Seelenprinz
wieder. Draußen im Wartebereich blieb sie vor dem Empfangstresen stehen und starrte die Vampirin dahinter finster an. Die richtete sich erschrocken auf.
» Sie haben zwei Möglichkeiten.« Layla nickte in Richtung der gesicherten Ausgangstür. » Entweder Sie öffnen diese Tür freiwillig für mich, oder ich sprenge sie kraft meines Willens auf… und setze Sie und Ihre Patienten der Sonne aus, die in«– sie blickte auf die große Uhr an der Wand– » weniger als sieben Stunden aufgeht. Ich bin mir nicht sicher, ob Sie einen derartigen Schaden rechtzeitig beheben können, was meinen Sie?«
Das Klicken des Schlosses hallte laut durch die Stille.
» Danke«, murmelte Layla höflich und wandte sich dem Ausgang zu. » Das ist überaus freundlich von Ihnen.«
Sie würde doch nicht ihre guten Manieren vergessen.
Wrath, Sohn des Wrath, angetan in lederner Hose, saß gemütlich hinter seinem Schreibtisch auf dem Thron, den sein Vater vor vielen Jahrhunderten anfertigen hatte lassen, und fuhr mit dem Finger die glatte, silberne Klinge eines dolchförmigen Brieföffners nach. Neben ihm lag ein leise schnarchender George.
Der Hund gönnte sich nur selten ein Nickerchen.
Wenn jemand klopfte oder eintrat, oder wenn Wrath sich bewegte, hob er den großen Kopf, und das schwere Halsband klimperte. Er horchte auch auf, wenn jemand auf dem Flur vorbeilief oder irgendwo ein Staubsauger brummte oder im Erdgeschoss die Tür zur Vorhalle aufging. Oder ein Tisch gedeckt wurde. Oder wenn in der Bibliothek jemand nieste.
Wenn der Kopf oben war, gab es verschiedene Reaktionen: keine (Tätigkeiten im Esszimmer, Staubsauger, Niesen), ein Schnauben (Öffnen der Tür zur Vorhalle, Schritte im Flur) oder Aufsitzen in Habachthaltung (Klopfen, Eintreten). Der Hund reagierte also nie aggressiv, sondern diente als Bewegungsmelder, der seinem Herrchen überließ, was zu tun war.
Er war ein echter Gentleman, dieser Wachhund.
Doch obwohl die zahme Art zu George gehörte wie sein flauschiges, langes Fell und der große, langgliedrige Körper, hatte Wrath doch bisweilen die Bestie in ihm aufblitzen sehen. Wenn man es mit einer Horde aggressiver, starrköpfiger Kämpfer wie der Bruderschaft zu tun hatte, erhitzten sich unweigerlich von Zeit zu Zeit die Gemüter– selbst gegenüber dem König. Wrath war das schnuppe– er teilte sein Leben schon zu lange mit diesen Hurensöhnen, um sich über ein wenig Säbelrasseln und Gerangel aufzuregen.
Aber George gefiel das überhaupt nicht. Wenn einer seinem König blöd kam, stellte sich sein Nackenfell auf. Dann knurrte er warnend und presste sich fest an Wraths Bein– als wäre er bereit, den Brüdern zu zeigen, was ein wirklicher Reißzahn war, sollte es zum tätlichen Übergriff kommen.
Das Einzige, was Wrath in seinem Leben noch mehr liebte, war seine Königin.
Er griff unter den Tisch und streichelte die Flanke des Hundes, dann konzentrierte er sich wieder auf den Brieföffner in seiner Hand.
Verflucht. Flugzeuge fielen vom Himmel , Brüder wurden verletzt , Qhuinn trat erneut als Retter auf…
Zumindest hatte die Nacht nicht ausschließlich aus Katastrophen bestanden. Der Beweis gegen Xcor war ein guter Auftakt gewesen: V hatte die ballistischen Tests abgeschlossen, die Kugel, die Wrath in den Hals getroffen hatte, stammte tatsächlich aus einem Gewehr der Bande.
Wrath lächelte in sich hinein, und die Spitzen seiner Fänge prickelten.
Diese Verräter standen jetzt offiziell auf der Abschussliste, legitimiert durch das Gesetz– Zeit also für eine kleine Säuberungsaktion.
George schnaubte, und das Hämmern an der Tür klang, als hätte Wrath ein erstes Klopfen überhört. » Ja.«
Er wusste, wer es war, bevor die Mitglieder der Bruderschaft einzeln eintraten: V und der Bulle. Rhage. Tohr. Phury. Und zum Schluss Z. Der, dem Klopfen nach zu urteilen, am Stock ging.
Sie schlossen die Tür.
Als sich niemand setzte oder losplauderte, wusste Wrath, aus welchem Grund sie gekommen waren. » Wie lautet das Urteil, meine Damen?«, fragte er gedehnt und lehnte sich zurück.
» Wir haben über Qhuinn nachgedacht«, antwortete Tohr.
Das konnte Wrath sich lebhaft vorstellen. Er hatte ihnen zu Beginn des Abends von seiner Idee erzählt, sie aber nicht zu einer sofortigen Entscheidung gedrängt. Es gab jede Menge Mist, über den er als König gut und gern bestimmte. Wen die Brüder in ihren Club aufzunehmen gedachten, gehörte nicht dazu. » Und?«
Zsadist antwortete in der Alten Sprache: »
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