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Seelensturm

Seelensturm

Titel: Seelensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Any Cherubim
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verlassen. Jedoch kümmerten sich die Lehrer nie darum, wenn sich einige von uns nicht an die Regeln hielten.
    Ganz in der Nähe gab es das Roberts, einen Coffeeshop, in dem man die tollsten Kaffeekreationen und Milchshakes trinken konnte. Der Laden war sehr beliebt in Bayville und ein magischer Anziehungspunkt für junge Leute, da der Besitzer es geschafft hatte, einen Popstar als Werbeträger zu engagieren.
    Ich betrat den Schulhof und streckte mein Gesicht in die Sonne. Zwei freie Stunden, nur für mich allein.
    »Jade, ich will mit den anderen ins Roberts gehen. Gehst du mit?«, fragte Amy. Sie schien nervös zu sein. Unruhig nestelte sie mit ihren Fingern am Reißverschluss ihrer Jacke. Sie glaubte natürlich, dass ich ihr auch dies verbieten würde. Irgendwie tat es mir auch leid.
    »Nein, aber geh nur. Ich bleibe hier und genieße die Sonne.«
    Das Roberts war nur ein paar Minuten von unserer Schule entfernt. Außerdem waren noch einige Mädchen dabei. Sie lächelte mich an und winkte mir noch einmal zu, bevor sie sich umdrehte und verschwand.
    Ich wiederum suchte mir ein einsames Wiesenstück aus, wo mich niemand sah und auch nicht stören konnte. Die Sonne war so warm, dass ich mir den Pullover auszog und ihn als Kissen benutzte. Bequem liegend schloss ich meine Augen und genoss die Ruhe, die mich umgab. Der Wind raschelte in den Bäumen und die Luft schmeckte nach Sommer.
    Von einer Gefahr hatte Onkel Finley gesprochen, in der Amy sich befand. Immer mehr keimte der Verdacht in mir, dass er Feinde haben musste. War er beruflich an falsche Leute geraten, die vielleicht kriminell waren? Wurde er vielleicht erpresst? Oder hatte er selbst etwas Kriminelles getan? Das ganze seltsame Gespräch machte mir Angst.
    Schnell setzte ich mich aufrecht hin und versuchte, die dunklen Gedanken zu vertreiben. Mr. Chang erzählte uns, dass Meditation zur inneren Gelassenheit und auch zu klareren Gedanken verhelfen konnte. Seit unserer ersten Trainingsstunde war die Meditation ein wichtiges Ritual. Vielleicht würde es mir danach besser gehen.
    Ich setzte mich in den Schneidersitz, suchte eine bequeme Haltung und schloss die Augen. Mein Herz klopfte gleichmäßig und ruhig in einem Takt, doch meine innere Stimme konnte ich nicht eindämmen, der innere Frieden überkam mich nicht. Von Weitem hörte ich Schüler laut lachen und das Motorengeräusch einiger Autos, die an der Straße vorbei fuhren, störten meine Konzentration.
    Aber da war noch ein anderes Gefühl. Ich war nicht allein. Sobald ich es das erste Mal gespürt hatte, wurde es stärker. Jemand beobachtete mich. Ich sah mich um, suchte das Gelände ab. Niemand war zu sehen, doch die Augen, die mich erspähten, fühlte ich ganz deutlich. Wie war das möglich? Konnte man so etwas fühlen? Oder überkam mich nur Panik, weil Amy in Gefahr schwebte? Noch einmal sah ich mich um. Die Schulwiese war leer. Ich sah zum Schulgebäude, zu den Fenstern. Vielleicht sah ein Lehrer oder ein Schüler zu mir herunter? Aber auch dort konnte ich nichts erkennen. Hinter mir lag der Village Woods Park. Ein kleiner Wald, der vielen Schulklassen schon ein paar Ausflüge beschert hatte. In manchen Sportstunden hatten wir dort für unseren alljährlichen Marathonlauf trainiert. Ich mochte diesen Wald schon immer. Onkel Finley war früher oft mit uns dort spazieren gegangen.
    Lange sah ich in den Wald hinein. Vielleicht hielt sich jemand dort versteckt und wollte mich erschrecken? Doch nichts war zu sehen. Nur die vielen Bäume, die eng aneinander standen und einige Büsche.
    Plötzlich hörte ich ein kurzes Krähen und dann sah ich sie. Gänsehaut überzog meine Haut. Sie hatte mich erschreckt. Diesmal saß sie auf einem Ast, ganz in meiner Nähe. Noch nie konnte ich sie aus so einer geringen Entfernung bewundern. Ihre kobaltblauen Flecken leuchteten in der Sonne. Ungewöhnlich war ihre Größe, fast beängstigend. Was war mit dieser Krähe? Der Fremde hatte sie gestern in dem Gespräch mit meinem Onkel erwähnt. War ich nun auch in Gefahr? Aber das war doch nur ein Vogel!
    Zugegeben, er war ungewöhnlich und erzeugte in mir ein Unbehagen, dennoch war es nur ein Tier. Ich beobachtete ihn weiter, als er schlagartig von etwas abgelenkt wurde. Die Krähe wendete ihren Blick von mir und spähte in den Wald, dabei stieß sie ein lautes Krächzen aus und das Echo hallte aus dem Park. Es schien mir fast so, als würde sie jemanden rufen. Und tatsächlich. Ein weiterer Schauer überkam mich, als ich

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