Seherin von Kell
reinste Freude für einen Einbrecher.«
»Man kann sich darauf verlassen, daß Silk es so sieht.« Durnik lä-
chelte. Er trug seine übliche Kleidung, aber er hatte Toth seine Axt gegeben, während er selbst mit dem Schmiedehammer bewaffnet war, mit dem er den Dämon Nahaz vertrieben hatte.
»Die Prophezeiungen führen uns wieder an der Nase herum«, brummte Beldin gereizt. »Aber zumindest sieht es so aus, als hätten wir vergangene Nacht die richtige Entscheidung getroffen. Ein guter, dicker Nebel macht Schleichen fast unvermeidlich.« Beldin sah aus wie immer: zerlumpt, schmutzig und sehr häßlich.
»Vielleicht wollen sie uns nur helfen«, meinte Sammet. Sie hatte al-le schockiert, als sie vor einer halben Stunde die Kajüte betreten hatte. Sie trug hautenge Lederkleidung ähnlich der, wie die nadrakische Tänzerin Vella sie vorgezogen hatte. Es war eine eigenartig männliche Gewandung, aber auf düstere Weise praktisch. »Sie haben viel getan, um Zandramas zu helfen. Vielleicht wollen sie zur Abwechslung einmal uns helfen.«
Hat sie recht? fragte Garion die Bewußtheit, die seinen Geist mit ihm teilte. Helft ihr uns ausnahmsweise einmal, du und dein Gegenspie-ler?
Wofür hältst du uns, Garion? Niemand hat irgend jemandem geholfen.
Das ist in dieser Phase des Spieles nicht erlaubt.
Woher kommt der Nebel dann?
Woher kommt Nebel üblicherweise?
Wie soll ich das wissen?
Habe ich auch nicht erwartet. Frag Beldin. Er kann es dir wahrscheinlich erklären. Der Nebel da draußen ist absolut natürlich.
»Liselle«, sagte Garion, »ich habe mich gerade mit meinem Freund unterhalten. Den Nebel verdanken wir nicht irgendwelchen Spiel-chen. Er ist die natürliche Folge des Sturms.«
»Wie enttäuschend!« sagte sie.
Ce'Nedra war an diesem Morgen fest entschlossen gewesen, eine Dryadentunika zu tragen. Garion war jedoch eisern geblieben und hatte es nicht zugelassen. So war sie schließlich in ein einfaches graues Wollgewand geschlüpft. Sie war ganz offensichtlich bereit für den Kampf. Garion vermutete, daß sie wenigstens ein Messer irgendwo in ihrer Kleidung versteckt hatte. »Warum gehen wir es nicht endlich an?« fragte sie ungeduldig.
»Weil es noch dunkel ist«, erklärte ihr Polgara geduldig. »Wir müssen zumindest auf ein bißchen Tageslicht warten.« Polgara und ihre Mutter trugen fast gleiche, einfache Gewänder, das Kleid Polgaras war grau, das Poledras braun.
»Garion«, sagte Poledra, »lauf doch in die Kombüse und gib Bescheid, daß wir jetzt frühstücken möchten. Wir sollten alle etwas essen, denn ich bezweifle, daß wir mittags Zeit dafür haben werden.« Poledra saß neben Belgarath, und die beiden hielten einander fast unbewußt an der Hand. Garion ärgerte sich ein wenig über ihren Befehl. Schließlich war er ein König und kein Laufbursche. Da wurde ihm bewußt, wie dumm er sich benahm, und stand auf.
»Ich gehe, Garion«, sagte Eriond. Es war fast, als hätte der blonde Jüngling die Gedanken seines Freundes gelesen. Eriond trug dieselbe einfache braune Bauernkleidung wie immer und nichts, was einer Waffe ähnlich sah.
Als der junge Mann die Kajüte verließ, fragte sich Garion verwundert, weshalb er so auf das Äußere seiner Gefährten achtete. Er kannte sie schließlich lange genug und hatte die Kleidung, die sie an diesem Morgen trugen, oft genug gesehen, daß sie ihm gar nicht auffallen sollte. Mit schrecklicher Gewißheit wurde es ihm plötzlich klar. Einer von ihnen würde heute sterben, und er prägte sie sich alle ein, damit er sich bis an das Ende seiner Tage an den würde erinnern können, der das Opfer brachte. Er blickte Zakath an. Sein malloreanischer Freund hatte sich den kurzen Bart abgeschabt. Seine von Natur aus leicht bräunliche Haut war nicht mehr bleich, sondern jetzt von einer tiefen gesunden Sonnenbräune, von den etwas helleren Flecken an Kinn und Backen abgesehen. Er trug jetzt einfache Kleidung wie Garion, da sie beide, sobald sie das Riff erreichten, ihre Panzerrüstung anziehen würden.
Toth mit dem unbewegten Gesicht war gekleidet wie immer: Len-dentuch, Sandalen, die ungebleichte Wolldecke über eine Schulter geschlungen. Aber im Gegensatz zu sonst hielt er nicht seinen schweren Stab, sondern hatte Durniks Axt auf dem Schoß liegen.
Die Seherin von Kell war unverändert. Ihr weißer Kapu-
zenumhang schimmerte, und ihre Augenbinde bedeckte faltenlos wie immer die Augen. Garion fragte sich müßig, ob sie die Binde beim Schlafen wohl abnahm. Da
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