Sehen Sie, so stirbt man also
Philologe Frédéric Baudry habe ihnen von diesem „hübschen Ausspruch Heines auf seinem Sterbebett“ berichtet (Journal, Bd. 2, Monaco 1856, S. 492). Es muss dennoch insgesamt keine Anekdote sein; dass Heine diese Worte gesagt hat, ist durchaus glaubhaft. Aber eben nicht als letzte Worte vor dem Tod.
|63| John Brown
„Dies ist wirklich ein schönes Land.“
Wahrheitsgehalt: 100 %
Tätigkeit: Abolitionist
Gestorben: 2. Dezember 1859 in Charles Town
Im Alter von: 59 Jahren
Todesursache: Hinrichtung
Letzte Worte im Original: „This is a beautiful country.“
Quelle: unklar
Zitiert nach: Franklin Benjamin Sanborn: The Life and Letters of John Brown, New York 1885, S. 539
John Brown war die prominenteste Figur im bewaffneten Kampf gegen die Sklaverei in Amerika. Für viele in den Nordstaaten war er ein Held, für die Südstaatler ein Verbrecher, ein Mörder und Verräter. Er wurde in Virginia hingerichtet, und sein Tod trug mit dazu bei, dass es zum amerikanischen Bürgerkrieg kam.
Wie starb er?
Wirklich in Erscheinung trat John Brown erst mit Mitte fünfzig. Dabei war er schon zwanzig Jahre im Kampf gegen die Sklaverei aktiv. Doch inzwischen war ihm bewusst geworden, dass der Kampf nichts erreichen würde, führte man ihn ohne Waffen. Ende Mai 1856 tötete Brown, der gebürtig von der Ostküste kam, in einer Kleinstadt in Kansas zusammen mit ein paar Gleichgesinnten fünf Männer, die wiederum zuvor fünf Sklavereigegner umgebracht hatten. Es gelang nicht, Brown dafür zur Rechenschaft zu ziehen.
Das war drei Jahre später freilich ganz anders. Im Oktober 1859 wollte John Brown mit 21 Männern, darunter sechs Schwarze und Browns Söhne, ein Waffenlager der Armee in Harpers Ferry, Virginia, überfallen, um einen bewaffneten Massenaufstand der Sklaven auszurüsten. Die so entstehende Armee sollte immer weiter wachsen, so der Plan, bis im gesamten Süden die Pro-Sklaverei-Aktivisten beseitigt und alle Sklaven befreit würden. Letztlich lag es wohl an der mangelnden Beteiligung der Sklaven, dass der Plan fehlschlug. Niemand schloss sich den Guerilleros an, fast alle seine Männer |64| starben, und der Rest wurde von der US Army gefangengenommen. Brown wurde in Charles Town, Virginia (heute: West Virgina), wegen mehrfachen Mordes, Anstiftung zur Revolte und Hochverrats zum Tode verurteilt und am 2. Dezember 1859 gehängt.
Nach seinem Tod wurde bei den Nordstaatentruppen der Marsch „John Brown’s Body“ populär, der auf Browns Hinrichtung anspielte und in dem es hieß: „John Browns Körper verrottet im Grab / Seine Seele marschiert weiter.“ Die Melodie ist heute noch zu hören: als „Battle Hymn of the Republic“ („Glory, glory, hallelujah!“).
Die letzten Worte
Der Journalist Franklin Sanborn aus Boston hatte John Brown 1856 kennengelernt, und er gehörte zu einem geheimen Komitee aus sechs Männern, die Browns Aktivitäten finanziell unterstützten. Er war es auch, der Browns letzte Worte vor der Hinrichtung festgehalten hat. Jener blickte in die Ferne und sagte: „Dies ist wirklich ein schönes Land.“ Ein simpler Satz, aber vielleicht drückt er dennoch genau das aus, was John Brown im Inneren angetrieben hat: Amerika war eigentlich ein schönes Land – doch es hätte noch viel schöner sein können, hätte es nicht die Sklaverei gegeben, die jedem normal fühlenden Menschen einfach die Wut in den Bauch treiben musste. Ein wahrer Schandfleck in einem „wirklich schönen Land“.
Als er vor Gericht stand, war John Brown in den Nordstaaten bereits zu einem Helden der Abolitionismus-Bewegung geworden. Was er hatte durchführen wollen, hatte sich bislang niemand getraut, und er war auch der Erste, der für den bewaffneten Kampf der Sklaven plädierte. Der fehlgeschlagene Aufstand war letztlich eines der Puzzleteile, die zum Ausbruch des amerikanischen Bürgerkriegs im April 1861 führten. Insofern hatte John Brown letztlich doch einen Anteil daran, dass die Sklaverei in Nordamerika endlich abgeschafft wurde, wenn auch erst nach einem Krieg mit über 600 000 Toten. John Brown sollte also Recht behalten: Der Kampf gegen die Sklaverei musste ein bewaffneter sein. 1865 wurde die Sklaverei nominell abgeschafft und rund vier Millionen Sklaven in die Freiheit entlassen. Doch auch noch über 100 Jahre später mussten Schwarze in den USA für ihre Rechte kämpfen.
|65| Karl Marx
„Letzte Worte sind für Narren, die noch nicht genug gesagt haben.“
Wahrheitsgehalt: 70 %
Voller Name:
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