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Sehnsucht der Unschuldigen

Sehnsucht der Unschuldigen

Titel: Sehnsucht der Unschuldigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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heißt?«
    Ein Lächeln huschte über ihre Lippen. »Nein, aber du wirst es mir sicher gleich sagen.«
    »Tja, dieser Eustis ist ein Urururururgroßonkel von mir.
    Hoffentlich habe ich mich nicht verzählt. Er führte Sweetwater zwischen 1842 und 1866, und alles gedieh unter seinen Händen.
    Nicht nur die Baumwolle. Er hatte sechs Kinder. Sechs eheliche genauer gesagt und ein gutes Dutzend andere. Er soll die Sklavinnen gerne beglückt haben, sobald sie ins richtige Alter kamen. Das heißt, wenn sie dreizehn oder vierzehn waren.«
    »Wie abscheulich! Und nach so einem habt ihr das Gelände benannt?«
    »Ich bin noch nicht fertig.« Tucker hielt inne, um sich eine halbe Zigarette anzuzünden. »Bewundernswert war Eustis wahrlich nicht unbedingt. Ohne mit der Wimper zu zucken hat er seine Kinder – die dunkelhäutigen versteht sich – auf dem Sklavenmarkt verkauft. Seine Frau, eine strenggläubige Katholikin, wollte ihn vor dem Höllenfeuer retten und lag ihm ständig in den Ohren, er solle doch seine Sünden bereuen. Aber sie mochte predigen, soviel sie wollte, dem Ruf der Natur war kein Kraut gewachsen.«
    »Natürlich soll das gewesen sein?«
    »Für Eustis jedenfalls. Eines Tages türmte eine von den jungen Sklavinnen. Das Baby, das sie von Eustis hatte, nahm sie mit. So etwas paßte Eustis natürlich überhaup t nicht. Er hetzte Männer mit scharfen Hunden hinter ihr her und schwang sich höchstpersönlich aufs Pferd. Auf diesem Feld hat er sie erblickt.
    Er ließ die Peitsche knallen und gab seinem Pferd die Sporen.
    Das Mädchen hätte nicht den Hauch einer Chance gehabt wenn nicht sein Pferd gescheut hätte. Keiner weiß, warum es sich auf die Hinterbeine stellte. War es eine Schlange oder gar der Abgrund der Hölle, der sich vor ihm auftat – jedenfalls brach er sich das Genick.« Tucker zog noch einmal an seiner Zigarette, dann trat er sie aus. »Das war genau an der Stelle, wo jetzt das Riesenrad steht. Findest du nicht auch, daß das irgendwie zu seinem Leben paßt? Und jetzt trampeln all die Leute, ob Schwarze oder Weiße, von denen bestimmt nicht wenige ein, zwei Tropfen von Eustis’ Blut in den Adern haben, über das Feld, auf dem sein Schöpfer ihn zu sich geholt hat.«
    Caroline lehnte den Kopf an seine Schulter. »Und was ist aus dem Mädchen und dem Baby geworden?«
    »Das ist das Komische an der Geschichte. Außer ihm hat keiner sie je gesehen. Und sie tauchten auch nie wieder auf.«
    Caroline sog den Duft von gebrannten Mandeln ein. »Jetzt hätte ich Lust aufs Riesenrad.«
    »Gute Idee. Und danach gewinne ich ein paar Elvisposter für dich, wenn du willst.«
    Lachend hakte sie sich bei ihm ein. »Du hast wieder mal gewonnen.«
    »Diese Miss Lulu«, sagte Jim und lutschte genüßlich an seinem Eis. »Die ist schon eine Nummer.«
    Cy wischte sich den roten Fruchtsaft aus dem Mundwinkel.
    Voller Bewunderung sah er zu, wie sie ihren Wagen elegant durch den Autoscooter steuerte. »Einmal bin ich in ihr Zimmer geplatzt, da machte sie gerade einen Kopfstand.«
    »Warum denn das?«
    »Damit ihre grauen Zellen mit Blut versorgt werden und sie nicht senil wird, hat sie gesagt.«
    Jim biß grinsend in die Waffel. »Meine Oma sitzt meistens im Sessel und strickt.«
    Sie schlenderten über den Rummelplatz. Hier und da blieben sie stehen und beobachteten, wie Bälle geworfen, Pfeile geschleudert oder Glücksräder gedreht wurden. An der Schießbude versuchten sie beide für einen Vierteldollar ihr Glück. Jim gewann eine Gummispinne und Cy eine Plastikpfeife.
    Für einen kurzen Moment bannte Madame Voltura ihr Interesse, von der angeblich eine Spannung von tausend Volt ausging. Zum Beweis leuchteten und zischten an ihrem kurvenreichen Körper Birnen in allen möglichen Farben.
    »Ach, da steckt bestimmt ein Trick dahinter«, meinte Cy und blies kräftig in seine Pfeife.
    »Wahrscheinlich Batterien.«
    Cy bohrte mit der Schuhspitze im Lehm herum. »Jimmy, darf ich dich was fragen?«
    »Klar.«
    »Ich hab’ mir überlegt… Na ja, wie war das für dich, als du diesem John Thomas Bonny das Messer in die Schulter gerammt hast?«
    »Da hab’ ich nicht viel nachgedacht. Ich war noch ganz benommen, und in meinen Ohren hat es richtig gedröhnt. Ich hab’ Lucy im Kleiderschrank versteckt, wie Mama es mir aufgetragen hat. Ich hatte keine Ahnung von dem, was sie meinen Eltern antun wollten.«
    »Wollten sie… wollten sie deinen Daddy wirklich aufknüpfen?«
    »Sie hatten ein Seil und Gewehre dabei.« Das brennende

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