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Seelenrächer

Seelenrächer

Titel: Seelenrächer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G O'Carroll
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strengem Ton, ohne jede Freundlichkeit. »Sieh zu, dass du in deine Klasse kommst, Junge, du bist ohnehin schon spät dran.«
    Conor stolperte über den Schulhof. Er sah, dass Eva immer noch in seine Richtung blickte, und hoffte für einen Moment, sie würde vielleicht herüberkommen und mit ihm sprechen. Doch das tat sie nicht. Als er sich jetzt mit dem Handrücken über die Lippe wischte, wurde seine Hand davon ganz blutig.
    »Wasch dir die Hände und das Gesicht, bevor du in den Unterricht gehst«, befahl ihm der Lehrer. »Du siehst schrecklich aus, Maggs. Und zu spät kommst du auch. Los, geh dich waschen!«
    Jeder Mann, der das Geld hatte, konnte sie kaufen: ob alt oder jung, schien keine Rolle zu spielen. Das Foto war eine Trophäe, ein Andenken an den Tag, an dem Jimmy Hanrahan seine Unschuld verlor. Jimmy selbst fand das irrsinnig komisch. Das Foto machte monatelang die Runde. Mehr als zwanzig Jahre später war es in Maggs Erinnerung noch ebenso präsent wie die Nacht, in der Doyle seine Fäuste an ihm ausgelassen hatte.
    Während aus seiner Kaffeetasse der Dampf aufstieg, überlegte er, was er der Glaubensgemeinde an diesem Tag erzählen sollte. Er hatte bereits mehrfach zu ihnen gesprochen, doch das letzte Mal lag Monate zurück. Er wusste nicht recht, was er vorbereiten sollte: vielleicht etwas Inspirierendes? Oder lieber doch etwas Dogmatischeres? Beispielsweise die katholische Überzeugung, dass Jesus Christus sich während der Heiligen Messe tatsächlich als Fleisch und Blut in den Sakramenten manifestierte. Das war der einzige Teil der römisch-katholischen Götzenverehrung, an den er selbst noch glaubte. Der Rest war nach dem, was ihm in der Zelle von Rathfarnham widerfahren war, seiner neuen evangelischen Inbrunst anheimgefallen. Ein weiteres Erlebnis, das er noch sehr lebhaft in Erinnerung hatte. Jedes Mal, wenn er daran dachte, brach ihm der kalte Schweiß aus, doch zugleich wurde er auch ganz euphorisch: Eben noch hörte er Doyle sagen, er wisse genau, dass er nicht nur das Mädchen aus Limerick, sondern auch seine eigene Mutter auf dem Gewissen habe, und einen Moment später blickte der Herr höchstpersönlich in seinem ganzen Leiden auf die Stelle hinab, wo er, Conor, am Boden lag – nachdem Doyle ihn einfach dort liegen gelassen hatte.
    Plötzlich wusste er, worüber er sprechen würde. Märtyrer. Er würde über jene sprechen, die für ihren Glauben gelitten hatten. Wie Petrus, der Lieblingsjünger des Herrn, der von den Römern mit dem Kopf nach unten gekreuzigt worden war, weil er sich nicht für würdig hielt, dem Tod auf dieselbe Art zu begegnen wie sein Meister.

Montag, 1. September, 08:45 Uhr
    Nachdem sie in Quinns Haus in Glasnevin zurückgekehrt waren, riefen er und Doyle sämtliche Krankenhäuser der Stadt an, um in Erfahrung zu bringen, ob eine Frau eingeliefert worden war, auf die Evas Beschreibung passte. Ihre Handtasche lag auf dem Tisch in der Diele, samt ihrer Geldbörse, ihrem Führerschein, ihrem Handy – im Grunde all ihren Sachen außer ihrem Autoschlüssel. Ansonsten hatten sie nichts gefunden, was ihnen weiterhalf. Im Moment telefonierte Quinn gerade vom Festnetz aus mit dem Mater Hospital, das gleich gegenüber dem Mountjoy-Gefängnis lag. Nebenan in der Küche führte Doyle ein Gespräch von seinem Handy aus. Anschließend kam er mit angespannter Miene zu Quinn herüber.
    »Moss«, sagte er, »ich habe gerade mit dem Leichenschauhaus gesprochen.«
    Es lag in der Amiens Street, gleich neben dem Gebäude der Polizei. Quinn schlug das Herz plötzlich bis zum Hals.
    »Sie haben am Spencer Dock eine Leiche aus dem Wasser gezogen«, erklärte ihm Doyle. »Eine Frau in den Dreißigern, mit einem Ehering am Finger.«
    Quinn starrte ihn an. Für einen Moment bekam er keine Luft. Eine Frau in den Dreißigern mit Ehering. Wie viele Male war er schon an einen Tatort gerufen worden, wo man eine Leiche gefunden hatte, nachdem zuvor jemand einen Angehörigen als vermisst gemeldet hatte?
    Immer handelte es sich um die gesuchte Person.
    Er spürte, wie ihm die Farbe aus dem Gesicht wich und ihm gleichzeitig auf der Kopfhaut der Schweiß ausbrach. Als er einen Blick zu Doyle hinüberwarf, sah er, dass aus dessen versteinerter Miene die gleiche Angst sprach. Vor seinem geistigen Auge sah er Murphy nackt vor sich. Er spürte wieder die Weichheit ihrer Brüste, ihre Wärme in seinem Bett. Er schaffte das nicht – nicht nach Danny und dem gestrigen Tag. Er musste die Zähne fest

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