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Sehen Sie, so stirbt man also

Sehen Sie, so stirbt man also

Titel: Sehen Sie, so stirbt man also Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cornelius Hartz
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sie bereits in einem Brief sechs Wochen nach Poes Tod zum ersten Mal erwähnt, vor allem durch seine Vorträge zwischen 1875 und 1888 berühmt geworden: „Herr, hilf meiner armen Seele!“ Dies scheint für einen Mann, der im puritanischen Milieu der Ostküste des 19. Jahrhunderts als Alkoholiker, Spieler und Herumtreiber bekannt war, nur allzu passend zu sein. Aber passt es vielleicht mehr zum Erzähler Moran als zum sterbenden Poe? Als Verfasser von Grusel- und Schauergeschichten, wenngleich von höchster literarischer Qualität, sah man Edgar Allan Poe schon zur Zeit der Vortragsreisen Morans gern als dunkle, düstere Gestalt (die bekannten Fotografien Poes unterstützen diese Sicht noch). Und so war es vielleicht zwangsläufig, dass Moran einem Mann, dessen Leben und Werk so viel mit Tod und Melancholie zu tun hatten, als letzte Äußerung vor dem Sterben nicht etwa einen |53| heiteren Spruch andichtete, sondern einen verzweifelten Anruf an den Schöpfer. Zumindest haben wir hier den seltenen Fall, einen direkten Zeugen des Ablebens eines berühmten Menschen als Quelle von dessen letzten Worten zu kennen – nur können wir diesmal seinem Zeugnis leider kaum trauen.
    Der Poe Toaster
    Er kam immer in den frühen Morgenstunden auf den Friedhof, schenkte sich ein Glas Cognac ein, sprach einen leisen Toast und prostete dem Grab des Dichters zu; legte drei rote Rosen und die halb gefüllte Flasche Cognac nieder und verschwand wieder – der mysteriöse Mann im schwarzen Mantel, auf dem Kopf ein Hut mit weißer Krempe, einen weißen Schal um den Hals, in der Hand einen Gehstock mit silbernem Knauf. Seine Identität wurde nie gelüftet.
    60 Jahre lang, von 1949 bis 2009, erschien an jedem 19. Januar dieser Mann am Gedenkstein, der an Egdar Allan Poes ursprüngliche Grabstätte erinnert (er wurde 1975 umgebettet) und vollführte dasselbe Ritual. Er wurde bald als „Poe Toaster“ bekannt, und bei seinem letzten Erscheinen kamen hunderte Schaulustige, um ihn zu sehen.
    Man geht heute davon aus, dass es nicht immer ein und dieselbe Person war, sondern dass die Tradition irgendwann vom Vater auf den Sohn überging. Die Identität des Mannes bleibt indes ungeklärt. Aber in jedem Fall fand das Ritual, das im 100. Todesjahr Poes begann, einen würdigen Abschluss – in Poes 200. Geburtsjahr.
     

|54| Frédéric Chopin
„Mutter, meine arme Mutter!“
    Wahrheitsgehalt: 80 %
    Voller Name: Fryderyk Franciszek Chopin
    Tätigkeit: Komponist
    Gestorben: 17. Oktober 1849 in Paris
    Im Alter von: 39 Jahren
    Todesursache: Tuberkulose
    Letzte Worte im Original: „Matka, moja biedna matka!“
    Quelle: Auguste Franchomme
    Zitiert nach: Eva Gesine Baur: Chopin oder Die Sehnsucht. Eine Biografie, München ³2010, S. 528
     
    Chopin, Sohn einer Polin und eines Franzosen, war einer der wichtigsten Komponisten des 19. Jahrhunderts. Der „Poet am Piano“ schuf Klavierwerke, die als Höhepunkte der Epoche der Romantik gelten – das erste, die „Polonaise in g-moll“, mit 7 Jahren. Er starb noch vor seinem 40. Geburtstag.
    Wie starb er?
    Frédéric Chopin litt sein Leben lang an Tuberkulose oder „Schwindsucht“, wie man im 19. Jahrhundert sagte – eine schlechte Voraussetzung für ein langes Leben. Seiner Gesundheit zuliebe folgte er der Schriftstellerin George Sand, in die er sich mit 27 Jahren verliebt hatte, auf die Insel Mallorca. Das war im Spätherbst 1838, und das winterliche Klima auf Mallorca war nur wenig besser als das in Paris, seiner Lunge tat das feuchte, kalte Haus nicht gut. Im Frühjahr waren sie zurück in Frankreich, wo es ihm wieder besser ging. Er unternahm weiterhin Reisen und hielt sich längere Zeit in England auf, doch das Lungenleiden wurde er nicht los.
    1847, im selben Jahr, als Chopin seine Beziehung zu George Sand beendete (warum, ist nicht ganz klar), verschlimmerte sich Chopins Zustand so stark, dass er sich nicht mehr vollständig erholen sollte. Er blieb bis an sein Ende produktiv, aber schließlich erlag er am 17. Oktober 1849 der Tuberkulose. Eventuell litt er auch an einer Mukoviszidose, die sich freilich damals |55| schlecht hätte diagnostizieren lassen. Vier Tage und Nächte lang dauerte sein Ringen mit dem Tod.
    Chopins Totenfeier wurde in der Pariser Église de la Madeleine abgehalten, danach fand er seine letzte Ruhestätte auf dem berühmten Friedhof Père Lachaise (wo neben Balzac und Oscar Wilde u. a. Edith Piaf, Marcel
    Der frühe Tod der Komponisten
    Bei Künstlern, die sterben, fragt

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