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Sehnsucht nach Leben

Sehnsucht nach Leben

Titel: Sehnsucht nach Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margot Kaeßmann
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und hätte die Liebe nicht, so wäre ich nichts. Und wenn ich alle meine Habe den Armen gäbe und ließe meinen Leib verbrennen und hätte die Liebe nicht, so wäre mir’s nichts nütze. Die Liebe ist langmütig und freundlich, die Liebe eifert nicht, die Liebe treibt nicht Mutwillen, sie bläht sich nicht auf, sie verhält sich nicht ungehörig, sie sucht nicht das Ihre, sie lässt sich nicht erbittern, sie rechnet das Böse nicht zu, sie freut sich nicht über die Ungerechtigkeit, sie freut sich aber an der Wahrheit; sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie duldet alles. Die Liebe hört niemals auf, wo doch das prophetische Reden aufhören wird und das Zungenreden aufhören wird und die Erkenntnis aufhören wird. Denn unser Wissen ist Stückwerk, und unser prophetisches Reden ist Stückwerk. Wenn aber kommen wird das Vollkommene, so wird das Stückwerk aufhören. Als ich ein Kind war, da redete ich wie ein Kind und dachte wie ein Kind und war klug wie ein Kind; als ich aber ein Mann wurde, tat ich ab, was kindlich war. Wir sehen jetzt durch einen Spiegel ein dunkles Bild; dann aber von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich stückweise; dann aber werde ich erkennen, wie ich erkannt bin.
    Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die Größte unter ihnen. 1. Korinther 13
    Ich finde großartig, wie diese Worte bis in unsere Zeit anrühren. Von der Liebe Gottes ist im Neuen Testament immer wieder die Rede, wenn auch nicht immer so poetisch wie bei Paulus. Die Grundaussage ist: Gott liebt die Menschen. Und zwar nicht, weil sie sind, wie sie sind, sondern obwohl sie sind, wie sie sind. Gott weiß selbst, wie zerbrechlich und verletzlich die Liebe ist. Gott liebt diese Welt, auch wenn sie ihn immer wieder enttäuscht und nur die zweitbeste aller Welten ist. Gott liebt seinen Sohn, auch wenn die Welt nicht begreift, dass er zu Gott gehört. Jesus liebt die Seinen, die Menschen, die ihm nachfolgen, seine Mutter, seine Geschwister, Jüngerinnen und Jünger, auch wenn sie alle miteinander immer wieder versagen. Am Ende wird er von allen verlassen; nur ein paar wenige Frauen stehen unter dem Kreuz. Aber das ist nicht das Ende der Liebe! Nein, er verweist den besten Freund an die Mutter und die Mutter an den besten Freund. Die Liebe überwindet am Ende allen Verrat, alles Verlassensein, ja, selbst den Tod.
    Was eine solche Liebe bedeutet, habe ich vor allem an meinen Kindern erfahren. Ich hätte nie gedacht, dass es möglich ist, einen Menschen so sehr zu lieben, dass er wichtiger ist als dein eigenes Leben. Nein, dabei es geht nicht um Überbemutterung oder Zwanghaftes. Es geht um Liebe, die den anderen frei liebt, ohne zu verurteilen, zu beurteilen. Egal, ob meine Töchter nach weltlichen Kategorien scheitern oder erfolgreich sind – das ändert nichts an meiner Liebe zu ihnen. Ganz gleich, ob sie meinen Hoffnungen, Erwartungen, Überzeugungen entsprechen – meine Liebe zu ihnen wäre durch nichts infrage gestellt. Das erlebe ich so. Und so verstehe ich auch Gottes Liebe. Gott will Gutes für unser Leben, aber gibt uns auch die Freiheit, es zu leben auf je unsere ganz eigene Weise.
    â€žLiebt ihr mich, so werdet ihr meine Gebote halten“, sagt Jesus (Johannes 14,15). Da geht es nicht um strenge Verhaltensregeln, sondern um Lust und Freude daran, so zu leben, wie Gott es uns vorgibt – in einem Liebesdreieck von Gottesliebe, Nächstenliebe und Selbstliebe. Die Liebe Gottes, die sich in Jesus Christus zeigt, ruft die Liebe hervor, die für uns der Maßstab des Handelns sein soll. All die Gesetzlichkeit, die so oft mit Religion einhergeht, hat mit dieser Freiheit nichts zu tun. Solche Erfahrung der Liebe Gottes ermöglicht ein sensibles Hinschauen, das Kraft entwickelt, sich anderen Menschen offen zuzuwenden. Solche Liebe kann Berge versetzen. Sie kann dazu führen, dass Menschen sich wahrhaftig für andere hingeben: für das Kind, für die alte Mutter, für den Bruder. Sie kann dazu führen, dass Menschen plötzlich Mut zum Handeln bekommen, den sie sich selbst niemals zugetraut hätten.
    Eva Zeller hat dazu wunderbar gedichtet:
    Die Liebe ist lächerlich
    Sie reitet auf einem Esel
    Ã¼ber ausgebreitete Kleider
    Man soll sie hochleben lassen
    mit Dornen krönen
    und kurzen Prozess mit ihr machen
    Sie sucht um Asyl nach
    in den Mündungen

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