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Seelensturm

Seelensturm

Titel: Seelensturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Any Cherubim
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löste eine Beklemmung in mir aus, die mich erstarren ließ. Ich kannte ihn, etwas lag ihm auf der Zunge. Zögernd forderte mein Blick ihn auf, seine Gedanken laut auszusprechen.
    »Jade, bist du dir im Geringsten bewusst, was das für dich bedeutet?« Fragend sah ich in sein Gesicht und bevor Onkel Finley es aussprach, wusste ich, was er damit meinte.
    »Würdest du dein Leben für deine Schwester geben?«
    Ich war so erschüttert, dass ich ihm nicht antworten konnte. Gestern hatte ich mich schon dazu entschieden, doch es verletzte mich, es aus seinem Mund zu hören. Das Leben meiner Schwester und vielleicht das von uns allen stand auf dem Spiel. War ich bereit mich wirklich selbst zu opfern? Das war die Frage, die er mir stellte. Es kränkte mich und plötzlich hatte ich das Gefühl, nicht genauso viel wert zu sein wie meine Schwester.
    Ich schluckte. Onkel Finley stellte Amy über mich. Diese Erkenntnis traf mich tief, trieb mir fast die Tränen in die Augen.
    »Ich habe Angst«, gab ich zu und senkte meinen Blick.
    Mr. Chang wendete sich vom Fenster ab. »Das brauchst du nicht, Jade. Dieses Training soll dich stärken, damit du sie im Falle eines Angriffs verteidigen kannst und ihr euch in Sicherheit bringen könnt. Ich kenne mich sehr gut aus und ich bin mir sicher, du wärst in der Lage, den Taluri, zumindest für ein paar Augenblicke, aufzuhalten. Ich kenne die Methoden und auch die Trainingseinheiten.«
    Zeit zum Nachdenken hatte ich keine. Sie wollten meine Zustimmung. Sie sahen mich an. Mr. Tramonti nickte mir aufmunternd zu, während in Onkel Finleys Gesicht Zweifel standen. Ich fühlte seine Unentschlossenheit, aber auch meinen Ärger. Schob er die Verantwortung mir zu? Andererseits konnte es eine Chance für Amy sein und für uns alle. Ich erinnerte mich an das Gefühl, das ich gestern gespürt hatte, als ich Matteo das erste Mal schlug. Diese fremde Energie, die plötzlich durch meine Adern floss - oder war es einfach nur ein gewaltiger Adrenalinstoß gewesen? Es hatte sich gut angefühlt und mir Mut gemacht. Trotzdem hatte ich das Gefühl, mein Todesurteil zu unterschreiben. Niemand konnte mir eine Garantie geben. Doch dann fiel mir ein, wie der Taluri mir das Leben rettete und neue Gefühle in mir auslöste. Er hätte mich schon mehr als einmal töten können, tat es aber nicht. Er machte mich neugierig und er faszinierte mich. Ich musste diese neuen Veränderungen für mich entdecken. Ich wollte es für mich alleine. Das war der Grund, warum ich Onkel Finley nichts von der Begegnung oder von meinen Veränderungen erzählte.
    »Gut, ich werde es versuchen!«, hörte ich mich plötzlich sagen. Damit war es offiziell. Ich würde meine Schwester mit meinem Leben beschützen.
    »Sehr gut, Jade. Ihr könnt gleich mit dem Training beginnen, wenn du willst«, sagte Onkel Finley. Er nahm sein Handy und tippte eine Nummer ein, während Mr. Chang mich nicht aus den Augen ließ. Mr. Tramonti sah auf den Boden, als würde er seine Gedanken nicht mit uns teilen wollen.
    »Ja, Agnes, rufen Sie bitte meinen Sekretär an und sagen sie alle Termine für die nächsten Tage ab. … Ach, und er soll nicht nach Bayville kommen. Nein, erfinden Sie irgendwas, es ist mir völlig gleich, und sagen Sie Amy, ich möchte sie sprechen. Sie soll in mein Büro kommen. Danke!« Dann legte er auf und sah mich an. »Wir werden die Sicherheitsmaßnahmen nochmals erhöhen. Du brauchst keine Angst haben, Jade. Es wird alles gut werden, vertrau mir. Du kannst mit Mr. Chang gehen, wenn du willst. Ich werde es Amy so schonend wie möglich beibringen.«
    Ich blieb jedoch sitzen. »Eine Sache interessiert mich noch«, sagte ich und sah bewusst Vico an. »Warum will man die Illustris töten? Ich meine, welcher Sinn steckt dahinter? Heilung ist doch etwas Positives.«
    »Da hast du eigentlich recht, Jade. Stell dir vor, welche Macht die Illustris hätten, wenn sie sich ihrer Kräfte bewusst wären. Die Menschen bräuchten keine Medikamente, keine Ärzte.« Vico machte eine Pause. »Überleg mal, wer könnte davon profitieren, wenn es keine Illustris gäbe?«
    Nachdenklich blickte ich auf meine Hände. »Da fällt mir nur die Pharmaindustrie ein«, dachte ich laut, während das Grinsen in Vico Tramontis Gesicht breiter wurde und er nickte.
    »Aber, das ist doch Wahnsinn. ... Die Pharmaindustrie lässt meine Schwester töten, weil sie Angst um ihr Geschäft haben?«
    Schnell hob Vico beschwichtigend seine Hände. »Naja, im Großen und Ganzen

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