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Seelenschacher

Seelenschacher

Titel: Seelenschacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Mucha
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Unbestimmtheit zu beklagen. Ein lückenloser Nachweis lässt sich damit leider nicht führen.« Wieder eine gewichtige Pause.
    »Da aber mittlerweile polizeiliche Untersuchungen andere Verdachtsmomente gegen den Herrn Korkarian zutage gefördert haben, wie wir aus sicherer Quelle wissen, vertrauen wir auf die weltliche Gerechtigkeit. Überdies ist nur ein Fall dieses Seelenschachers aufgeführt, daher wollen wir die Sache auf sich beruhen lassen, zumal der Vertragsnehmer schon vor Jahren der heiligen Mutter Kirche den Rücken zukehrte.« Er bekreuzigte sich beim Angedenken an den Toten.
    »Was nun Sie betrifft, kann ich leider kein uneingeschränktes Lob aussprechen, weswegen ich auch eine jede weitere Verwendung Ihrer Person in kirchlichen Angelegenheiten, seien sie nun delikater oder gelehrter Natur, kategorisch ausschließen kann.« Antike Kirchenväter ade. Nun gut, juckte mich nicht wirklich. Bei meinem Bankkonto konnte ich mir die Dinger kaufen, wenn ich wollte. Ich machte trotzdem brav ein zerknirschtes Gesicht, schließlich galt es, den Schein zu wahren.
    »Den von Ihnen gewünschten Ausdruck des Dankes pekuniärer Natur wird Ihnen Schwester Veronika aushändigen. Ich denke, damit ist alles gesagt. Sie sind entlassen.«
    Ich stand auf, deutete eine leichte Verbeugung an und ging zur Tür, die sich geräuschlos öffnete, als ich herankam, und ebenso geräuschlos hinter mir geschlossen wurde. Draußen folgte ich Veronika zu ihrem Schreibtisch neben der Eingangstür, sie händigte mir einen Umschlag aus, den ich unbesehen einsteckte und mich auf den Weg machte.
     
    20 Minuten später hob sich die Uni am Lueger Ring wie ein schwarzes Ungeheuer gegen den violetten Nachthimmel ab. Ich ging hinauf ins Institut und betrat mein Büro. Noch ehe ich den Lichtschalter umgelegt hatte, befiel mich ein unbestimmtes, aber starkes Gefühl einer fremden Präsenz im Raum. Die Fliege hörte ich auch summen, aber die war’s nicht. Einen Augenblick lang schossen mir Phantombilder von Muskelbergen mit Knarren durch den Kopf, doch als ich den Lichtschalter umlegte, wären mir die harten Jungs lieber gewesen. In meinem Stuhl saß Bruder Erich.
    »Sei gegrüßt, Arno.«
    »Hi.«
    »Hast mich nicht erwartet, stimmt’s?«
    »Kann man so sagen. Obwohl ich mich schon gewundert habe, wo du steckst. Du hättest selbst bei Korkarian einbrechen sollen, scheinst dich ja auf Schlösser zu verstehen.«
    »Ich persönlich nicht, aber wir können auf viele Hilfsmittel zurückgreifen. Ich gehe nur durch Türen, die offen stehen. Einbrechen sollen andere.«
    »Kann ich mir denken.«
    Ich ging zum Schreibtisch, schnappte mir eine Schale und meine Kanne und schenkte ein. Der Tee war alt und kalt, aber gutem Sencha macht das nichts. Ich stürzte eine Tasse hinunter und setzte mich dann mit einer neuen, vollen, in den Studentensessel. So war das also. Erich war gekommen, um die Kollekte einzufordern, von dem Konto und all den Nullen konnte ich mich verabschieden. Aus der Traum. Kurz dachte ich daran, die Papiere aus dem Aktenschrank zu schnappen und einfach abzuhauen. Raus aus dem Büro, raus aus der Uni, dann raus aus Wien und irgendwo untertauchen. Einen Moment stand mir sogar die Möglichkeit eines Mordes vor Augen. Erichs Hirnschale war sicher nicht härter als die von anderen Menschen und die Teekanne recht schwer. 203 Millionen Euro stellen eine enorme Versuchung dar. Es bedurfte aller Selbstbeherrschung, derer ich fähig war, um ruhig zu bleiben. Wieder und wieder sagte ich mir mein Mantra vor: Es ist nur Geld, es ist nur Geld. Schon allein dafür hätte ich mich ohrfeigen können. 203 Millionen Euro sind nicht einfach nur Geld. Aber ganz von Anfang an, seit meinem ersten Job für Bender, hatte ich gesehen, wie andere der Versuchung erlegen waren. Von der Gier geblendet, waren sie in ihr Verderben gestolpert, entweder in den Knast oder in den Sarg. Mir sollte das nicht passieren, hatte ich mir damals geschworen. Es ist nur Geld, einfach nur Geld. Unter enormen seelischen Schmerzen ließ ich los. Jeden Nuller einzeln, es war ein harter Kampf. Innerlich heulte ich wie ein Schlosshund und knirschte mit den Zähnen. Als ich den Kampf gegen mich gewonnen hatte, lächelte ich Erich an, gute Miene zum bösen Spiel.
    »Was ist denn?«
    »Du hast mich reingelegt.«
    »Wie kommst du darauf?«
    »Veronika. Ich dachte die ganze Zeit nur an die Schweißtuch-Sache. Du hast mich ordentlich aufs Glatteis geführt. Ich hab mir seit sechs Uhr nur Gedanken

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