Segel der Zeit
Befehle kamen von ihm, Antonin. Dieser Ruf steht ihm zu, nicht mir.«
Kestrel machte ein gequältes Gesicht. »Ich rate dir in aller Freundschaft, sei auf der Hut! Du kannst nicht in aller Ãffentlichkeit seine Politik kritisieren. Erst recht nicht, wenn man dir aus heiterem Himmel so viel Macht zuschanzt.« Er lehnte sich zurück und wartete.
»Macht?« Ein schwaches Lächeln spielte über Chaisons Züge. »Dann hat er die Mobilisierung also genehmigt ?«
»Gegen Mavery . Du hast kein anderes Ziel, auch dann nicht, wenn sich eine entsprechende Gelegenheit bieten sollte.« Kestrel stand auf und warf Chaison jenen strengen
Blick zu, den er und Chaison einst in der Kaserne geübt hatten â einen Blick, bei dem jedem Zivilisten oder Untergebenen unter Garantie das Blut in den Adern gefroren wäre. »Das ist kein Spiel, Chaison, sondern bitterer Ernst. Man hat dir zu viel Macht anvertraut, als dass du dir noch eine weitere Panne leisten könntest.«
Chaison starrte ihn an. »Du meinst, ich kann es mir nicht leisten, Recht zu haben?«
Kestrel zupfte sich ein Haar von seinem tiefschwarzen Ãrmel. »Nicht, wenn das bedeutet, dass er Unrecht hat«, erwiderte er und stand auf. »AuÃerdem ist das nicht der Fall, diesmal nicht. Deine Behauptung, dass hinter Mavery die Falkenformation steckt â¦Â« Er sah Chaison scharf an, dann schüttelte er den Kopf. »Ich begreife dich nicht.« Das klang enttäuscht, aber er lieà es dabei bewenden und ging, ohne auf eine Erklärung von Chaison zu warten.
Hinterher saà Chaison noch lange vollkommen reglos an seinem Schreibtisch. Endlich schrieb er sieben Namen auf ein Blatt Papier, stand auf und zog noch einmal die Klingel. Als ein Untergebener erschien, reichte er ihm das Blatt. »Rufen Sie diese Kapitäne zusammen. Sofort. Sie sollen ohne Begleitung kommen.«
Nachdem der Mann gegangen war, setzte sich Chaison, legte die Finger aneinander und musterte finster die unordentlichen Papier- und Bücherstapel auf seinem Schreibtisch.
Die vorsätzliche Blindheit des Piloten war kriminell. Ganz Slipstream schwebte jetzt in Gefahr, und so sah er sich gänzlich unerwartet gezwungen, an etwas zu glauben, was nicht nur unwahrscheinlich, sondern sogar riskant und, wenn er groÃes Pech hatte, absurd war.
Venera hatte bisher stets Recht behalten. Aber diesmal â¦
Diesmal durfte sie sich nicht irren.
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Chaison wurde von einem lauten Krach aus dem Schlaf gerissen. Er richtete sich so schnell auf, dass er sich die langen Rückenmuskeln zerrte. Es krachte noch einmal, dann folgte eine ganze Serie von dumpfen Schlägen. Erst mit einiger Verspätung heulte der Kollisionsalarm des Habitats auf.
Er und seine Freunde hatten sich fast zwei Wochen lang verborgen gehalten, meistens hatten sie sich in fensterlosen Dienstbotenzimmern im zweiten Stock der Villa versteckt. Für die Behörden gehörten sie zu einer Kolonne, die an Ergezâ Haus Renovierungsarbeiten durchführte, so konnten sie ungehindert kommen und gehen. Bisher waren sie jedoch innerhalb der Mauern geblieben. Verglichen mit dem Falkengefängnis erschien ihnen die Villa unglaublich geräumig und luxuriös.
Dieser Lärm war neu; Chaison zog sich rasch an und rannte in den Gang hinaus. Darius hatte sein Zimmer bereits verlassen, und auch Richard spähte aus der Tür.
»Was ist denn los?«, quengelte der Botschafter. »Die Sonne ist noch nicht einmal angegangen.«
Neue Schläge waren zu hören. Jetzt vernahm Chaison auch Männerstimmen in der Ferne. »Ich weià es nicht«, sagte er, »aber bleibt hier und verhaltet euch ruhig. Ich sehe mal nach.«
»Sir?« Darius wippte auf den Zehenspitzen. Chaison erlaubte ihm mit einem Nicken, ihm zu folgen.
Auf der Treppe stolperte der Admiral. »Mir tun alle Knochen weh« stöhnte er; Darius knurrte verständnisvoll. Sie waren in den letzten Tagen nicht müÃig gewesen, sondern hatten jeden Augenblick genützt, um sich wieder in Form zu bringen. Gestern hatten sie zu Ergezâ groÃem Vergnügen im Innenhof einen Schaukampf ausgetragen. Wenn sie nicht trainierten, dann aÃen sie.
Die Treppe endete gleich neben dem Garten. Der quadratische Platz war strahlend hell erleuchtet. Ergez stand mit einigen Dienern unter den Gaslampen. Alle schauten aufgeregt nach oben. Plötzlich streckte einer der Männer den Arm aus, und alle
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