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Segel der Zeit

Segel der Zeit

Titel: Segel der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Schroeder
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verschiedene unerfreuliche Deutungen zu, und deshalb hatte Chaison, als Antaea an die Seitentür eines hohen, weiß getünchten Gebäudes klopfte, viele Fragen auf den Lippen.
    Ein hagerer Mann mit Stoppelfrisur und hohlen Wangen öffnete ihnen. Er trug eine Livree. Hinter ihm sah man in eine luftige Halle mit grünen Pflanzen und mit Säulen aus poliertem Stein. »Treten Sie ein«, forderte der Diener sie auf. Dann senkte er den Blick und entdeckte Antaeas Schuhwerk. »Die müssen Sie bitte ausziehen.
Wegen der Fußböden …« Sie schnitt eine Grimasse, aber sie gehorchte.
    Das Erdgeschoß des Hauses war ein einziger Raum, der zu einem Innenhof hin offen war. Durch die hohen Steinbögen um diesen Hof fiel reichlich Licht ein; Fenster nach außen gab es nicht. Nun wurde auch klar, warum der Diener Andreas Absätze so misstrauisch beäugt hatte: der Boden war mit Mosaik ausgelegt, durchaus sinnvoll für eine Fläche, die sich mit der Rotation des Habitats biegen musste. Hier und dort waren steinerne Statuen in geschmackvollen Farben aufgestellt. Vom Straßenlärm war nichts zu hören.
    Der Diener führte sie nicht selbst hinein, sondern wies nur mit der Hand auf den Garten. An einer der Säulen lehnte ein Mann. Er hatte die Hände in die Taschen seiner weiten Robe gesteckt, unter der er einen eher biederen Geschäftsanzug aus braunem Wildleder trug.
    Als Chaison näherkam, trat er vor und begrüßte ihn mit Handschlag. »Herzlich willkommen, Admiral. Ich bin Hugo Ergez. Keine Sorge, ich bin ein Freund.« Er wirkte verhärmt und müde, als hätte er lange nicht geschlafen – und Chaison sah tiefe Falten um seine Augen und Mundwinkel, Zeichen dafür, dass er häufig körperliche Schmerzen ertragen musste. Tatsächlich griff Ergez nach einem reich verzierten Gehstock, als sie weitergingen, folgte ihnen aber nur wenige Meter weit, bevor er sich in einen Korbsessel mit hoher Lehne sinken ließ.
    Â»Es ist von Vorteil«, bemerkte Ergez, als er den Stock sorgfältig neben sich abstellte, »wenn die Verbündeten des Heimatschutzes vermögend sind. Wir können mit unseren Mitteln mehr bewirken als die Armen.«

    Antaea setzte sich zu ihm. Ihr Gesichtsausdruck war auffallend neutral, als hielte sie jeden Kommentar zu Ergez’ Aussage für überflüssig.
    Â»Ich möchte mich für die Ausweise bedanken«, sagte Chaison. Er und seine beiden Freunde hatten auf der anderen Seite eines niedrigen Tischchens ein paar Bänke entdeckt. Es war eine Erleichterung, sich setzen zu können. »Aber Sie wissen hoffentlich, dass wir nichts anderes wollen, als in unsere Heimat zurückzukehren ?«
    Â»Das hat mir Antaea mitgeteilt.« Ergez wies auf einige Becher, die auf dem Tisch standen. »Bitte … Wenn ich ganz ehrlich sein soll, ist Ihre Mission, worin sie auch bestehen mag, für mich nicht von Interesse. Ich möchte nur behilflich sein.«
    Â»Können Sie uns dann vielleicht einige Fragen beantworten ?«
    Ergez wechselte einen kurzen Blick mit Antaea. »Soweit mir das möglich ist, gerne.«
    Â»Wird die Falkenformation Slipstream den Krieg erklären ?«
    Ergez schien zunächst überrascht, dann lachte er laut auf. »Slipstream? Ganz im Gegenteil! Die Falken und Slipstream sind derzeit dicke Freunde. Eine – oh, wie war das noch? – eine ›neue Ära der Zusammenarbeit zwischen unseren beiden Völkern‹ ist angebrochen. Ich glaube, so hat sich Ihr Pilot in einem Zeitungsartikel ausgedrückt … Der müsste hier noch irgendwo herumliegen. «
    Darius schaute stirnrunzelnd von Ergez zu Chaison. »Aber ich habe alle diese Rekrutierungsplakate gesehen. Der Markt ist voll davon.«

    Â»Richtig.« Ergez’ Lächeln erlosch. Nachdem er seine Gäste mit Getränken versorgt hatte, bediente er sich selbst, lehnte sich dann in seinen tiefen Ohrensessel zurück und brütete mit nachdenklich geschürzten Lippen über seinem Becher. »Die Bedrohung geht von den Gretel aus, Admiral – unserem größten Nachbarn, der sich zu Ihrem Glück von Ihrer Grenze aus gesehen auf der anderen Seite unseres Landes befindet.«
    Â»Aha …« Das war eine Neuigkeit. Die Antwort auf viele Fragen – nicht zuletzt auf die, warum die Falkenformation überhaupt eine geheime Truppe zusammengestellt hatte, um Slipstream zu

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