Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sehnsucht nach Owitambe

Sehnsucht nach Owitambe

Titel: Sehnsucht nach Owitambe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Mennen
Vom Netzwerk:
zog allemal die Gesellschaft der Inder vor, auch wenn es dort genauso Intrigen und Tratsch gab. Noch etwas ließ sie stutzen. Wie kam diese Person überhaupt dazu, ihren Mann beim Vornamen zu nennen? Als ob die Frau des Chief Commissioner ihre Gedanken erraten hätte, lieferte sie ihr eine Erklärung.
    »Ihr Mann hat Ihnen doch sicherlich erzählt, dass wir in Zukunft noch häufiger miteinander zu tun haben werden?« Lady Gainsworthys Lächeln war wie klebriger Zuckerguss.
    »Noch häufiger?« Jella horchte abermals auf. In ihr schrillten sämtliche Alarmglocken. »Ich wusste nicht, dass mein Mann mit Ihnen zu tun hat!«
    »Hat er Ihnen das nicht erzählt?«, fragte Lady Gainsworthy mit gespieltem Erstaunen. »Fritz – Sie haben doch nichts dagegen, wenn ich ihn so nenne – hat sich bereit erklärt, für unsere Charity nächsten Monat ein Pferderennen zu organisieren. Wir planen das schon seit Wochen.«
    »Nein, das hat er nicht«, schnappte Jella verärgert nach Luft. »Er muss es wohl nicht für besonders wichtig erachtet haben.«
    Lady Gainsworthy ließ ihren Arm los und sah sie mit großen Augen an. »Dann hat er Ihnen auch nicht erzählt, dass wir uns schon seit geraumer Zeit jeden Donnerstagnachmittag bei mir zu Hause austauschen?«
    Jella spürte, wie sie rot wurde. Das war die Höhe. Was spielte die Frau für ein infames Spiel? Um nicht völlig dämlich dazustehen, tat sie so, als wäre sie über alles informiert. »Ach, diese Donnerstagstreffen«, winkte sie betont unbekümmert ab. »Natürlich, jetzt erinnere ich mich wieder.«
    Sie waren mittlerweile an ihrem Tisch angelangt, wo Fritz gut gelaunt auf sie wartete. Am liebsten hätte Jella ihn sofort zur Rede gestellt. Wie konnte er es wagen, sie so zu hintergehen! Stattdessen warf sie ihm einen mörderischen Blick zu. Fritz hob unangenehm berührt eine Augenbraue. Lady Gainsworthy nutzte die Gelegenheit.
    »Ihre reizende Frau hat mir gerade von ihrer interessanten Arbeit erzählt«, behauptete sie und bedachte ihn mit einem verführerischen Augenaufschlag. Fritz lächelte erfreut. »Dann habt ihr euch also etwas angefreundet?«, wandte er sich an seine Frau. Jella kochte noch mehr.
    »Wie man’s nimmt«, antwortete sie patzig.
    »Ich glaube, wir sollten jetzt Platz nehmen.« Fritz verbeugte sich entschuldigend in Richtung Lady Gainsworthy, um dann seiner Frau pflichtschuldig den Stuhl zurechtzurücken. Anschließend nahm er neben ihr Platz.
    »Musstest du wieder so unfreundlich sein?«, fragte er verärgert. »Lady Gainsworthy gibt sich alle Mühe, uns ein wenig in die englische Gesellschaft zu integrieren.«
    »Du weißt, dass ich darauf keinen Wert lege«, zischte Jella böse. Ihr Gegenüber, Sir Gainsworthy, lächelte ihr unterdes freundlich zu.
    »Was für eine nette Idee von Gwyneira, Sie und Ihren Gatten an unseren Tisch zu tauschen«, meinte er augenzwinkernd.
»Von allen Europäern hier in der Stadt, kann man wohl sagen, sind sie wohl die bemerkenswertesten.«
    »Wie meinen Sie das?«, fragte Jella leicht irritiert. »Etwa, weil wir keine Engländer sind?«
    »Ich bitte Sie«, winkte Gainsworthy ab. »Wir Engländer sind ein liberales Volk.«
    »Mein Mann findet es wohl ungewöhnlich, dass Sie beide als einzige Europäer in diesem Bezirk im Dienste von Indern stehen. Sie, Fritz als Tierarzt und Vertrauter des Maharana …« Sie blinzelte ihm zu, während sie ihren Satz, ohne Jella anzusehen, gelangweilt beendete: »… und Sie als Armenärztin.«
    »Der Maharana hat sich schon anerkennend über sie geäußert, liebe Mrs. van Houten«, rettete Sir Gainsworthy die Situation. »Es ist wirklich außerordentlich, was Sie leisten! Bestimmt ist es Ihnen zu verdanken, dass sich die Cholera unter der Bevölkerung nicht weiter ausgebreitet hat.«
    Jella sah den Chief Commissioner erstaunt an. Er schien aus ganz anderem Holz geschnitzt zu sein als seine Frau.
    »Das ist sehr freundlich von Ihnen.«
    Fritz erkundigte sich nach Riccarda.
    »Soviel ich weiß, hat sie ihren Platz bei den jungen Leuten am anderen Ende des Saales. Wahrscheinlich ist sie längst dort«, meinte Jella kurz angebunden.
    Unterdessen wurden von den weiß gekleideten Dienern das Essen aufgetragen und Wein eingeschenkt. Neben den hauptsächlich vegetarischen Gerichten für die indischen Gäste gab es auch Hühnercurry und Wildfleisch mit unterschiedlichen Chutneys, knusprig gebackenes Roti, frisches Naanbrot und Raita, eine mit Minze gewürzte Joghurtsoße. Zum Dessert wurden Kuchen,

Weitere Kostenlose Bücher