Akte und schob ein Blatt beiseite. » Gut, verstehe ich richtig, dass Sie Ihre Triebigkeit hatten?«
Layla nickte und konnte sich nur mit größter Mühe zurückhalten, um nicht laut zu schreien: » Was ist bei dem Test herausgekommen?!«
» Nun, ich habe mir Ihre Bluttests angesehen. Sie haben mir einige Dinge gezeigt, die ich nicht erwartet hätte. Wenn es Ihnen recht ist, würde ich gerne eine zweite Probe nehmen und sie für ein paar weitere Tests in mein Labor schicken. Hoffentlich verstehe ich es dann. Außerdem würde ich gern einen Ultraschall machen, wenn es Ihnen nichts ausmacht. Es ist eine Standarduntersuchung, die mir einen Eindruck davon verschaffen wird, wie sich die Sache entwickelt.«
» Also um zu sehen, wie lange sich diese Fehlgeburt noch hinzieht, ehe es vorbei ist?«
Der Arzt nahm ihre Hand. » Lassen Sie uns einfach sehen, wie es steht, in Ordnung?«
Layla holte tief Luft und
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