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Seeteufel

Seeteufel

Titel: Seeteufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Megerle
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der andere?«
    Sie nahm Wolf das Foto aus der Hand und starrte auf die beiden kalkigen Gesichter, ehe sie es an den Mann neben ihr weiterreichte. »Was sagst du?«
    Der brauchte nicht lange zu schauen: »Ja, das ist Einstein, hier, der linke. Neben ihm, das ist Havanna. Fragen Sie uns nicht nach den richtigen Namen, die kennen wir nicht.«
    Â»Kamen sie regelmäßig hierher?«
    Â»Bis vor ein paar Monaten ja, seitdem eher selten.«
    Â»Hatten sie Freunde, Kumpel, mit denen sie häufig zusammen waren?«
    Â»Wieso hatten? Was ist mit ihnen?« Und als Wolf nicht sofort antwortete: »Sind sie …?«
    Wolf nickte. »Also, was ist mit den Kumpels?«
    Â» Sie können Fragen stellen! Die Leute hier kennen keine sozialen Bindungen. Wenn’s drauf ankommt, verkaufen die Ihnen ihre Seele für einen Schnaps – wenigstens die meisten von ihnen. Wenn man wie die von der Hand in den Mund lebt, halten Freundschaften nicht lange.«
    Â»Dann wissen Sie auch nicht, wo die beiden geschlafen haben?«
    Â»Keine Ahnung. Versuchen Sie’s mal im Haus Bethanien, schräg gegenüber.« Damit wandten sich die beiden wieder ihren Suppentöpfen zu.
    Doch auch die Befragung im »Haus Bethanien, autorisierte Herberge für Nichtsesshafte«, wie das Heim in bestem Amtsdeutsch hieß, brachte Wolf und Jo zunächst keine neuen Erkenntnisse. Man erkannte die Gesuchten auf dem Foto und entsann sich ihrer Spitznamen, mehr aber auch nicht. Erst als Wolf daran erinnerte, dass Heimbetreiber von ihren Schlafgästen die Papiere verlangen müssen, holte der herbeigerufene Leiter sein »Gästebuch« hervor. Erschwert wurde die Namenssuche durch die Tatsache, dass Einstein und Havanna anscheinend seit Wochen nicht mehr gesichtet worden waren. So blieb nichts anderes übrig, als sich Zeile für Zeile rückwärts durch das Buch zu arbeiten, bis der Heimleiter schließlich irgendwann im August auf die beiden Spitznamen stieß.
    Â»Hier«, rief er erleichtert aus und tippte mit dem rechten Zeigefinger mehrmals auf die fragliche Stelle.
    Wolf zog das Buch zu sich herüber: »Jo, schreibst du mal mit: Karlheinz Rogalla alias Einstein, 58, Beruf Mathelehrer, zuletzt arbeits- und wohnsitzlos. Dann Georg Fiedler, genannt Havanna, 60, Kaufmann von Beruf, ebenfalls arbeits- und wohnsitzlos.«
    Wenig später trabten Wolf und Jo wieder den Berg hinab.
    Â»Schätze, das bringt uns nicht wirklich weiter, oder?«, fragte Jo zweifelnd.
    Â»Wo du recht hast, hast du recht. Deshalb begeben wir uns jetzt direkt in die Höhle des Löwen.«
    Â»Was heißt das?«
    Â»Du kennst die Gruppe von Stadtstreichern auf dem Münsterplatz?«
    Â»Die immer Randale machen?«
    Â»Genau. Dürfte nicht schwer sein, die zu finden. Sie bilden gewissermaßen den harten Kern der Überlinger Penner. Arme Hunde, denen das Schicksal übel mitgespielt hat. Die meisten von ihnen haben nichts mehr zu verlieren, und genau das macht sie so bissig. Lass dich auf gar keinen Fall von ihnen provozieren. Am besten, du überlässt das Reden mir.«
    Von der steilen Luziengasse herabkommend, erreichten sie den nördlichen Münsterplatz, passierten den Durchlass in Richtung Südportal – und da hörten sie die Gruppe auch schon.
    Es waren fünf Männer, drei ältere, zwei jüngere, dazu eine Frau unschätzbaren Alters. Inmitten herumliegender Bierflaschen hatten sie sich vor der dem Münster vorgelagerten gotischen Ölbergkapelle niedergelassen, kümmerten sich einen Dreck um den betenden Christus, der regungslos aus der offenen Kapelle heraus ihrem Treiben zusah, und versuchten, vorübergehende Passanten durch allerlei Zurufe zu provozieren – wenn sie sich nicht gerade laut unterhielten oder flaschenschwenkend einen Gesang anstimmten. Der Henker mochte wissen, woher sie das Geld für ihre Sauferei nahmen.
    Gelassen schritten Wolf und Jo auf sie zu. Ein vierschrötiger Typ mit verfilzten Haaren und einem ungepflegten, gelb verfärbten Bart versuchte, sich mit heftigen Armbewegungen Gehör zu verschaffen. »Hört mal auf, Leute … seid doch still, verdammt noch mal! Seht mal, wer da kommt: der große böse Wolf. Diesmal sogar mit Verstärkung, ha ha ha …«
    Wolf wusste, dass der Mann auf den Spitznamen Göbbels hörte, den ihm seine Kumpels seiner Beredsamkeit und seines leicht hinkenden

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