Seelensturm
ich Einwände hatte, hob er seine Hände.
»... Ich weiß, ich verlange viel, aber ich würde dich nicht fragen, wenn dein Trainer nicht von dir begeistert wäre.« Seine Augen glitzerten. Verdutzt sah ich abwechselnd in die fragenden Gesichter. Was sollte ich ihm sagen? Sie wussten ja nicht, dass ich in der letzten Nacht die erste Begegnung mit den Taluris hatte und mich beinahe einer getötet hatte. Ich war ihnen eindeutig unterlegen, immerhin hatte ich es geschafft, mich gegen sie zu wehren. Zugegeben, wenn mein Retter nicht gewesen wäre, säße ich nicht hier. Aber letztlich konnte ich mir sowieso nicht vorstellen, auch nur eine einzige reelle Chance gegen so erfahrene Kämpfer zu haben. Das Training würde bestimmt nicht schaden, dennoch überkamen mich Zweifel. Wie sollte ich meine Schwester beschützen können vor einer wild gewordenen, unnatürlich starken Horde junger Männer?
Mr. Chang erkannte meine Bedenken. »Wir können schon heute mit dem Training beginnen, wenn du einverstanden bist. Zumindest wäre es eine Möglichkeit, Jade. Ich kann dir Techniken zeigen, wie du Amy in verschiedenen Situationen schützen kannst. Jetzt, da euer Onkel euch von der Schule befreit hat, könnten wir die Zeit ganz intensiv dazu nutzen«, meinte er.
Dies war kein Projekt aus der Schule, hier ging es um Leben und Tod. Unsicherheit überkam mich, wenn ich an die letzte Nacht dachte. Matteo war es, der das Messer in mein Bein stieß. Durch ihn wäre ich beinahe verblutet. Obwohl - ich vergaß, dass meine Verletzungen ein paar Stunden später wieder verheilt waren! Würde das bedeuten, dass ich unverletzlich war? Wohl kaum. Aber es bedeutete, dass ich nicht so schnell sterben würde. Was sollte ich meinem Onkel sagen? Sollte ich ihnen mein Geheimnis anvertrauen? Ihnen sagen, was mit mir geschah?
»Meinen Sie wirklich, dass es möglich ist, dass ich es mit diesen Monstern aufnehmen könnte? Ich meine, Sie haben selbst gesagt, dass diese Mörder den ganzen Tag nichts anderes tun, als zu trainieren, um zu töten. Was kann ich kleines, wenn auch sportliches, Mädchen da ausrichten?«, sprudelte es aus mir heraus.
Gerade wollte mein Onkel etwas sagen, als es an der Tür klopfte. Mr. Tramonti steckte seinen Kopf herein und grinste freundlich.
»Guten Morgen, störe ich?«
»Komm rein, Vico«, befahl Onkel Finley.
Sofort stieß er die Tür ganz auf und betrat das Büro. Er nickte uns allen nochmals freundlich zu und schob mit dem Zeigefinger seine Brille zurecht.
»Bist du immer noch der Meinung, dass meine Mädchen in den nächsten Tagen lernen könnten, sich gegen die Taluris zu verteidigen?«, wollte mein Onkel von ihm wissen.
Vico Tramonti trat näher und lächelte. »Ja, unbedingt. Wenn man von den Erfahrungen von Mr. Chang weiß, bin ich sogar davon überzeugt. Du musst wissen, Jade, Mr. Chang ist ein wahrer Meister. Du kannst viel von ihm lernen. Seit Jahren unterrichtet er Illustris«
Es kam mir vor, als hätte ich keine andere Wahl. Hatte ich die freie Entscheidung, auch nein zu sagen? Es war schließlich meine Pflicht. Außerdem hatte ich es mir selbst gestern geschworen, Amy zu beschützen, auch wenn ich selbst dabei sterben würde.
»Erzählen Sie mir mehr von der ganzen Sache, Mr. Tramonti!«, bat ich.
»Oh, nennen Sie mich bitte Vico, ja?« Er lächelte mich so nett an, da konnte ich nicht anders.
»In Ordnung, Vico!«, wiederholte ich seinen Vornamen und lächelte freundlich zurück.
»Tja, was gibt es noch über die Taluris zu sagen, was ich dir noch nicht erzählt habe?« Angestrengt dachte er nach und ich beobachtete, wie Mr. Chang durchs Zimmer ging und aus dem Fenster sah. Sein Blick glitt in weite Ferne und ich hatte das Gefühl, dass auch er mehr wusste, als er zugab.
»Es sind 12 und sie sind äußerst gefährlich. Sie werden überall hingeschickt, wo man Illustris vermutet. Sie töten gezielt, schnell und ohne Spuren zu hinterlassen. Niemand kennt ihre wahre Identität, da sie verschiedene Pässe besitzen. Sie gehören zu einer Organisation, die streng geheim ist. Nicht einmal die CIA weiß etwas von deren Existenz. Es gibt nur wenige Personen, die überhaupt von ihnen wissen.«
Mr. Tramonti nahm seine Brille von der Nase und begann sie mit einem Tuch, das er aus seiner Hosentasche genommen hatte, zu säubern. Während er über seine Ausführungen nachdachte, sah mich Onkel Finley prüfend an.
Es war, als wollte er in mein Innerstes schauen, um herauszufinden, was in mir vorging. Sein Blick
Weitere Kostenlose Bücher