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Seelenrächer

Seelenrächer

Titel: Seelenrächer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G O'Carroll
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zusammenbeißen, um nicht zusammenzubrechen. Er versuchte sich zu stählen, und gleichzeitig versuchte er nachzudenken.
    Mit geschlossenen Augen fragte er: »Stand ihr Wagen dort unten? Haben sie den Wagen gefunden?«
    Doyle schüttelte den Kopf. »Das weiß ich nicht. Ich habe nicht danach gefragt, Moss. Nach dem Wagen habe ich nicht gefragt.«
    Im Konvoi brachen sie auf. Doyle folgte Quinn nach Süden, in Richtung Innenstadt. Während Quinn es gerade so schaffte, sich einigermaßen zusammenzureißen, versuchte Doyle, sich möglichst auf die sich zuspitzende Krisensituation zu konzentrieren. Doch auch für ihn ging es hier um ein Familienmitglied, die jüngste Tochter seines Bruders, so dass er ständig an die dreistündige Fahrt nach County Kerry denken musste. Er konnte sich nicht vorstellen, seiner Schwägerin die Nachricht überbringen zu müssen, dass ihre Jüngste sich das Leben genommen hatte, weil sie den Tod ihres Sohnes nicht verkraftet hatte.
    Erst ein einziges Mal war er gezwungen gewesen, einer Familie eine solche Nachricht zu überbringen. Er hatte den damals fünfzehnjährigen Jimmy Hanrahan verhaftet, nachdem er und ein paar seiner Kumpels in das Haus der alten Jungfer Bolton an der Ballybunion Road eingebrochen waren. Die Jugendlichen hatten Schmuck gestohlen, den die alte Frau von ihrer Mutter bekommen hatte. Als sie sich weigerte, ihnen zu verraten, wo sie ihr gespartes Geld aufbewahrte, zog Jimmy ihr mit ihrem eigenen Schürhaken eine über den Schädel. Sie musste mit zweiunddreißig Stichen am Kopf genäht werden.
    Eine schlimme Sache. Jimmys alter Herr war schon immer ein ziemlicher Mistkerl gewesen, und als seine Mutter nun erfuhr, dass ihr Sohn sich in dieselbe Richtung entwickelt hatte, ruderte sie mit einem kleinen Boot auf den Shannon hinaus und ertränkte sich.
    Doyle war derjenige gewesen, der es ihrem Mann sagen musste. John Hanrahan gelobte daraufhin, von diesem Tag an keinen Tropfen Alkohol mehr anzurühren. Schuldgefühle überwältigten ihn, weil seine Frau – zumindest laut der Religion, an die sie geglaubt hatte – nun im Fegefeuer saß, wo ihre Seele weder Gott noch dem Teufel gehörte. In der Hoffnung, mit ihr in Kontakt treten zu können, begann er Medien aufzusuchen. Bald darauf bekam er in seiner Küche zum ersten Mal Besuch von den Seelen der Toten. Aber es waren nicht nur die Toten. Laut dem alten John saß dort regelmäßig der leibhaftige Teufel am Tisch.
    Auf dem Parkplatz angekommen, ließ Quinn sich mit dem Aussteigen ziemlich viel Zeit. Seine Hände waren schweißnass. Er griff ins Handschuhfach und fischte die schon halb aufgerauchte Zigarettenschachtel heraus, die er morgens aus der Wohnung mitgenommen hatte. Alle möglichen Erinnerungen wirbelten ihm im Kopf herum: Wie er Eva zum ersten Mal gesehen hatte, wunderschön mit ihrem kastanienbraunen Haar und den grünen Augen, die funkelten wie geschliffene Smaragde. In Kerry fand damals ein Rugby-Turnier statt, er war mit Paddy Maguire unterwegs. Sie hatten das erste Spiel gewonnen und feierten in einer Bar, wo Doyle Quinn erklärte, wer Eva war und dass er seine schmutzigen Finger von ihr lassen sollte.
    Jetzt öffnete Doyle, der rasch den Parkplatz überquert hatte, die Tür von Quinns Wagen und legte ihm sanft eine Hand auf die Schulter. »Bist du so weit?«, fragte er.
    Quinn war schon viele Male im Leichenschauhaus gewesen. Er war dabei gewesen, wenn Autopsien durchgeführt wurden. Er hatte mehr Leichen gesehen, als er zählen konnte. Noch nie aber hatte er sich dabei so gefühlt wie jetzt.
    Er sah noch genau vor sich, wie seine Frau gestern an Dannys Grab gestanden hatte, umringt von Menschen, aber dennoch in ihre eigene Stille eingehüllt. Er begriff, dass sie es durchaus getan haben konnte. Womöglich war sie in ihrem gestrigen Zustand tatsächlich zum Spencer Dock hinuntergefahren und hatte sich dort ins Wasser gestürzt.
    Er rang nach Luft. »Lieber Himmel, ich weiß nicht, ob ich das schaffe.«
    Doyle nickte mitfühlend. Auch ihm standen Angst und Anspannung ins Gesicht geschrieben. »Möchtest du lieber hierbleiben? Soll ich das für dich machen?«
    Quinn schluckte. Den Blick auf die alten viktorianischen Mauern gerichtet, schüttelte er langsam den Kopf. »Wenn sie es ist, muss ich mich selbst davon überzeugen. Bevor ich gezwungen bin, es den Mädchen zu sagen, muss ich sie mit eigenen Augen gesehen haben.«
    Im Eingangsbereich rang er erneut nach Luft. Während sie durch den kurzen Korridor auf die

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