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Seelenrächer

Seelenrächer

Titel: Seelenrächer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G O'Carroll
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kannst. Die Jungs hier im Haus meinen, du wärst der Richtige dafür, Paddy. Es heißt, du bist unser Mann.«
    »Na klar«, antwortete Maguire, »würde ich sonst so viel Zeit mit Pack wie euch verbringen?«
    Crame verzog keine Miene.
    »Das war ein Witz, Karl.« Maguire war in Quinns Alter, wenn auch vielleicht ein wenig kleiner und drahtiger.
    »In Gottes Namen, nun entspann dich mal, ja? Was ich gesagt habe, war ein Witz!«
    »Ein Witz, ja. Ha, ha.« Crames Miene wirkte immer noch sehr angespannt. »Hör zu, Patrick, ich habe keine Lust, meine Zeit mit irgend so einem therapeutischen Mist zu verplempern. Das brauche ich nicht. Ich muss mit dir über meine Freundin reden. Das Luder ist fest entschlossen, dafür zu sorgen, dass ich meinen Sohn nie zu Gesicht bekomme.«
    »Nicht so schnell, nicht so schnell!« Patrick versuchte, ihn gleichzeitig mit einer entsprechenden Geste zu bremsen, bei der er die Handflächen nach unten wandte. »Was für eine Freundin? Was für ein Sohn? Ich verstehe nur Bahnhof.«
    Crame machte plötzlich einen verbitterten Eindruck. »Ich habe mit ein paar von den Jungs hier drin gesprochen, und sie haben mir gesagt, dass du manchmal helfen kannst, wenn bei einem die Kacke so richtig am Dampfen ist.«
    Wieder betrachtete Maguire ihn prüfend. Irgendetwas an diesen trüben, leeren Augen beunruhigte ihn. Ein solcher Ausdruck in den Augen begegnete ihm neuerdings immer häufiger. Der Mann roch nach Gewalt: der rohen Gewalt des Straßendschungels.
    »Ich wusste gar nicht, dass du einen Sohn hast, Karl.«
    »Doch, ich habe einen, und dieses Luder aus Jobstown …« Crame brach ab und starrte sein Gegenüber eindringlich an. »Dort lebe ich nämlich: in der Kilmahon-Siedlung. Kennst du die?«
    »Wer kennt die nicht? Die Polizei hat gerade erst beschlossen, dort unten in Zukunft doppelt so viele Streifen zu fahren.«
    »Tja, manche von den Mistkerlen sollten mal versuchen, dort zu leben. Wie auch immer, darum geht es jetzt nicht. Es geht darum, dass ich hier festsitze. Aber das wird ja nicht immer so bleiben. Diese Kuh versucht gerade, dafür zu sorgen, dass ich meinen kleinen Jungen nicht sehen darf.«
    Zum ersten Mal im Verlauf dieses Gesprächs glaubte Maguire eine echte Gefühlsregung zu erkennen. Er lehnte sich zurück, während Crame wild gestikulierend fortfuhr: »Kann ja sein, dass ich als Dad nicht viel tauge, Patrick, und dass ich die Mammy des Kleinen gar nicht besonders mag, aber meinen Jungen liebe ich, und seit ich hier drin festsitze, denke ich fast nur noch an ihn.«
    »Warum sitzt du eigentlich ein, Karl? Wegen Drogenhandel, oder?« Maguires Stimme klang weder vorwurfsvoll noch urteilend.
    Crame nickte. »Ich habe gedealt, ja, aber nur Kleinzeug, wenn du weißt, was ich meine. Ich hatte ein klitzekleines Revier unten in Kilmahon, kaum der Rede wert. Trotzdem haben sie mir sieben Jahre aufgebrummt, und nun sagt dieses Luder, dass sie mir meinen Kleinen nicht mehr bringen will. Bis ich wieder rauskomme, kennt mich der Junge doch gar nicht mehr.«
    Maguire nickte. »Wie alt ist er denn?«
    »Lieber Himmel, erst fünf, und jetzt droht sie, ihn mir wegzunehmen. Sie will aus Dublin wegziehen, vielleicht sogar ganz aus Irland weggehen. Seine Augen wirkten plötzlich stumpf, und er hatte die Hände zu Fäusten geballt. »Ich hatte Arbeit unten in Pollbeg, bis die Mistkerle mich rausgeworfen haben. Dann bekam ich zwar Stütze, aber das reichte nicht, und deswegen hab ich mit Dealen angefangen. Und ein paar Kerle verärgert, die schon länger im Geschäft waren. Du weißt ja, wie das ist. Jedenfalls haben sie mir was angehängt, und so bin ich hier gelandet. Ich kann nichts dafür. Ich habe nur versucht, über die Runden zu kommen, und es ist total ungerecht, dass diese Frau jetzt versucht, mir meinen Sohn wegzunehmen.«
    Maguire lehnte sich noch ein Stück weiter zurück. Mit solchen Leuten hatte er die ganze Zeit zu tun: Männern, die einen schwierigen Start und eine unmögliche Kindheit gehabt hatten und fast zwangsläufig irgendwann im Mountjoy Prison gelandet waren. Nördlich wie südlich des Flusses gab es immer mehr Gangs, die im Drogengeschäft zugange und ganz anders als die Banden von früher waren: Ihre Mitglieder wurden immer jünger und waren zu Gewalttaten fähig, vor denen selbst die Vertreter der alten Schule zurückgeschreckt wären.
    »Hör zu, Karl«, sagte er, »wenn du mir versprichst, dass du hinterher nicht einfach da weitermachst, wo du aufgehört hast – also nicht

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