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Seelenverkäufer

Seelenverkäufer

Titel: Seelenverkäufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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Schnupfen. Und dabei kriegte er wieder so eine Haltung wie damals, als er aus Don Saraivas Bibliothek gekommen war.
    »Ich hoffe jedenfalls«, schnarrte er, als hätte er einen Sprachfehler oder als kaue er schon wieder an einem verschluckten Spazierstock, »daß Sie, hm, seither, hm, unbelästigt geblieben sind, hm, und Sie dürfen auch in Zukunft sicher sein, daß ich...« Der Rest wurde vollkommen unverständlich, aber er begleitete ihn mit Bewegungen, als ob er als Offizier bei einer Parade vor den anwesenden Generälen mit dem Degen salutiere.
    »Ich danke Ihnen, Herr Hogendahl«, sagte sie leise und sehr verlegen, »Sie sind sehr freundlich zu mir, und ich habe Ihnen viel zu verdanken.« Dabei sah sie fortgesetzt woandershin und nicht zu ihm hinauf und fieselte dauernd die Finger aneinander, als ob sie ein Stück Kuchen zerkrümele.
    »Oh, bitte sehr!« wehrte Hogendahl ab, als sei es ihm furchtbar unangenehm, so etwas aus ihrem Mund zu hören. Ich stand dabei und mußte immerzu denken: Lieber Gott, was reden die beiden denn nur so geschwollen daher, anstatt sich wie zwei vernünftige Menschen miteinander zu unterhalten und sich klipp und klar zu sagen, was sie sich zu erzählen haben. Aber das waren wohl so die höheren Tonarten, für die unsereiner zu dämlich ist.
    Und als könnte er es gar nicht erwarten, dieses erste persönliche Gespräch zu beenden, bemerkte Hogendahl, sie hätte ihm doch etwas von Don Saraiva mitgebracht, und sie tat, als könne sie es nicht begreifen, wie sie die Hauptsache vergessen konnte, und beeilte sich, die Mappe zu öffnen. Er sah ihr mit einem gewissen Mißtrauen zu, als erwarte er, aus der Mappe könne sich zugleich mit dem Brief auch eine Klapperschlange herausringeln. Und als sie dann eben doch nur einen Umschlag aus der Mappe hervorholte, da faßte er ihn trotzdem mit spitzen Fingern an, als traue er der Geschichte auf alle Fälle nicht recht.
    »Ah, wissen Sie, Saraivas Briefe...!« sagte er unbehaglich und trat mit dem Schreiben näher an das Gangfenster heran, weil es in der Kabine zum Lesen ein wenig dunkel war. Ich setzte mich nahe bei Fräulein Lydia auf eine Sessellehne und wollte sie gerade fragen, ob sie bei dieser Auffenhitze auch so fürchterlich schwitzen müsse — aber da kam Hogendahl mit dem Brief in der Hand auf uns zu, und zwar schwankend, als ob die >Esperanza< durch grobe See stampfe oder als ob er einen über den Durst getrunken hätte.
    »Kennen Sie diesen Brief?« fragte er erregt und schwenkte das Schreiben in der Luft herum.
    »Nein, ich kenne ihn nicht«, antwortete Fräulein Lydia, ein wenig bestürzt darüber, daß er mit dem Brief so dicht vor ihrer Nase herumfuchtelte.
    »Licht, Pitt!« befahl Hogendahl. »Los, Junge, mach fix!«
    Ich sprang zum Schalter und knipste die Deckenbeleuchtung an. Hogendahl hielt das Schreiben unter die Lampe und las, zuerst murmelnd und dann mit lauter, deutlicher Stimme: »Sehr geehrter Herr Hogendahl. Der heutige Tag hat mich zu der Überzeugung gebracht, daß unsere neuerliche Verbindung ein Fehler war. Ich halte eine Trennung für notwendig, wenn sich Reibereien zwischen uns nicht ständig wiederholen sollen. Wir beide passen nach Temperament und Anlagen nicht zueinander. Zwei so grundverschiedene Naturen wie Sie und ich brauchen größeren Spielraum als den beschränkten Boden meines Schiffes, um nicht dauernd aufeinanderzustoßen. Es ist ein unhaltbarer Zustand für mich, daß ich nicht Herr meines Eigentums und meiner Entscheidungen bin. Und nicht nur das, sondern daß Sie sich auch in meine privatesten Angelegenheiten einzumischen belieben...«
    Hogendahl stockte plötzlich und nuschelte, wie man so sagt, nervös über die nächsten Zeilen hinweg, während Fräulein Lydia plötzlich die Lehnen ihres Sessels so fest umklammerte, daß die Knöchel weiß aus dem Handrücken schimmerten. Ich begriff nicht sofort, worum es ging, sondern sagte in meiner Dummheit noch: »Ich verstehe Sie nicht mehr, was ist denn eigentlich los?«
    »Da Sie ja«, las Hogendahl rasch weiter und mit einem Stimmaufwand gegen mich, als ob er mich anschnauze, endlich den Mund zu halten, »also — da Sie ja, wie Sie mir heute erklärten, Beziehungen zu den Kinleys in Chikago haben, bin ich davon überzeugt, daß Sie auf meinen Vorschlag, unsern in Deutschland geschlossenen Vertrag in allen Punkten für erledigt und ungültig anzusehen, um so eher eingehen werden. Die in den Bau Ihres Tauchgerätes hineingesteckte Summe betrachte ich als

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