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Sehnsucht der Unschuldigen

Sehnsucht der Unschuldigen

Titel: Sehnsucht der Unschuldigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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Schönheit.«
    »Du Schwerenöter.« Kichernd boxte sie ihm in den Arm.
    »Laß dich ansehen. Du siehst deiner Mutter ähnlicher als sie selbst. He, du da! Komm mal her, damit ich dich sehen kann!«
    Sie winkte Caroline mit einem knochigen Finger zu sich herüber.
    »Verschreck sie mir aber nicht«, mahnte Tucker.
    »Darf ich vorstellen? Tante Lulu, das ist Caroline Waverly.«
    »Waverly. Waverly. Aus der Gegend stammt sie aber nicht.«
    Sie musterte Caroline neugierig von oben bis unten.
    »Und dein Typ ist sie auch nicht. Du magst sie doch sonst mit einem Riesenbalkon.«
    »Oh, danke für das Kompliment«, erwiderte Caroline nach einigem Überlegen.
    »Eine Yankee!« kreischte Tante Lulu.
    »Mich laust der Affe, eine Yankee!«
    »Nur zur Hälfte«, erklärte Tucker hastig.
    »Sie ist Miss Ediths Enkelin.«
    Lulus Augen verengten sich. »Edith McNair?«
    »Richtig, Ma’am. Ich verbringe den Sommer im Haus meiner Großeltern.«
    »Sind die nicht erst kürzlich gestorben? Aber sie waren beide Mississippier von echtem Schrot und Korn. Das ist schon mal etwas. Sind deine Haare echt, Mädchen, oder ist das eine Perücke?«
    »Meine…« Automatisch griff sich Caroline an den Kopf. »Das sind meine Haare, warum?«
    »Schön. Leuten mit falschen Haaren traue ich nämlich genausowenig wie Yankees. Tucker, du trägst meine Koffer ins Haus. Und dann bringst du mir einen Brandy. Außerdem mußt du Talbot anrufen, weil ich einen neuen Auspuff brauche. Der alte ist irgendwo auf dem Highway liegengeblieben.« Kurz vor der Veranda blieb sie stehen. »Was ist mit dir, Mädchen?«
    »Ich… ich wollte mich gerade verabschieden.«
    »Tucker, erklär dem Mädchen, daß Yankees gefälligst mit mir zu trinken haben, wenn ich ihnen schon was anbiete.« Sagte es und polterte mit ihren Springerstiefeln die Stufen hinauf.
    »Die ist schon ein Original, was?« rief Tucker und drehte noch den laufenden Motor ab.
    »Das stimmt«, entgegnete Caroline und beschloß, den Brandy anzunehmen. Sie hatte ihn bitter nötig.

12
    Der Schweiß floß in Strömen an Cy Hatinger herunter. Selbst unter den Achseln, wo er früher nie geschwitzt hatte, troff es.
    Das lag natürlich an den Haaren, die dort seit neuestem sprossen. Zwischen den Beinen wuchsen ihm jetzt auch welche.
    Teils war er stolz darauf, teils war es ihm ungeheuer peinlich.
    Daß er so schwitzte, lag nicht nur an der bereits glühenden Vormittagshitze, es hatte auch mit seiner Aufregung und Angst zu tun. Wenn sein Vater erführe, wohin er unterwegs war, würde es Hiebe hageln. Da half auch die Gewißheit nichts, daß er im Gefängnis saß. Bei allem, was Cy tat, waren Schuldgefühle sein Begleiter.
    Dabei wollte er nur bei den Longstreets um Arbeit bitten.
    Doch selbst seiner Mutter hatte er dieses Geheimnis nicht anvertraut. Die saß nur den ganzen Tag mit verweinten Augen vor dem Fernseher. Trost schien sie allein bei den Fernsehpredigern zu finden, die mit sonorer Stimme wider Sünde und Verfehlungen wetterten und gegen großzügige Spenden die Erlösung versprachen.
    Einmal war Cy fürchterlich erschrocken, denn der Fernsehprediger hatte plötzlich die Züge seines Vaters angenommen und ihm mit seinen allwissenden Augen ins Gesicht gestarrt.
    »Du hast ja Haare zwischen den Beinen, Kerl!« hatte er ihn angeherrscht. »Und sündige Gedanken im Kopf. Von da ist es zur Hurerei nicht mehr weit! Ich sage dir, du hast ein Teufelswerkzeug zwischen den Beinen!«
    Aber sein Vater konnte ihn ja gar nicht sehen. So schnell würde er aus dem Gefängnis nicht herauskommen. Da erging es ihm nicht besser als A. J. Sein ältester Bruder war von Laden-zu Autodiebstahl übergewechselt und verbüßte nun eine mehrjährige Haftstrafe. Als die Zellentür hinter ihm ins Schloß gefallen war, hatte sein Vater gebrüllt, daß er von nun an keinen Sohn mit dem Namen Austin Joseph mehr habe. Nun, da er ebenfalls einsaß, fragte Cy sich, ob das nun bedeutete, daß er nun keinen Vater mehr habe. Diese Vorstellung erleichterte ihn nur kurz. Schon wieder packten ihn Schuldgefühle.
    Aber Cy wollte sich nicht mehr mit seinem Vater beschäftigen. Er wollte an den Job bei den Longstreets denken.
    Seine Mutter hätte ihm den Gang nach Sweetwater bestimmt verboten. Und dabei wäre ihr Gesicht kreidebleich geworden. So sah sie auch immer aus, wenn sein Daddy zu ihrer Bestrafung schritt.
    Was für Sünden hatte seine Mutter eigentlich begangen, daß sie zeitlebens dafür büßen mußte?
    Und wenn blaue Augen und

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