Seelenqual: Peter Nachtigalls zweiter Fall (German Edition)
einer. Seht mal: Herr und Frau Weinreich, Herr Petzold. Mehr Namen sind nicht mehr übrig. Einer von ihnen hat den Mord begangen, ist durch irgendeine Kleinigkeit auf Frau Markwart aufmerksam geworden. Sie hat ihn gesehen, also musste sie sterben.«
»Bleibt die Frage, warum er das nicht gleich erledigt hat. Warum hat er so lange gezögert. Hat sie ihn erpresst? Dann müsste sie aber gewusst haben, wer der Täter war. Und sie kannte doch wohl nur die Mutter. Frau Weinreich ermordet ihre Tochter und lässt sie eine halbe Stunde auf den Tod warten? Dann nimmt Frau Markwart Kontakt mit ihr auf und erpresst sie. Also räumt sie den einzigen Tatzeugen mit Gift aus dem Weg und wartet, bis ihr Opfer wirklich tot ist. Gut. Michael, wir brauchen eine Liste der Telefonnummern, die in dem schnurlosen Telefon gespeichert sind. Ich frage bei Schwester Hilde nach, ob sie in den Tagen vor dem Mord vielleicht einen Brief für Frau Markwart zur Post gebracht hat. Dann sehen wir weiter. Wo ist eigentlich Emile? Wenn ich den heute zufällig in meiner Küche treffe, werde ich ihn fragen, ob das alles zu Frau Weinreich passen würde. Jetzt muss ich mir aber ein neues Pflaster verpassen lassen!«
Sprach’s und schlug auch schon die Tür hinter sich zu. Die beiden Kollegen sahen sich fragend an.
»Na gut. Auf zur Zeitungsredaktion.«
Peter Nachtigall wurde bereits erwartet.
»So, dann lass mal sehen!«, forderte Frau Dr. Stamm ihn auf und zog das Pflaster vorsichtig ab.
»Sieht prima aus. Ein bisschen blau, aber das ist in Ordnung. Solange du nicht am Faden spielst, wird die Wunde wohl recht zügig verheilen«, erklärte sie und klebte ein neues Pflaster auf.
»Sabine hat mir erzählt, dass ich dich hätte erkennen müssen, Conny. Aber weißt du, ich bin eigentlich immer abgehauen, wenn ihr beide eure Puppen versorgt habt.«
»Stimmt! Kaum kam ich um die Ecke, schon warst du weg. Sehe ich dich morgen beim Sport?« Wenn sie lachte, bildeten sich Unmengen kleiner Fältchen um ihre Augen und alles an ihr schien zu strahlen. »Wenn alles gut läuft, ja. Wenn ich nicht komme, hat das rein berufliche Gründe, glaub mir«, lachte er zurück und räumte den Platz im Behandlungszimmer widerwillig für einen anderen Patienten.
Als er vor Groovis Bett stand, konnte er sehen, dass der Junge geweint hatte.
»Hi, Groovi!«
»Hi!«
»Weißt du noch, was du mir über die Gestalt erzählt hast? Das war keine Einbildung, du hast sie wirklich gesehen. Wir haben Zeugen gefunden, die das Gleiche beobachtet haben wie du.«
»Gut«, antworte Groovi ohne echtes Interesse.
»Was ist?«
»Die nehmen mich echt nicht wieder auf zu Hause. Und ich will auch gar nicht mehr dahin zurück! Schließlich bin ich getürmt, weil mich dieses blöde Getue so angenervt hat. Ist doch bescheuert, dass mir das wehtut, dass sie mich nicht wiederhaben wollen, oder?«
Nachtigall zog sich den Stuhl ans Bett und nahm Groovis Hand, die ruhelos auf der Bettdecke umherhuschte, wie eine verschreckte Maus, die ihr Loch nicht finden konnte.
»He – das ist ganz in Ordnung. Wenn man so alt ist wie du, denkt man, man darf sich wehren. Und du hast doch auch angenommen, du hättest ein Recht davonzulaufen, weil sie dich nerven. Auf der anderen Seite glaubst du, weil sie deine Eltern sind, müssen sie dich auch zu sich nehmen. Aber vielleicht können sie dir diesen Wunsch nicht erfüllen. Noch nicht. Sie brauchen Zeit – Eltern sind älter. Vielleicht liegt es daran, dass manche Dinge länger dauern.«
Peter Nachtigall hielt die Hand des Jungen ganz fest und griff mit der linken Hand in eine Tüte, die er mitgebracht hatte.
»Sieh mal – deine Augen können schon wieder richtig gucken! Ein Fortschritt. Und damit dir die Zeit nicht lang wird, habe ich dir hier was mitgebracht.«
Er hielt ein dickes Buch mit rotem Einbad in die Höhe und Groovi schnappte begeistert danach.
»Ey, Mann! Es gibt einen zweiten Band! Das hab ich gar nicht gewusst! Wow! Danke!«, jubelte er, als er den Drachen auf dem Umschlag erkannte.
»Na ja. Ich dachte, die Geschichte kann im ersten Buch unmöglich zu Ende sein. Wir haben nun schon so viel gelesen und es bleiben nur noch so wenige Seiten übrig, dass der Kampf gegen das Imperium in diesem Buch unmöglich noch stattfinden kann. Also habe ich bei Heron nachgefragt und siehe da! Es gibt einen zweiten und dritten Teil.«
»Toll! Das war doch sicher teuer ...«
»Das lass mal meine Sorge sein. Wenn mein Gehalt am Ende nicht reicht, spare
Weitere Kostenlose Bücher