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Seelenverkäufer

Seelenverkäufer

Titel: Seelenverkäufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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zeigte, in denen richtige Betten standen, wurden sie zuversichtlicher, denn sie hatten sich eingebildet, an Bord eines Schiffes müßte man in Hängematten schlafen, und das war des Berliners größte Sorge gewesen.
    Mit mir versuchte er, platt zu Schnaken, und betitelte mich als >Stüermann<, weil er mich wegen meiner Schifferhosen wohl zur Besatzung zählte; als der Zweite dann dazukam, weil die Wache ihm gemeldet hatte, daß die beiden Mechaniker angekommen wären, da beförderte Schmidtke ihn gleich zum Admiral und fragte, >wann denn nu eejentlich det Schiff in See raussteche<...
    Aber damit kam er bei Olefson schlecht an, denn der verstand absolut keinen Spaß und sagte, noch einmal >Admiral< und er würde seine Handschuhnummer kennenlernen. Im übrigen wünsche er ihnen außerhalb der Schlosserwerkstatt an Bord nie zu begegnen.
    Zum Glück kam Hogendahl bald zurück, denn sonst hätten sich die drei noch vor der Abfahrt in die Wolle gekriegt; besonders der Bayer schien gegen eine Rauferei nichts zu haben. Hogendahl nahm seine Leute mit in die Kabine und fing gleich an, mit ihnen über technisches Zeug zu reden, wovon ich nicht die Bohne verstand. Als mir schließlich schon ganz wirr im Schädel wurde vor lauter >Fokussen<, >Selenzellen< und >Anoden< und weiß der Teufel, was sonst noch, da stand ich auf und bat Hogendahl um ein paar Stunden Landurlaub, denn ich wollte mich im Hafen ein wenig umsehen.
    »Ja, geh nur und vertritt dir die Beine. Aber um Punkt sieben bist du zurück, verstanden!« Ich versprach, pünktlich zu sein.
    Ich hatte Glück, denn draußen wehte es nur noch. Der Nieselregen hatte aufgehört.

16

    Als ich um Glockenschlag sieben wieder zurückkam, da war die >Esperanza< von zwei Bogenlampen an den Kranmasten taghell erleuchtet. Hogendahl stand schwarz und feierlich im Smoking in seiner Kabine und sagte mir, die beiden Mechaniker wären an Land zum Essen gegangen, weil der Smutje für die Mannschaft erst morgen an Bord käme, und ich sollte mich rasch fertigmachen, um Don Saraiva und die übrigen Herrschaften zu begrüßen. Ich wusch mir die Hände, kämmte mich ordentlich und folgte Hogendahl zum Speiseraum. Wie ich vom Decksgang aus in die unverhängten Fenster hineinsah, da dachte ich, mich trifft der Schlag, denn an der Spitze der blumengeschmückten, weißgedeckten Tafel saß Fräulein Lydia Cornelius, und Don Saraiva saß neben ihr und machte ihr ganz offensichtlich den Hof.
    »Sie will doch nicht etwa mitfahren?« fragte ich wie verdonnert.
    »Doch, doch«, antwortete Hogendahl trocken, »als Privatsekretärin. Früher ist Don Saraiva ja meistens ohne Damenbegleitung ausgekommen. Aber vielleicht will er ihr seine Memoiren diktieren; an so was schreiben ja heute die meisten über dreißig...« Sein bissiger Tonfall trieb mir das Blut ins Gesicht, doch da bugsierte er mich auch schon durch die Tür in den roten Salon hinein, und ich konnte nichts mehr erwidern. Ich hätte ihm nämlich einiges zu sagen gehabt!
    Hogendahl schob mich unter den Kronleuchter, legte mir die Hände auf die Schultern und drückte mich zu einem tiefen Bückling nach vorn herunter. »Also, das hier ist mein junger Freund und Reisebegleiter Pitt Tümmler«, sagte er, »der für heute abend um die Ehre bittet, in Ihrer Gesellschaft speisen zu dürfen, denn für einen Landgang um diese Zeit ist er wohl noch ein wenig zu jung.«
    Mir war für einen Augenblick zumute, als sei ich auf dünnes Eis geraten, aber Hogendahl gab mir einen kleinen Ermunterungsstoß, und da ging ich sie denn reihum begrüßen. Die Herren waren, neben Don Saraiva, Kapitän Maldonado, ein Spanier, der mich kühl musterte und in seiner Uniform sehr stolz und prächtig anzusehen war. Mir die Hand zu geben, hielt er unter seiner Würde. Der andere Herr war der Schiffsarzt und hieß Doktor Gargawienko. Er sah sehr edel und schwermütig aus und konnte auf dem Klavier Zigeunermusik spielen. Er war ein Pole aus Czenstochau und soff wie ein Bürstenbinder, aber man merkte ihm nie etwas an; selbst im schwersten Tran ging er kerzengerade.
    Don Saraiva nickte mir gönnerhaft zu und sagte: »Heute ißt du zur Feier des Abschieds mit uns, mein Junge. Falls es dir morgen noch schmeckt, kannst du dich bei Monsieur Grigot oder in der Mannschaftsküche melden.« Und damit wies er mir einen Platz am unteren Ende der Tafel an. Es fiel mir auf, daß er nicht mehr >Sie< zu mir sagte wie damals, als er mich brauchte, und inzwischen war ich ja nicht jünger, sondern

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