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Seelenverkäufer

Seelenverkäufer

Titel: Seelenverkäufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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Licht in meiner Kammer brannte, und Hogendahl stand vor mir und hielt meinen Brief an Fräulein Lydia aufgefaltet in der Hand. Seine Hand zitterte ein wenig, so daß das Papier wie trockenes Laub raschelte.
    »Diesen Wisch wolltest du also Fräulein Cornelius heimlich zustecken?« fragte er unheimlich leise und mit einem Ausdruck im Gesicht, als gelüste ihn danach, mir eine gehörige Tracht Prügel zu verpassen.
    Ich nickte ziemlich kleinlaut und empfand dabei einen furchtbaren Ärger auf mich selbst, daß ich mich vom Schlaf hatte überraschen lassen. Eine ganze Weile lang sah er mich aus seinen hellen, grauen Augen an, als überlege er sich ernstlich, ob er mich nicht umgehend von Bord schleppen und zu meinen Alten zurückexpedieren sollte, und dann riß er das Papier in vier Teile und stopfte sie zusammengeballt in seine Hosentasche.
    »Sag einmal, Pitt«, fragte er mit der gleichen leisen Stimme, die aber wie ein frisch abgezogenes Rasiermesser schnitt, »bist du eigentlich total verrückt geworden?«
    »Man muß sie warnen!« beharrte ich verzweifelt. »Das ist kein Schiff für eine Dame wie Fräulein Lydia! Don Saraiva hat sie an Bord gelockt, und sie hat keine Ahnung davon, was sie hier erwartet!«
    »Halt das Maul!« zischte Hogendahl mich an, ging zum Gangfenster und zog den Vorhang vor den schmalen Ausblick. Ich machte mich zum zweitenmal auf ein paar Backpfeifen gefaßt, aber er blieb mit dem Rücken gegen das Fenster gelehnt drüben stehen. »Was weißt du davon?« fragte er verhalten. »Sie ist ein erwachsener Mensch und kennt Don Saraiva auf jeden Fall besser als wir beide — und vor allem besser als du!«
    »Sie kennt ihn nicht!« rief ich heftig.
    »Woher weißt du das so genau?« fragte er und sah mich bös belustigt an. Sein Mund war ein schmaler Strich, und seine Lippen waren weiß und blutlos.
    »Ich habe es ihr angemerkt,« antwortete ich.
    »Angemerkt!« höhnte er. »Das ist genau die Antwort, die ich von dir erwartet habe. Wann denn angemerkt, wenn man fragen darf, Herr Gedankenleser? «
    »Bei Tisch!« sagte ich wütend. Er stieß sich mit dem Rücken von der Wand ab und ging eine Weile in der winzigen Kammer hin und her, immer drei Schritt von einem bis zum andern Ende. Ich hoffte schon, er wäre zu einer besseren Einsicht gekommen und würde mir beipflichten, aber plötzlich blieb er vor mir stehen, schnüffelte kurz auf und fragte: »Wie alt bis du gleich, Pitt?«
    »Siebzehn!« fauchte ich ihn an. »Das wissen Sie doch selber ganz genau. Weshalb fragen Sie?«
    »Ach ja, siebzehn,« seufzte er, »schöne Zeit... Da ging es auch bei mir los mit der ersten Liebe und mit der ersten Eifersucht...« Und dabei verzog er das Gesicht, als hätte er auf einmal Zahnschmerzen bekommen.
    »Ich weiß nichts von Liebe, und ich weiß auch nichts von Eifersucht!« brauste ich auf und wurde rot wie ein gesottener Krebs. »Ich sage Ihnen nur das eine, daß Fräulein Lydia eine Dame ist und Don Saraiva ein Lump.«
    »Na und?« fragte Hogendahl kühl. »Was geht denn dich das an? Und was versprichst du dir von einer Warnung in diesem Räuberpistolenstil?« Dabei klopfte er mit der flachen Hand gegen seine Hosentasche, wo der zerrissene und zerknüllte Brief drin knisterte. »Bist du dir deiner Sache wirklich so sicher? Oder meinst du nicht auch, es könnte dir eventuell passieren, daß du mit deinem famosen Brief den Herrschaften im Salon noch heute nacht ein wenig zur Unterhaltung dienst und kurz darauf von Don Saraiva höchstpersönlich in hohem Bogen über Bord gefeuert wirst? Ich habe nämlich absolut den Eindruck gehabt, daß Fräulein Cornelius nichts, aber auch rein gar nichts dagegen einzuwenden hatte, von Don Saraiva ein wenig — na sagen wir mal: hofiert zu werden. Mehr will ich nicht behaupten.«
    Jedes Wort, das er sprach, tat mir weh. Ich biß die Zähne in die Faust und konnte nicht verhindern, daß mir die Tränen über die Backen kullerten. Und das Schlimmste dabei war, daß ich in meinem Glauben unsicher geworden war.
    »Na, na!« sagte Hogendahl und klopfte mir tröstend auf die Schulter. »Nun nimm es mal nicht so schwer.« Nach einer ganzen Weile fügte er, wie für sich, hinzu, Gedankenlesen sei eine der schwierigsten Künste. Zu mir gewandt fuhr er fort: »Und mit den Blicken und Ritterdiensten, mein Jungchen, ist das so ’ne Sache. Manchmal klappt es ja, und die Schöne erscheint tatsächlich auf dem Balkon, wenn du mit der Laute untenstehst und deine Serenade anstimmst, aber in den

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