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Seelensturm

Seelensturm

Titel: Seelensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Any Cherubim
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eine Gestalt im Dickicht des Waldes erkennen konnte. Da war ein Mann. Sein Gesicht konnte ich noch nicht erkennen. Er lief langsam näher und blieb an dem Baum, auf der die Krähe saß, stehen. Sein Blick ging mir durch und durch. Seine grauen Augen starrten mich unentwegt an. Er war groß und hatte einen breiten Oberkörper. Er sah sehr sportlich aus. Und er erinnerte mich an den Typ aus dem Club. Ich schätzte ihn auf etwas über zwanzig. Aber ich konnte mich auch täuschen. Sein pechschwarzes Haar war kurz und einige längere Strähnen hingen ihm lockig ins Gesicht. Seine Wangenknochen traten leicht hervor und von seinem Teint her hätte ich ihn südländisch eingeschätzt. Er trug eine dunkle Hose und ein weißes T-Shirt, das ich unter seiner schwarzen Lederjacke erkennen konnte. Er wirkte cool, unnahbar und draufgängerisch.
    Ich wollte ihm etwas zurufen, doch meine Stimme hatte sich in Luft aufgelöst.
    Ohne, dass er seinen Blick von mir nahm, streckte er seinen Arm aus und sofort flog die Krähe zu ihm, landete sanft auf seinem Unterarm. Bedächtig streichelte er sie. Immer noch sah er mich an und ich fragte mich, was das alles zu bedeuten hatte. Mein Körper war unfähig, sich zu bewegen. All meine Instinkte schrien, ich solle weglaufen. Das Gefühl, in Gefahr zu sein, wurde stärker, doch da war noch etwas, das ich nicht deuten konnte. Mein Blut rauschte in meinen Adern und ich fühlte Hitze, die mich bis in den letzten Winkel meines Körpers durchdrang. Meine Haut prickelte unter seinem Blick. Mein Gesicht, mein Oberkörper und meine Arme brannten wie Feuer und es pochte merkwürdig an einigen Stellen. Der Drang, über die pulsierenden Stellen zu streichen, war groß, doch ich konnte mich nicht rühren. Endlich fanden meine Gedanken den Weg zu meinen Stimmbändern.
    »Wer bist du und was willst du?«, rief ich. Angst schwang in meiner Stimme mit und ich ärgerte mich darüber. Ich wollte keine Schwäche zeigen. Dann flüsterte er der Krähe etwas zu. Ich sah nur, wie sich seine Lippen bewegten, doch er sprach so leise, dass ich nichts hören konnte. Die Krähe hörte ihm aufmerksam zu. Es war ein merkwürdiges Bild. Wie ein Zauberer mit seiner Krähe. Die Szene hatte etwas von einer mystischen Magiershow, wie er so dastand.
    Kurz danach breitete die Krähe ihre Flügel aus und schon erhob sie sich in die Luft, flog über seinen Herrn hinweg und verschwand schließlich im Wald.
    Ich sah der Krähe nach, ließ den Mann aber nicht aus den Augen. Genau wie ich ihn, starrte er mich unentwegt an, bis er schließlich die Stille zwischen uns beendete.
    »Bist du Amy?« Seine Stimme war rau und tief. Doch sie klang angenehm, geradezu verlockend. Verwundert sah ich ihn an. Er verwechselte mich mit ihr! Das würde also bedeuten, dass meine Schwester wirklich in Gefahr war. Ich dachte an das belauschte Gespräch und erkannte, dass Onkel Finley wirklich keinen Spaß gemacht hatte.
    Er trat langsam ein paar Schritte näher, bis er plötzlich stehen blieb. Meine Haut fühlte sich an, als würde sie kochen, während er schneller atmete. Irgendetwas stimmte nicht mit ihm. Um seine Augen lag ein Schmerz. Er schien sich nicht sicher zu sein, was er tun sollte. Sein schönes Gesicht wirkte verzerrt und für einen kurzen Augenblick kniff er die Augen zusammen.
    Endlich fand auch ich wieder zu mir, entriss mich seinem Bann, stand auf und ging vorsichtig ein paar Schritte rückwärts. Meine Haut beruhigte sich mit jedem Meter, den ich zwischen uns gewinnen konnte, bis das Brennen schließlich leicht nachließ.
    Würde er mich verfolgen, wenn ich losrannte? Ich wusste es nicht, dennoch musste ich dringend fort von hier. Regungslos stand er da und starrte mich fragend an, während ich den Abstand zwischen uns vergrößerte.
    Schließlich war ich nahe genug, sodass ich es ins Schulgebäude schaffen konnte. Kurz sah ich zur Eingangstür. Es war nicht mehr weit, höchstens ein kurzer Sprint bis zum Gebäude. So kurz mein Blick auch gewesen sein musste, als ich mich wieder umdrehte, war er spurlos verschwunden.
    Panisch suchte ich die Wiese und den Wald nach einer Gestalt ab, doch alles lag friedlich und still. Wo war er nur so schnell hin? War das möglich? Wer war er und was hatte die Krähe mit ihm zu tun?
    Mein Pullover lag noch auf der Wiese. Doch ich traute mich nicht, noch einmal zurückzulaufen, um ihn zu holen. Ein Schüler oder der Hausmeister würde ihn später bestimmt an sich nehmen. Ich rannte los, erreichte das Gebäude

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