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Seemannsbraut: Eine 40000 Kilometer lange Liebesgeschichte (German Edition)

Seemannsbraut: Eine 40000 Kilometer lange Liebesgeschichte (German Edition)

Titel: Seemannsbraut: Eine 40000 Kilometer lange Liebesgeschichte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Krahlisch
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tief in die Nacht. Also heißt das für mich, dass ich bis zu einem Dreiviertel des Tages am Computer verbringe. Das hätte ich nicht erwartet, dass man als Kapitän so viel vor dem Computer sitzt.
    Ansonsten macht mir hautsächlich das Ein- und Auslaufen viel Freude. Und natürlich die Gesichter der Lotsen, wenn sie auf die Brücke kommen und zunächst einmal den Ersten Offizier als Kapitän begrüßen. Der ist dann immer etwas peinlich berührt. »Sorry, Mr. Pilot, I am not the Captain. This is the Captain«, sagt er dann und zeigt auf mich. Auch einer der US-Agenten war mehr als verwundert, als er nach dem Kapitän fragte und dann zu mir gebracht wurde. Er meinte nur, dass ich doch noch ein »Puppy«, also ein Hundewelpe sei, und damit viel zu jung, um als Kapitän zu fahren. Außerdem käme er sich jetzt sehr alt vor, sagte er, denn sein Sohn sei genauso alt wie ich. Und das würde schließlich bedeuten, dass er schon Vater eines Kapitäns sein könnte. Nach der Einklarierung verließ er kopfschüttelnd mein Büro. Ich werde ihn wohl morgen früh wieder treffen. Das wird sicher ein Spaß.
    Oh, entschuldige bitte. Ich muss mal kurz weg. Gerade hat der Zweite Offizier angerufen. Wir müssen gleich die Rudermaschine testen, ob sie auch im Notbetrieb läuft. Das ist eine der vielen, vielen Regularien, die man vor dem Einlaufen in die USA einhalten muss. Sonst bekommt man Ärger mit der Coast Guard. Ich melde mich gleich noch mal …
     
    … So, hier bin ich wieder. Jetzt kann ich mich wieder ganz deinem Brief widmen. Habe ich dir eigentlich schon gesagt, wie sehr ich dich vermisse? Falls nicht: Ich vermisse dich so unendlich doll, dass es oft richtig weh tut. Am schlimmsten ist es immer dann, wenn ich abends ins Bett gehe. Ich bin so unendlich froh, dass jetzt schon drei Monate geschafft sind und wir uns in einem Monat endlich wiedersehen. Ach Nancy, ich weiß, dass du manchmal denkst, ich könnte nicht ohne die Seefahrt leben. Aber das stimmt nicht. Viel schlimmer wäre es, ohne dich zu leben. Irgendwann werde ich einen Landjob annehmen, und ich werde der glücklichste Mann der Welt sein, weil ich jeden Abend zurück zu dir nach Hause kommen kann.
    Nun aber genug mit den Gefühlsduseleien. Immerhin bin ich jetzt Kapitän, und ich muss Haltung bewahren. Ich erzähle dir einfach noch ein bisschen was vom Bordleben.
    Heute Morgen bin ich um 5 Uhr aufgestanden, um die Schiffsmails zu überprüfen. Mein Postfach war wieder einmal brechend voll. Aber das Tolle ist, dass zur Weihnachtszeit nur ganz wenige Leute im Büro arbeiten. Die meisten sind schon in den Weihnachtsferien. Also waren viele der Mails lediglich Weihnachtswünsche und -grüße von Leuten, die ich zum Teil gar nicht kenne. Ich habe aber trotzdem allen zurückgeschrieben und ebenfalls schöne Weihnachten und einen guten Rutsch ins neue Jahr gewünscht.
    Das Wetter wird übrigens gerade immer schlechter. Der Zweite Offizier hat mich angerufen und gesagt, dass unsere Geschwindigkeit weiter zurückgeht. Und zu allem Überfluss fangen wir jetzt auch noch an zu rollen. Meine Güte, wie liebe ich die rauhe See.
    Ich habe heute übrigens auch noch ein paar weitere, private Weihnachtsmails losgeschickt. Unter anderem an meine lieben Eltern und an Maria, aber auch an deine Eltern und an Hoize, Kirchi, Boje, Aleg, Mac, Lotte und Silvia. Silvia hat auch gleich geantwortet. Sie und Michael wollen im August heiraten. Und da ich im August zu Hause sein werde, heißt das, dass wir zwei da gemeinsam hingehen können. Wir zwei gemeinsam auf einer Hochzeit, wie findest du das?
    Ach ja, noch mal zurück zu Weihnachten: Unser kiribatischer Koch hat sich extra ein Knödelrezept aus Deutschland organisiert, damit es am ersten Feiertag Knödel zum Braten geben kann. Da bin ich gespannt. Ich hoffe nur, dass es wenigstens annähernd so gut schmecken wird wie bei euch.
    Ich glaube übrigens, dass es langsam Zeit wird, dass wir Weihnachten auch mal gemeinsam verbringen. Wenn ich irgendwann mal wieder Weihnachten an Land verbringen sollte, dann könnten wir uns doch einen Weihnachtsbaum kaufen und einfach alle zu uns nach Berlin einladen. Was hältst du davon? Und was ich jetzt sage, wirst du mir zwar nicht glauben, aber ich meine es ernst: Heute hätte ich sogar Lust darauf, mit dir gemeinsam Weihnachtsplätzchen zu backen. Natürlich nach dem Rezept deiner Oma. Ach, mir läuft gerade das Wasser im Mund zusammen. Hebst du mir bitte ein paar der Plätzchen auf?
    Noch mal

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