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Seelenrächer

Seelenrächer

Titel: Seelenrächer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G O'Carroll
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aufgezogen hatte.
    »Paddy«, begann er leise, »möchtest du nicht doch einen Anwalt?«
    Patrick blickte hoch. »Brauche ich einen?«
    »Du bist verhaftet worden.«
    »Ich weiß – von meinem eigenen Bruder.«
    »Soll ich dir einen Anwalt besorgen?«
    Patrick schüttelte den Kopf. »Nein, ich brauche keinen. Ich habe nichts getan – auch wenn ich nun hier sitze und mich frage, wieso ich eigentlich hier gelandet bin. Tut mir leid, dass ich dich vorhin so angeschnauzt habe und Moss auch. Aber mit mir sind einfach die Gäule durchgegangen. Wie könnt ihr mir das alles nur zutrauen? Lieber Himmel! Selbst Moss hält es für möglich …« Er schwieg einen Moment. »Vermutlich macht er sich einfach nur schreckliche Sorgen. Natürlich tut er das. Wer würde das in seiner Situation nicht tun?«
    Frank betrachtete ihn: seinen kleinen Bruder, seinen Kampfgenossen aus Kindertagen.
    »Wo ist sie, Pat? Du musst es uns sagen. Du willst doch nicht, dass sie stirbt. Nicht Eva.«
    Patrick gab ihm keine Antwort.
    »Hat sie dich an unsere Mam erinnert? Geht es darum? Haben dich all diese Frauen an sie erinnert?«
    Patrick starrte ihn quer über den Tisch an. »Hältst du mich allen Ernstes für Evas Entführer, Frankie? Glaubst du wirklich, ich wäre zu so etwas fähig?«
    »Du hast als Kind keine Liebe bekommen, Patrick. Du hattest keine richtige Mutter. Sie hat dich nie geliebt, und das macht dir schon dein Leben lang zu schaffen. Weißt du noch, wie du immer an ihrer Halskette herumgefummelt hast? Wenn sie im Vollrausch und völlig weggetreten war, konntest du auf ihren Schoss klettern und mit der Kette herumspielen. War es vielleicht das Funkeln des Goldes? Oder hast du es einfach nur genossen, dich in ihren Schoß zu kuscheln und ihr nahe zu sein?«
    Patrick standen inzwischen die Tränen in den Augen. »Sie hat mich gehasst«, murmelte er, »nicht wahr, Frankie? Sie hat mich so sehr gehasst, dass sie es dir überlassen hat, einen Namen für mich auszusuchen. Du hast dich um mich gekümmert und dafür gesorgt, dass ich etwas zu essen bekam. Du warst alles, was ich hatte. Aber dann hast du mich zu den Brüdern gesteckt und …«
    Frank griff nach seiner Hand. »Ich weiß, ich weiß. Und das tut mir auch leid, es tut mir so leid, aber was hätte ich tun sollen?«
    »Ich fand es dort ganz schrecklich«, fuhr Patrick fort. »Sie hat doch immer zu uns gesagt, dass man von den Jungen, die dort landen, nie wieder etwas hört oder sieht. Ich hatte solche Angst, Frankie, dass ich fast das ganze erste Jahr auf dem Fußboden unter meinem Bett geschlafen habe.«
    Er starrte ins Leere. »Moss hat recht: Ich war tatsächlich all die Jahre heimlich in Eva verliebt. Ich weiß noch genau, wie wir sie damals im Pub das erste Mal sahen, an dem Tisch am Fenster. Moss hat sie sich sofort geschnappt, ohne mir die geringste Chance zu lassen. Trotzdem hat sie mich hin und wieder auf eine ganz besondere Art angesehen. Wäre das alles ein wenig anders gelaufen, dann wäre vielleicht ich der Glückliche gewesen und nicht Moss.« Er legte eine kurze Pause ein, ehe er fortfuhr: »Nach Dannys Tod hat sie dann bei mir Trost gesucht. Mit Moss kam sie nicht mehr zurecht. Sie hatte so eine Wut auf ihn, eine ganz schreckliche Wut. Natürlich war das irrational, und das wusste sie auch. Es war schließlich nicht seine Schuld, dass Danny überfahren worden war. Aber als Maggs dann des Mordes angeklagt wurde und ein Geständnis ablegte und alles ganz rasch und problemlos über die Bühne ging, da verlor sie den Glauben an ihren Mann. Es war genau die Art von Polizeiarbeit, die sie in Dannys Fall nicht zu sehen bekam. Ich nehme an, es lag an dieser Kombination – Maggs und Danny –, dass sie am Ende ihren Ehemann von sich wegstieß.« Er sah seinem Bruder ins Gesicht. »Damals hat sie auch angefangen, die Kette zu tragen.«
    »Hat sie dich an unsere Mam erinnert?«, fragte Frank.
    Patrick schürzte die Lippen. »In gewisser Weise wahrscheinlich schon. Ich hatte diese Kette noch nie an Eva gesehen, aber eines Tages trug sie sie plötzlich um den Hals. Sie erzählte mir, wer sie ihr geschenkt hatte und dass sie den Anhänger jahrelang nicht mehr getragen habe. Nun habe sie ihn wieder hervorgeholt, weil es sich um das Herz Jesu handle und ihr seit Dannys Tod nur noch der Glaube Halt gebe.«
    »Du hast ihr aber nicht gesagt, dass du das alles für Unsinn hältst, oder? Das mit Jesus, meine ich. Und dass deiner Meinung nach die ganze Welt und jeder Einzelne von uns –

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