Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Seelenrächer

Seelenrächer

Titel: Seelenrächer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G O'Carroll
Vom Netzwerk:
durch den dichten Stadtverkehr lenkte. An der Brücke bogen sie ab und fuhren den Kai entlang, vorbei an der kleinen Gasse, die zur Abbey Street führte. Jane konnte bereits das riesige Kajütboot sehen, das an der Anlegestelle vertäut war.
    Nachdem die Männer mit ihr an Deck gegangen waren, schoben sie Jane die Treppe zur Kajüte hinunter.
    Ihr Blick fiel auf Ledersofas, einen Flachbildschirm-Plasmafernseher und eine gut gefüllte Bar, vor der ihr Cousin in einem Seidenhausmantel und Lederhausschuhen stand. Er wandte ihr den Rücken zu. Sein untersetzter Körper wirkte unförmig, und an seinem Hinterkopf glänzte ein rosiger Fleck Kopfhaut, als wäre er gerade erst aus der Dusche gestiegen.
    Jane hörte Eiswürfel klirren. Als sie sich über die Schulter umblickte, sah sie den Mann, der neben ihr im Auto gesessen hatte, oben an der Treppe stehen, die tätowierten Hände vor dem Bauch verschränkt. Sie spürte, dass sie leicht zitterte und dass ihr unter den Achseln und zwischen den Oberschenkeln der Schweiß ausbrach. Sie musste an Conor denken, der inzwischen bestimmt schon in die Wohnung zurückgekehrt war, ohne dort eine Spur von ihr vorzufinden.
    »John«, sagte sie. Er drehte sich noch immer nicht um. »Johnny, du wolltest mich sprechen?«
    Als hätte er ihre Anwesenheit überhaupt nicht registriert, mixte er sich weiter seinen Drink. Selbst als er ihn sich schließlich eingeschenkt hatte, blieb er mit dem Rücken zu ihr stehen, während er daran nippte. Sie sah, wie er sich aus einer bereits geöffneten Zigarettenschachtel eine herauszog und nach seinem Feuerzeug griff. Sekunden später roch sie den Rauch. Sie hatte das Gefühl, in dem engen Raum sofort Atemnot zu bekommen. In dem Moment drehte er sich um und betrachtete sie: Aus einem aufgeschwemmten Mondgesicht starrten sie kleine Schweinsäuglein an, die tief in fleischigen Höhlen lagen.
    »Jane Finucane«, sagte er mit sanfter Stimme, »nun erzähl mal, wie geht es deinem Dad?«
    Verblüfft starrte Jane ihn an. »Es geht ihm gut, John – zumindest ging es ihm gut, als ich das letzte Mal mit ihm gesprochen habe.«
    »Immer noch bei der Stadt, was? Ich habe da oben in Finglas ein paar Bauprojekte laufen. Aber er arbeitet ja für das Straßenbauamt, nicht wahr? Mit meiner Sparte hat er nichts zu tun.«
    Nachdem er ihr mit einer Handbewegung bedeutet hatte, sich zu setzen, griff er nach einer Dose Fischfutter und ging damit über den dicken Teppich zu einem großen Aquarium hinüber, in dem ein paar farbenfrohe exotische Fische hin und her schwammen.
    »Wie ich höre, pflegst du die Gesellschaft einer Made«, bemerkte er, wieder in diesem sanften Ton.
    Jane lief rot an. »Ich kann dir nicht folgen, John.«
    »Conor Maggs, der Kerl, dem die Bullen eine Tracht Prügel verpasst haben, ehe sein Verfahren eingestellt wurde.« Während er ein wenig Fischfutter auf die Wasseroberfläche streute, lächelte er in sich hinein. »So heißt er bei den Bullen, musst du wissen: wie die kleinen Krabbeltiere, die ich normalerweise an die Fische verfütterte.«
    »Er ist freigesprochen worden, Johnny, er ist …«
    »Er ist ein Haufen Scheiße und nichts anderes.« Mit einem kalten Blick in ihre Richtung stellte ihr Cousin die Dose weg. »Und er hat mir in letzter Zeit eine Menge Ärger gemacht.«
    »Das verstehe ich nicht. Wie könnte er dir Ärger machen?«
    »Durch die Bullen, Jane. Durch einen gewissen Joseph Doyle, einen alten Haudegen aus dem County Kerry.« Er verzog den Mund. »Mit diesem Doyle ist nicht gut Kirschen essen, ebenso wenig wie mit Moss Quinn. Weißt du, die beiden gehören nicht zu den Polizisten, die unsere moderne Welt verstehen. Sie leben in der Vergangenheit – einem Irland, das es nicht mehr gibt. Ihnen ist nicht klar, dass ein Bürger gewisse Rechte hat, und sie lassen sich durch nichts einschüchtern.«
    »Aber was hat das mit mir zu tun?«
    »Sonntagabend, Süße. Am Sonntagabend gegen zehn. Wo warst du da?«
    »Letzten Sonntag war ich zu Hause, Johnny. In meiner Wohnung.«
    »Und der Madenmann? War er bei dir?«
    Sie zögerte.
    Seine Augen funkelten finster. »Lüg mich jetzt ja nicht an. Bei den Bullen kannst du das bringen, wenn du meinst, aber mich lügst du besser nicht an.«
    Sie öffnete den Mund, klappte ihn aber gleich wieder zu, woraufhin ihr Cousin bedächtig vor sich hin nickte. »Ich merke es sofort, wenn mich jemand anflunkert, Jane.« Er tippte sich an die Schläfe. »Ich habe da so eine Art Mistdetektor eingebaut. Schon mein

Weitere Kostenlose Bücher