Sehen Sie, so stirbt man also
er vor allem als Journalist, namentlich als Korrespondent für die in Augsburg ansässige „Allgemeine Zeitung“. In Paris lernte er u. a. Chopin, Hugo, Berlioz, Balzac und Liszt kennen – und Créscence Eugénie Mirat, genannt Mathilde, die er 1841 heiratete.
Im Februar 1848 wurde Heine krank. Woran er gelitten hat, ist nicht sicher. Die frühere Vermutung, der Dichter sei an Syphilis gestorben, wird heute nicht mehr unterstützt – bis zu seinem Tod war er bei klarem Bewusstsein. Da zu den Symptomen Lähmungserscheinungen zählten, lautete eine weitere lange vertretene Theorie, er habe an Multipler Sklerose gelitten. Gerichtsmediziner kamen 1997 bei einer chemischen Analyse von Heines Haar zu einem anderen Ergebnis: Demnach starb er an einer chronischen Bleivergiftung – damals keineswegs unüblich. Nach dieser langen Zeit ist natürlich nicht mehr zu klären, woher das Blei stammte. Vielleicht hat man Heine langsam und schleichend vergiftet, vielleicht süßte jemand seinen Tee mit dem süß schmeckenden Bleiacetat, das schon die alten Römer als Süßstoff verwendeten.
Die Lähmung wurde immer schlimmer. Im Nachwort zu „Romanzero“ (1851) schreibt Heine: „Es war im Mai 1848, an dem Tage, wo ich zum letzten Male ausging, als ich Abschied nahm von den holden Idolen, die ich angebetet in den Zeiten meines Glücks. Nur mit Mühe schleppte ich mich bis zum Louvre. Und ich brach fast zusammen, als ich in den erhabenen Saal trat, wo die hochgebenedeite Göttin der Schönheit, unsere liebe Frau von Milo, auf ihrem Postamente steht. Zu ihren Füßen lag ich lange und ich weinte so heftig, daß sich dessen ein Stein erbarmen musste. Auch schaute die Göttin mitleidig auf mich herab, doch zugleich so trostlos, als wollte sie sagen: Siehst du denn nicht, dass ich keine Arme habe und also nicht helfen kann.“
B
ald konnte er sein Zimmer, das er mit der berühmt gewordenen ironischen Bezeichnung „Matratzengruft“ bedachte, nicht mehr verlassen, und dann nicht einmal mehr sein Bett. Immer öfter musste Heine nun Morphium nehmen, um die stärker werdenden Schmerzen ertragen zu können. Ganze acht Jahre dauerte dieser Zustand an, bis Heine am 17. Februar 1856 gegen 4 Uhr morgens in seinem Bett starb. Dennoch blieb er bis zu seinen letzten Tagen produktiv, selbst dann noch, als er schon selbst nicht mehr schreiben konnte, sondern seine Dichtungen diktieren musste.
|61| Die letzten Worte
Heinrich Heines letzte Worte sind berühmt geworden: „Gott wird mir verzeihen, das ist sein Beruf.“ In typischer Manier verbindet er ein ernstes Thema mit einer ironischen Pointe. Überliefert sind diese Worte bei Alfred Meißner, einem engen Freund des Dichters, in seinen „Erinnerungen“ an Heinrich Heine, die noch in Heines Todesjahr erschienen. Gleichwohl war dieser Ausspruch nicht das Letzte, was Heine vor seinem Tode gesagt hat. Nachdem Meißner dieses Zitat anführt, schreibt er: „So kam die letzte Nacht heran, die Nacht zum 16. Februar. Der Arzt trat ein und Heine fragte ihn, ob |62| er sterben werde. Doctor Gruby glaubte ihm nichts verhehlen zu müssen. Der Kranke empfing die Nachricht mit voller Ruhe. Um 4 Uhr des andern Morgens hauchte er seinen Geist aus.“
Heinrich Heine über den Tod
In vielen seiner Gedichte hat Heinrich Heine sich mit dem Tod beschäftigt, schon in jungen Jahren („Loreley“, „Die Bergstimme“). Und noch in der „Matratzengruft“ fand er ebenso ergreifende wie ironische Worte, um sogar über sein eigenes Grab zu dichten:
Gedächtnißfeier
Keine Messe wird man singen,
Keinen Kadosch wird man sagen,
Nichts gesagt und nichts gesungen
Wird an meinen Sterbetagen.
Doch vielleicht an solchem Tage,
Wenn das Wetter schön und milde,
Geht spazieren auf Montmartre
Mit Paulinen Frau Mathilde.
Mit dem Kranz von Immortellen
Kommt sie mir das Grab zu schmücken,
Und sie seufzet: Pauvre homme!
Feuchte Wehmuth in den Blicken.
Leider wohn’ ich viel zu hoch,
Und ich habe meiner Süßen
Keinen Stuhl hier anzubieten;
Ach! sie schwankt mit müden Füßen.
Süßes, dickes Kind, du darfst
Nicht zu Fuß nach Hause gehen;
An dem Barrière-Gitter
Siehst du die Fiaker stehen.
(„Romanzero“, 1851)
Wir wissen also nicht, was Heines letzte Worte waren. Das Bonmot über Gottes „Beruf“ waren sie sicher nicht. Es ist übrigens nicht nur bei Meißner abgedruckt, sondern auch bei den Brüdern Edmond und Jules Goncourt, die (ebenfalls 1856) berichteten, der
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