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Seelenverkäufer

Seelenverkäufer

Titel: Seelenverkäufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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zu lange aufgehalten habe. Und damit zündete er sich endlich eine Zigarette an und sagte, zu uns gewendet, kurz und heiter: »Los, Leute, an die Arbeit! Die Sache hat sich geklärt. Es war ein Irrtum von Don Saraiva, gerade heute mit der Taucherei anzufangen.«
    Und dabei zappelte Don Saraiva noch neben der Luke herum. Wir stiegen an ihm vorbei unter Deck, als ob er Luft wäre, und nur Gustav Schmidtke konnte es sich nicht verkneifen und sagte zu ihm im Vorbeigehen: »Vorsicht, oller Knabe, sonst fallen Se noch in’n Keller.« Und da stob Don Saraiva vor Wut ganz weiß im Gesicht, davon. Ein paar Minuten später trillerte die Pfeife vom Bootsmann, und die Jungens machten das Deck klar und räumten das Tauchgerät in die Rüstkammer.

19

    So also bekam der Neger Nelson sozusagen noch eine Galgenfrist, ohne daß es zwischen den beiden Herren zu einer Prügelszene gekommen war, die doch wahrhaftig in der Luft gelegen hatte, aber ich fragte mich doch, wie das zwischen Hogendahl und Don Saraiva weitergehen sollte. Wenn diese Explosionsstimmung an Bord ein Dauerzustand würde, dann blickten wir ja fröhlichen Zeiten entgegen. Hogendahl schien sich ähnliche Gedanken zu machen, das sah man ihm vom Gesicht ab, auch ohne von Beruf Gedankenleser zu sein. Aber ich hörte von ihm kein Wort des Vorwurfs. Er war zu mir genauso freundlich wie immer, und ich war ihm dafür von Herzen dankbar, denn im Grunde war ich ja derjenige, der ihm diese ganze Suppe eingebrockt hatte, an der er jetzt schluckte.
    »Red keinen Blödsinn, Pitt«, sagte er, »da wir nun schon einmal drinstecken, wollen wir es auch zusammen ausfressen. Und im übrigen darfst du mir glauben, daß mir dieser Zustand ehrlicher Feindschaft bedeutend angenehmer ist als Don Saraivas schleimige Liebenswürdigkeit, bei der man nie weiß, welche Teufelei dahintersteckt.«
    Dieser Tag, der so früh mit Krach und Paukenschlag angefangen hatte, war ansonsten wie alle Tage in diesem verfluchten Backofen über dem Äquator. Als wir mit der Montage begannen, da war das bißchen Morgenfrische von der weißglühenden Sonne schon aufgesogen, und das Achterdeck erhitzte sich, daß die Teakplanken wie Feuer durch die Sohlen brannten. Schon in den Werkstätten hatten die Leute furchtbar unter der Hitze zu leiden, die trotz des vielen Wassers ringsum trocken und spröde war. Immerhin aber summten unten doch ein halbes Dutzend Ventilatoren, die wenigstens notdürftig für Abkühlung und frische Luft sorgten.
    An Deck schmorte man wie in der Hölle. Und leider konnten wir keine Sonnensegel ausspannen, weil sie den Kran behindert hätten, den wir zum Verlegen der Eisenschienen brauchten. Nach Hogendahls Plänen sollten sie, miteinander verschweißt, dem >Jonas< eine absolut wetter- und seefeste Lagerung geben und zugleich auch als Startrampe dienen. Immerhin wog der >Jonas< mit seinen ganzen Eingeweiden — wie Gustav Schmidtke sich ausdrückte — mehr als eine Tonne. Bei den Schweißarbeiten fiel der Vohburger mit dem zischenden Schweißbrenner in der Hand plötzlich wie ein Mehlsack um. Hogendahl konnte gerade noch zuspringen und das Gebläse abstellen, sonst hätte sich der Vohburger seine Knochen zusammengeschweißt, und das soll nicht sehr bekömmlich sein. Er hatte gegen Hogendahls ausdrücklich Befehl mit bloßem Kopf gearbeitet und sich natürlich sofort einen Sonnenstich geholt.
    Wir dachten schon alle, er sei perdü, aber nachdem sie ihn in den Schatten geschleppt und mit Wasser übergossen hatten, kam er wieder zu sich. Als er die Augen aufschlug, fragte er wahrhaftig: »Wo bin ich?«
    Aber Hogendahl sagte ihm, er solle lieber fragen: »Was bin ich?« Und darauf könne er ihm wahrheitsgetreu antworten: Ein Rindvieh, wenn er sich einbilde, seine Glatze sei ein Tropenhelm!
    Und weil dann die Hitze so mörderisch wurde, daß schließlich trotz aller Vorsicht doch die ganze Belegschaft umgekippt wäre, verlegte Hogendahl die Schweißarbeiten auf die kommenden Nächte.
    Das Deck aber hielt er auch tagsüber besetzt, um Don Saraiva ja nicht auf den Gedanken kommen zu lassen, er könne die Taucher während der Freistunden in die Tiefe schicken.
    Merkwürdigerweise blieb die >Esperanza< in der Nähe von Orchilla liegen. Don Saraiva schien sich von der Fundstelle nicht trennen zu können. Er war mit dem >T< von der >Kentucky< in den Händen wie ein Fetischanbeter mit seinem Götzen in der Bibliothek verschwunden und blieb von Stund an unsichtbar.
    Über Mittag ging ich einmal zum

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