Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Seeteufel

Seeteufel

Titel: Seeteufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Megerle
Vom Netzwerk:
würde ich sagen: die Stimme eines älteren Mannes, jedenfalls deutlich über fünfzig. Macht einen ziemlich fertigen Eindruck, wenn ihr versteht, was ich meine … irgendwie verbraucht, als ob er schon eine Menge Nackenschläge abbekommen hätte. Auffallend ist dieses ständige Räuspern. Vielleicht hat Hanno eine Erklärung dafür, er ist hier schließlich der Gesundheitsexperte.«
    Jos letzter Satz bewirkte ein kleines Wunder. Mit einem Mal schien Wolfs blauer Dunst vergessen, Vögeleins Interesse war geweckt. Mit erhobenem Kopf begann er zu dozieren: »Nun, die Sache ist ziemlich eindeutig: Probleme in den Atemwegen und mit der Lunge, würde ich sagen. Mehrfach geht das Räuspern in einen kurzen, unterdrückten Reizhusten über, was auf eine persistente Entzündung der Luftröhre hindeutet, also eine Tracheitis, vermutlich als Folge einer chronischen Bronchialentzündung. Der Mann …«
    Â»Bitte keine medizinische Vorlesung, Hanno. Lässt sich aufgrund dieser Merkmale das Äußere des Mannes skizzieren, also sozusagen ein Körperprofil erstellen? Oder, um es noch einfacher zu sagen: Wie sieht der Mann aus, nach dem wir suchen?«
    Vögelein kaute nachdenklich auf der Unterlippe. »Ich will’s versuchen«, begann er schließlich. »Hager, eingefallen, dürr, denke ich, wie die meisten Lungenkranken, dazu blasser Teint und schüttere Haare, das Alter so um die sechzig, da schließe ich mich Jo an. Genügt das?«
    Â»Ich hätt’s nicht besser hingekriegt«, meinte Wolf sarkastisch. Und doch war eine gewisse Anerkennung nicht zu überhören. »Eines allerdings habt ihr beide völlig außer Acht gelassen.«
    Jo und Hanno sahen sich an. »Was soll das sein?«
    Â»Die Hintergrundgeräusche.«
    Â»War da was?«, fragte Jo erstaunt.
    Â»Lass noch einmal laufen, Hanno«, bat Wolf. Erneut lief das Band ab. »Und?« Fragend sah Wolf in die Runde. Achselzucken.
    Â»Noch mal«, forderte er. »Und lass den Finger auf der Stopptaste.« Gleich darauf rief er auch schon »Stopp! Zurück bitte. Achtet auf das Geräusch nach ›Es geht um die …‹. Jetzt noch einmal … hier, habt ihr’s gehört?«
    Â»Da war so eine Art Klingeln, kann das sein?«
    Â»Genau, ein Klingeln. Jetzt das Ganze noch einmal von vorn. Wenn ihr darauf achtet, ist das Klingeln zweimal zu hören.« Er gab Vögelein einen Wink. Jetzt hörten sie es auch. War das Ohr erst sensibilisiert, trat das Klingelgeräusch deutlich hervor.
    Â»Hat einer von euch eine Idee, um was es sich dabei handelt?«
    Wieder zweifaches Schulterzucken.
    Â»Na ja«, meinte Wolf und grinste spitzbübisch, »ihr seid halt ›Reigschmeckte‹, wie wir Eingeborenen sagen. Sonst wüsstet ihr, dass der Anrufer am Landungsplatz stand, und zwar am rechten Ende, wenn man auf den See hinausschaut. Genauer: am Liegeplatz der ›Möwe‹, die den regelmäßigen Fährdienst zwischen Überlingen und Wallhausen durchführt. Das eigenartige Klingeln ist nämlich nichts anderes als die Glocke, die der Schiffsführer unmittelbar vor Abfahrt des Bootes betätigt, um den letzten Fahrgästen Beine zu machen. Übrigens steht genau gegenüber vom Liegeplatz der ›Möwe‹ eine offene Telefonzelle.«
    Â»Passt doch!«, nickte Vögelein und erhob sich.
    Auch Jo war aufgesprungen. »Also, worauf warten wir noch?«
    Wolf sah auf die Uhr. »Ihr müsst alleine fahren. Ich habe einen Termin beim Chef. Lagebesprechung. Wenn ihr den Mann findet, bringt ihn her.«
    Die beiden waren bereits im Gehen, als er sie noch einmal zurückrief: »Könnte übrigens nicht schaden, wenn ihr zuvor mit den Kollegen vom Streifendienst sprecht, die für dieses Revier zuständig sind. Vielleicht bekommt ihr ja einen brauchbaren Hinweis.«
    Eine knappe halbe Stunde später eilte Wolf bereits wieder in sein Büro zurück. Die »Lage«, wie die tägliche Routinebesprechung der Dezernatsleiter bei Kriminalrat Sommer scherzhaft genannt wurde, hatte keine neuen Erkenntnisse gebracht. Wolf hatte seinen Fall vorgetragen und auf die sich abzeichnenden Verwicklungen und Verdachtsmomente hingewiesen, Sommer hatte Unterstützung zugesagt, sollte die kommende Entwicklung mal zu vorübergehenden Personalengpässen führen. Die Kollegen der anderen Dezernate waren

Weitere Kostenlose Bücher