Segel der Zeit
freut«, murmelte sie. »Dass
ich Recht hatte, meine ich.« Sie trat zurück und hielt das Foto hoch, das sie von seinem Schreibtisch genommen hatte. »Kommt dir das jetzt plausibler vor?«
Es war eine körnige, ziemlich unscharfe Schwarz-WeiÃ-Aufnahme. Als Venera sie ihm zum ersten Mal zeigte, hatte er nicht glauben wollen, was darauf zu sehen war. Doch allmählich hatte er sich überzeugen lassen, dass es das neue Schlachtschiff auf der geheimen Werft der Falken tatsächlich gab, dass es nahezu fertiggestellt und mehr als fähig war, es mit der gesamten Slipstream-Flotte aufzunehmen. Wenn es nicht existierte, dann wäre der heutige Angriff eine sinnlose Provokation gewesen. Falls aber doch, dann bekam das gesamte Geschehen eine geradezu unheimliche Logik.
Er zuckte die Achseln. »Du gibst jetzt also zu, dass dies hier wahr ist«, fuhr sie fort und wedelte mit dem Foto durch die Luft. »Und alles Ãbrige?«
Er schüttelte den Kopf. »Diese verrückte Geschichte von einem Piratenschatz, zu dem auch der letzte noch vorhandene Schlüssel zu Candesce gehört? Diese Radar technik, die deine ach so geschätzte Waffenmeisterin angeblich bauen kann? Es geht hier nicht um die Beweise, Venera; ich kann es mir einfach nicht leisten , daran zu glauben! Es steht zu viel auf dem Spiel.«
Ein paar Sekunden lang stand sie nur da und tippte sich mit dem Foto immer wieder gegen die Wange. Dann zuckte sie die Achseln. »Möglicherweise«, sagte sie schlieÃlich und wandte sich zum Gehen, »wirst du bald feststellen, dass zu viel auf dem Spiel steht, um nicht daran zu glauben.«
Venera rauschte hinaus, und eine endlose Reihe von aufgeregten, empörten und zu allem entschlossenen
Bürokraten rauschte herein. Soeben würde der Krieg erklärt und die Flotte mobilisiert; in der Admiralität sei man sich einig, dass Mavery hinter diesem Angriff stehe und man einen Feldzug führen müsse. Chaison saà hinter seinem Schreibtisch, hörte sich alles an, nickte, machte Vorschläge und wartete auf den sprichwörtlichen nächsten Schritt. Doch der blieb aus.
Endlich erschien zu später Stunde der Seneschall, der oberste Höfling des Piloten. Antonin Kestrel trat unangemeldet ein und hatte die schwarzen Brauen finster zusammengezogen. »Er ist unzufrieden«, erklärte er ohne Einleitung.
»Auch dir einen guten Abend, Antonin.« Chaison lächelte seinen alten Freund an; Kestrel zögerte kurz und gab das Lächeln nur widerwillig zurück.
»Ich brauche irgendetwas, das ich ihm sagen kann«, erklärte er dann. »Du weiÃt schon, was ich meine. Wie war es möglich, dass sie uns so ohne weiteres überfallen konnten? Wieso hat man uns kalt erwischt?«
» Ihn hat man kalt erwischt, weil dieser Angriff nicht in sein wohlgeordnetes Weltbild passt.« Chaison lehnte sich zurück und faltete die Hände hinter dem Kopf. »Ich habe ihm gesagt, dass so etwas möglich wäre, aber er wollte unbedingt, dass wir uns auf einen Angriff vorbereiteten, der seinen Vorstellungen entsprach. Nun ist es doch anders gekommen. So einfach ist das.«
Kestrel verschränkte die Arme und machte ein finsteres Gesicht. »Das ist nicht der Moment, um deine rebellische Seite hervorzukehren, Chaison.«
Chaison lachte lauf auf. »Damals auf der Akademie hattest du diese âºSeiteâ¹ auch noch. Nur sprachen wir
damals nicht von Rebellion, sondern von gesundem Menschenverstand. Und von Patriotismus.«
»Ich bin nicht gekommen, um mir einmal mehr deine Klagen über die angebliche Pflichtvergessenheit unseres Souveräns anzuhören«, wehrte Kestrel ab. »Und was deine Theorie angeht, wonach Mavery nach der Pfeife von jemand anderem tanzt â¦Â« Er zögerte, dann lieà er sich vorsichtig auf den Stuhl vor Chaisons Schreibtisch sinken. »Du hast seit der Befriedung Aeries aus deiner Unzufriedenheit kein Hehl gemacht. Diese Operation â¦Â«
»⦠war ein Pogrom und zudem vollkommen überflüssig«, fauchte Chaison. »Und mich hat er dafür zum Sündenbock gestempelt!«
»Zum Helden, willst du wohl sagen. All dies«, Kestrel wies mit groÃer Gebärde auf den Raum, »verdankst du dem wohlverdienten Ruhm für diese Mission. Warum kannst es nicht einfach genieÃen?«
Chaison schnaubte. »Ich soll es genieÃen, als brutaler Schlächter verrufen zu sein? Sämtliche
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