Sehnsucht nach Geborgenheit
„Obwohl ich es nicht garantieren kann und er sich mir auch nicht anvertraut hat, bin ich ziemlich sicher, dass du überrascht sein wirst. Dass er sie noch nicht ausgesprochen hat, bedeutet noch lange nicht, dass er keine Gefühle für dich empfindet."
Liz war nicht so sicher. Ihre Zweifel hatten sich auch dann noch nicht gelegt, als sie und ihre Mandantin sich am Montagmorgen mit Jack und dessen Mandanten zu einem Schlichtungsgespräch trafen.
Wie erwartet, brachte das Treffen keine Versöhnung. Mary-Cate Conver war überzeugt, dass ihr Mann seit längerem eine Geliebte hatte und sie sofort nach der Scheidung als Stiefmutter präsentieren würde. Liz schlug den beiden vor, noch einmal ernsthaft darüber nachzudenken, was sie wirklich wollten. Ihnen Ratschläge zu erteilen war erst dann sinnvoll, wenn sie bereit waren zuzuhören.
Irgendwann, nachdem sie ihrem Mann zum wiederholten Mal Untreue vorgeworfen hatte, stürmte Mary-Cate aus dem Raum.
Liz warf Jack einen Blick zu und zuckte mit den Achseln. „Wir sehen uns im Richterzimmer", sagte sie, als wäre ihr der Ausgang des Verfahrens egal.
Jack fragte sich, was sie vorhatte.
Um vier Uhr nachmittags kamen die Beteiligten in Richterin Kaplans Amtszimmer zusammen. Jack beantragte, seinem Mandanten das Sorgerecht zuzusprechen.
„Er ist als Erziehungsberechtigter geeignet, weil er mehr Zeit für die Kinder hat und bereit ist, sie mit ihnen zu verbringen", führte er aus. „Seit ihrer Geburt hat er sich stets um sie gekümmert, wenn sie nicht im Kindergarten oder in der Schule waren. Seine Ehefrau kam mit fortschreitender beruflicher Karriere immer später heim und schob sich gegen zehn oder elf Uhr ein Fertiggericht in die Mikrowelle. David Haynes hat freiwillig weniger gearbeitet und dann sogar die Stelle gewechselt, um seine Kinder abzuholen, ihnen bei den Hausaufgaben zu helfen, Essen zu machen und sie ins Bett zu bringen..."
Im Herzen bewunderte Liz den Vater für die Opfer, die er gebracht hatte. Als Mutter wusste sie, wie schwer Kinder und Beruf zu vereinbaren waren, doch als Anwältin musste sie die Interessen ihrer Mandantin vertreten.
„Die Untreue des Ehemanns verrät viel über seinen Charakter", hielt sie dagegen.
„Mein Mandant bestreitet energisch, eine außereheliche Beziehung geführt zu haben", protestierte Jack.
Sie stritten sich noch zwanzig Minuten lang, bis die Richterin genug gehört hatte. „Ich habe noch einen anderen Termin", sagte sie. „Wenn Sie einverstanden sind, vertagen wir uns auf morgen um fünfzehn Uhr."
Die beiden Mandanten eilten davon. Jack wollte Liz gerade vorschlagen, noch etwas zusammen zu trinken, da hörte er ein eigenartiges Klappern aus ihrem Aktenkoffer kommen.
„Was ist das denn?" sagte er erstaunt.
Eins von Ardens Spielzeugen musste umgefallen sein. Wenn Jack es sah, würde er Fragen ohne Ende stellen. „Ein Spielzeug für Kassie", antwortete Liz rasch.
„Komm doch heute Abend mit und gib es ihr selbst."
„Ich kann nicht." Sie wollte nach Hause und Arden stillen, denn ihre Brüste schmerzten bereits. „Ich bin verabredet."
Aus lauter Verzweiflung tat Jack an diesem Abend etwas, das er noch nie getan hatte. Er rief seine Mutter an und bat sie um Rat.
„Sie will weder mit mir ausgehen noch auf die Farm kommen ...
nicht einmal, um Kassie zu besuchen. Und ich darf sie auch nicht in Georgetown besuchen..."
Rosemary wollte ihrem Sohn helfen, aber auch nichts von dem verraten, was Liz ihr anvertraut hatte. „Ich kann nicht viel sagen, weil ich ihr meine Verschwiegenheit zugesichert habe. Ich kann dir nur raten, zu ihr zu gehen. Noch heute Abend."
Jack zog seine Jacke an, bat Eloise, Kassie ins Bett zu bringen, und eilte zum Wagen. Eine Stunde später stand er vor Liz' Tür.
Maria öffnete. „Kann ich Ihnen helfen?"
Jack hatte das Gefühl, die junge Frau schon mal gesehen zu haben. Aber er kam nicht dazu, darüber nachzudenken, denn aus dem Wohnzimmer kam der kurze Protestschrei eines Babys, denn Liz legte Arden gerade an die andere Brust. Jack stand sprachlos da, als ihm tausend Lichter aufgingen.
Liz hatte sein Kind empfangen und zur Welt gebracht.
12. KAPITEL
Jack ignorierte Marias schüchternen Protest und ging an ihr vorbei ins Wohnzimmer. Liz saß im Schneidersitz in ihrem Ledersessel, und die Haare fielen ihr ins Gesicht, als sie sich vorbeugte, um ein Baby zu beruhigen. Der Anblick des an ihrer Brust saugenden Kindes, ihr glücklicher Gesichtsausdruck und das zufriedene Seufzen des
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