Sehnsucht nach Geborgenheit
als sich selbst. Leider liebte sie auch Jack und Kassie und sehnte sich danach, sie in den Armen zu halten.
Sie saß gerade am Schreibtisch und sortiere die Papiere, die sie brauchte, um Mutterschaftsurlaub zu beantragen, als ihre Sekretärin sich über die Sprechanlage meldete.
„Es ist eine Miss Diane Erickson aus Washington."
„Danke, Lynn." Liz nahm den Hörer ab und begrüßte ihre ehemalige Mandantin herzlich. „Wie läuft es denn? Ist schon entschieden, was aus Samantha wird?"
„Deshalb rufe ich an", erwiderte Diane aufgeregt. „Heute Nachmittag ist das Urteil ergangen. Und ich habe gewonnen! Ich darf meine Tochter behalten!"
„Ich freue mich ja so für Sie!" Liz strahlte. „Sie haben es wirklich verdient."
„Meine Anwältin hat mir erzählt, dass Sie ihr von Kalifornien aus bei der Berufung geholfen haben. Dafür möchte ich mich bedanken."
Zu Liz' Erstaunen rief ein paar Minuten später Jack an. Sie hatte seit Monaten nichts mehr von ihm gehört.
„Hat Diane Erickson dich schon angerufen?" fragte er.
Das Baby trat gegen ihre Bauchdecke. Vermutlich fühlte es, wie heftig ihr Herz schlug. „Ja, gerade eben."
„Nun ja, ich wollte dir gratulieren. Ich weiß von Karen Greene, dass du den Berufungsantrag geschrieben und ihr auch sonst geholfen hast."
„Danke." Etwas anderes fiel Liz nicht ein. Sie zögerte. „Wie geht es Kassie?"
,,Sie wächst und wächst. Und gestern wollte sie den Schlüssel für den Rasenmäher haben, um selbst zu fahren", berichtete er lachend. „Sie ist jetzt sechsundzwanzig Monate alt. In der nächsten Woche feiern wir den Jahrestag ihrer Ankunft. Könntest du herkommen? Ihren Geburtstag im Januar hast du ja leider verpasst."
„Ich glaube nicht, dass ich kommen kann."
Was ist los? dachte Jack. Hat sie Angst, mich zu sehen?
Er probierte es noch einmal. „Zum Glück hat die Vermittlung mir abgenommen, dass du zeitweilig an der Westküste arbeitest.
Aber das könnte sich ändern, wenn du in sechs bis acht Wochen nicht zur abschließenden Besprechung hier bist. Der Direktor und die Sozialarbeiterin könnten peinliche Fragen stellen."
Ich kann nicht schwanger nach Washington zurückkehren, dachte Liz verzweifelt. Oder als junge Mutter mit einem Säugling auf dem Arm. „Es wird nicht gehen, Jack", sagte sie mit echtem Bedauern. „Ich habe viel zu tun. Ich fürchte, du wirst es allein schaffen müssen."
Eine Minute später verabschiedeten sie sich voneinander.
Jack starrte auf den Hörer. Er glaubte nicht, dass Liz schon einen anderen Mann hatte. Im Gegensatz zu Sharon war sie eine Frau, die sich an Vereinbarungen hielt. Plötzlich dachte er an seine sechstägige Geschäftsreise nach Seattle, bei der es um eine Schadensersatzklage in Millionenhöhe ging. Vielleicht sollte er einen Abstecher nach Los Angeles machen.
Er schaltete die Sprechanlage ein. „Frances", sagte er zu seiner Sekretärin. „Bitte rufen Sie die Fluggesellschaft an ..."
Vielleicht konnte er Liz überreden, ihrer Ehe eine zweite Chance zu geben. Er würde ihr eine volle Partnerschaft in seiner Kanzlei anbieten, obwohl sie, was Scheidungen und
Sorgerechtsfälle betraf, ganz andere Ansichten vertrat als er.
Möglicherweise ändere ich mich ja, dachte er lächelnd und freute sich irgendwie darauf.
Gegen zwei Uhr morgens pazifischer Zeit erwachte Liz, als sie Feuchtigkeit an ihren Beinen fühlte. Erstaunt stellte sie fest, dass das Bettlaken durchnässt war. Sie begriff sofort, was das bedeutete, denn sie hatte genug Ratgeber für werdende Mütter gelesen und zusammen mit einer Nachbarin einen Kurs in Geburtsvorbereitung gemacht. Ihre Fruchtblase war geplatzt, und die Wehen konnten jeden Moment einsetzen.
„O nein!" rief sie. „Bitte ... nicht. Nicht jetzt! Mein kleines Mädchen ist noch nicht soweit!"
In diesem Moment spürte sie den ersten Schmerz. Er begann im Unterbauch und erreichte die Rippen, bevor er wieder nachließ.
Wäre doch nur Jack hier, dachte sie und setzte sich auf den Stuhl neben dem Nachttisch, um Cristina Johnson anzurufen. Die angehende Architektin, die drei Türen weiter wohnte, meldete sich nach dem dritten Läuten.
„Ich bin es", sagte Liz. „Kannst du herkommen? Ich glaube, die Wehen haben eingesetzt."
Jack startete um 5 Uhr 45 morgens östlicher Zeit vom Dulles International Airport in Washington nach Atlanta. In seiner Innentasche steckten die Tickets für den Weiterflug nach Los Angeles und von dort nach Seattle. Es war Samstag.
Er machte es sich in
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