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Seelenverkäufer

Seelenverkäufer

Titel: Seelenverkäufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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zwanzig herankommt, dann wären das ja schon Millionen und aber Millionen!«
    »Ja eben!« sagte Hogendahl trocken. »Wenn man an sie herankommt. Aber da liegt der Hund begraben.«
    »Und Ihre Erfindung?« fragte ich atemlos.
    »Mit der möchte ich die schlafenden Hunde wecken. Möchte ich! Nur brauche ich dazu Ruhe, verdammt noch mal! Und nicht diese Träume eines Irren!« Damit riß er mir den Ordner aus der Hand und feuerte ihn in die Ecke. Dann schien er sich sekundenlang zu besinnen, weshalb er in seine Kabine gekommen war. Er warf den Kopf nach hinten und ging an seinen Panzerschrank, um endlich die Zeichnung herauszunehmen, derentwegen er sich auf den Weg gemacht hatte. Ich blieb in seiner Kabine allein zurück und holte den blauen Ordner aus dem Winkel, wo Hogendahl ihn hingeschleudert hatte. Es war wirklich eine aufregende Lektüre, und sie hielt mich in Atem, bis der Koch die Mannschaft zum >Schaffen< rief, was an Bord Essen heißt.
    Ich legte die Listen mit den Namen der versunkenen Galeonen auf Hogendahls Schreibtisch und trottete zum Vorschiff. Wenn ich den Heini nicht schon halbwegs zum Freund gehabt hätte, als ich im Mannschaftslogis zum erstenmal aufkreuzte, hätten die andern mich dort wohl rausgebissen. Denn als ich durch die Tür eintrat und nach einem Platz suchte, da fragten sie mich gleich, ob ich zu >die Mechaniken gehörte und wenn ja, dann sollte ich mich nur >stantepeh vertrimmen<. Aber der Heini sagte, sie sollten mich man ruhig aufnehmen und er stünde für mich ein; so ein Fresser wäre ich auch nicht, daß ihnen nix übrigbliebe von den Plumen und Klüten. Da zog ich noch die Zigarren raus, mit denen ich mich auf Heinis vorsorglichen Rat hin aus Hogendahls Kiste versorgt hatte — und da wurden sie versöhnlich und ließen mich zwischen sich sitzen.
    Es waren nämlich vom ersten Augenblick an gleich zwei Parteien an Bord und ab Liverpool sogar drei, nämlich die Mannschaft, die Mechaniker und die Taucher. Sie logierten zwar alle im Vorschiff, aber in getrennten Unterkünften, und sie arbeiteten auch getrennt, weil es sonst zu Schlägereien gekommen wäre. Ich glaube nicht, daß das auf anderen Schiffen genauso ist, aber auf der >Esperanza< war es eben der Fall, und je länger wir unterwegs waren, um so mehr glomm die Feindschaft auf. Was die Chargen an Bord anging, so hatten sie vom Bootsmann bis hinauf zum Kapitän alle Hände voll zu tun, um die ewig drohenden Keilereien zu verhüten. Zwischen der Mannschaft und den Mechanikern war es wohl reiner Brotneid, der andauernd zu Reibereien führte, weil nämlich die Mechaniker besser bezahlt wurden als die >Deckshands< und manchmal sozusagen eine Extrawurst aus der Herrschaftskombüse abkriegten, wenn es auch nur Überbleibsel waren. Gegen die Taucher aber standen sie alle einträchtig zusammen, weil diese Brüder den ganzen Tag herumlungerten, den lieben Gott einen guten Mann sein ließen und weiter nichts taten, als das Deck vollzuspucken.
    Es waren sechs Kerle, die Mijnheer de Veer, der Erste Steuermann, in Liverpool an Bord gebracht hatte, und nüchtern war keiner von ihnen gewesen. Zwei waren mit verpflasterten Gesichtern aufs Schiff gekommen. Dem einen fehlte ein Ohr zur Hälfte, und der andere hatte ein plattgeschlagenes Nasenbein. Und alle hatten wohl Eile gehabt, den englischen Boden zu verlassen, denn innerhalb der britischen Hoheitszone und solange Polizei- und Zollkutter um die >Esperanza< herumschwärmten, hatte man von ihnen nicht viel zu sehen bekommen. Übrigens waren nur zwei von ihnen Engländer oder Iren; der mit dem halben Ohr zum Beispiel war ein Inselgrieche; sogar ein Neger befand sich unter den sechs Männern, der Nelson hieß, genau wie der große Admiral. Man kann schon sagen, daß die >Esperanza< die reine Arche Noah war: mit einem Spanier als Kapitän, einem Holländer als Erstem und einem Dänen als Zweitem Steuermann, und der >Dunkimann< war Portugiese und ein fürchterliches Schwein. Ja, es schien fast, als hätte Don Saraiva seine Chargen mit verbundenen Augen von der Landkarte gepickt.
    Ich war ziemlich viel allein. In den Werkstätten konnten sie mich vorläufig bloß hin und wieder zu Handlangerdiensten gebrauchen; meistens schmissen sie mich raus, weil ich ihnen angeblich im Wege stand. Und mit der Zeit wäre es furchtbar langweilig geworden, wenn ich nicht den Heini zum Freund gehabt hätte. Er war nur drei Jahre älter als ich und stammte aus dem Holsteinischen, wo sein Vater einen Fischkutter besaß

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