Seelensturm
wissen.
»Gleich nach dem Frühstück. Terry wartet schon auf uns«, sagte sie und trank ihren Orangensaft in einem Zug aus. »Ich warte draußen auf dich, Jade. Wiedersehen, Agnes«, rief sie und schon war sie aus der Küche verschwunden.
Agnes schüttelte den Kopf, als sie Amys Toast noch auf dem Teller liegen sah und rief ihr hinterher »Du bist ja noch gar nicht mit dem Frühstück fertig!« Doch sobald sie es ausgesprochen hatte, war ihr klar, dass Amy ja doch nicht zurückkommen würde.
»Dieses Kind! Sie wird nie lernen, sich richtig zu ernähren, wenn sie nicht richtig frühstückt«, schimpfte sie und schüttelte weiter den Kopf.
»Sei nicht böse, Agnes! Du kennst sie doch. Sie freut sich schon so lange auf die Einkaufstour. Wir werden in der City etwas essen, versprochen«, beruhigte ich sie, gab ihr einen Kuss auf die Wange, verließ die Küche, nahm meine Handtasche und machte mich auf den Weg zu den Garagen.
Terry hielt sich an die Abmachung und blieb dezent im Hintergrund. Er fiel gar nicht auf, und Amy und ich genossen unsere Freiheit, wenn auch nur für ein paar Stunden. Die beliebte 5th-Avenue war in Manhattan an diesem Samstagvormittag gut besucht. Wir schlenderten von einem Laden in den nächsten. Die Auswahl an Kleidern und den dazu passenden Accessoires war riesig. Amy fand schnell einige kurze Sommerkleider, Tops und Blusen, die sie der Angestellten der Boutique in die Arme legte, damit sie sie schon einpacken konnte. Sie ließ es sich auch nicht nehmen, ein Abendkleid anzuprobieren.
»Wann willst du denn das tragen?«, fragte ich sie. Ich hatte es mir mit einem Glas Wasser auf einem Sofa bequem gemacht, während sie das kurze petrolfarbene Satinkleid anprobierte, das perfekt zu ihren Augen passte. Es hatte nur einen Träger an der linken Schulter und der geraffte Stoff wurde mit edlen und glitzernden Steinen zusammengehalten. Sie sah fantastisch darin aus. Es unterstrich ihre weiblichen Rundungen und ich wünschte in diesem Augenblick, als sie aus der Umkleide kam, ich könnte auch so schön aussehen.
»Ich kann mir doch so ein Kleid kaufen. Wer weiß, vielleicht lässt Onkel Finley uns doch einmal in einen Club. Man kann ja schließlich nie wissen«, erwiderte sie. Ich konnte mir zwar nicht vorstellen, dass er jemals zu einem Clubbesuch einwilligte, doch ich ließ ihr den Spaß.
»Und?«, fragte sie, drehte sich ein paar Mal und blieb schließlich, wartend auf mein Urteil, vor mir stehen. Musternd betrachtete ich sie. »Du siehst wirklich toll aus«, meinte ich anerkennend.
Zufrieden lächelte sie. Natürlich war ihr mein hellgrauer, aber doch leicht gelber Schweif nicht entgangen. Ich war nicht neidisch, im Gegenteil, ich bewunderte sie. Von uns beiden war sie diejenige, die ständig beim anderen Geschlecht punkten konnte. Heimlich, so dass Onkel Finley es nicht bemerkte, hatte sie schon Affären gehabt. Es war zwar nichts Ernsthaftes dabei, doch sie liebte den Flirt. So richtig verliebt war sie noch nie gewesen, genauso wenig wie ich.
»Dann nehme ich es und du solltest auch mal eins anprobieren. Man kann wirklich nie wissen, wofür du es gebrauchen kannst. Außerdem kann dein Kleiderschrank schon mal etwas Glamour vertragen«, zwinkerte sie mir zu. Ich hatte zwar wirklich keine Lust darauf, aber ich wollte ihr die Laune nicht verderben und kratzte das kleine bisschen Lust zusammen, das ich brauchte, um mich aufraffen zu können. Sie scheuchte zwei Angestellte durch den Laden mit dem Auftrag, die schönsten Cocktail- und Abendkleider für mich auszusuchen. Es dauerte nicht lange und man brachte mir genau drei Kleider, die ich nie im Leben für mich selbst ausgesucht hätte.
»So, keine Widerrede, die probierst du jetzt an«, sagte meine Schwester und zog mich vom Sofa. Tief atmend gab ich mich geschlagen. Zuerst zog ich ein kurzes, knallrotes Cocktailkleid an. Es sah nicht schlecht an mir aus, doch ich fühlte mich nackt darin. Außerdem fand ich die Farbe etwas zu gewagt. Während ich mich in ein rosa Seidenkleid zwängte, das knielang war und einen viel zu tiefen Ausschnitt hatte, klingelte mein Handy. Der Anrufer ließ nicht locker, bis ich mein Handy endlich aus der Handtasche gefingert hatte.
»Ja, hallo?«
»Hi, ich bin es! Wo steckst du?«
»Tom«, entfuhr es mir erfreut, »ich bin gerade in einer Umkleidekabine. Wo bist du denn?«, wollte ich neugierig wissen. Ich klemmte mir das Telefon zwischen Ohr und Schulter ein und versuchte, mich wieder aus dem rosa Ding
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