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Sehnsucht nach Owitambe

Sehnsucht nach Owitambe

Titel: Sehnsucht nach Owitambe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Mennen
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Puddings und Obstsalate gereicht, die zum Teil frisch flambiert wurden.
    Gainsworthy, der sich ständig über seinen weißen Backenbart strich, widmete sich Jella während des Essens interessiert
und begann sie über ihre Arbeit auszufragen. Anfangs beantwortete sie seine Fragen recht zurückhaltend, aber als sie herausfand, dass der Chief Commissioner ernsthaftes Interesse an ihrer Tätigkeit zeigte, wurde sie ausführlicher und fühlte sich bald ganz in ihrem Element. Lady Gainsworthy missfiel das angeregte Gespräch, weil es bald auch das Interesse der anderen Sitznachbarn auf sich zog. Ziemlich abrupt unterbrach sie Jellas Ausführungen.
    »Darling, du wolltest uns doch erzählen, was der Maharana zu dem Pferderennen gemeint hat«, ermahnte sie ihn. Gainsworthy zuckte unangenehm berührt zusammen, wandte sich jedoch sofort wie eine willenlose Marionette seiner Frau zu und schien Jella von einem auf den anderen Augenblick vergessen zu haben.
    »Natürlich, meine Liebe.«
    Er bedachte seine Frau mit einem verliebten Dackelblick und erzählte ihr und den anderen Tischgenossen, dass der Maharana vorhatte, eine große Tigerjagd abzuhalten, zu der sie alle geladen seien. Der Abschluss sollte dann ein Pferderennen sein, an dem britische gegen rajputhische Reiter antreten würden. Sollte ein britischer Reiter gewinnen, wollte der Maharana den ausgesetzten Preis verdoppeln und einem Wohltätigkeitszweck zukommen lassen. Lady Gainsworthy strahlte und nahm dankend die Glückwünsche der anderen Tischgäste entgegen. Auch Fritz gratulierte ihr und bedachte sie mit einem unanständig langen Blick, wie Jella fand.
    »Darf ich fragen, wofür das Geld der Wohltätigkeitsveranstaltung bestimmt ist?«, fragte sie, nur um nicht weiter darüber nachgrübeln zu müssen, was Fritz an dieser schrecklichen Frau fand. Im Grunde genommen hatte solch eine Veranstaltung ja durchaus etwas Positives. Mit dem eingenommenen Geld konnten Schulen oder Krankenhäuser unterstützt werden.
    »Wir werden das englische College unterstützen«, meinte
Lady Gainsworthy stolz. »Von dem Geld sollen Möbel für ein neues Studierzimmer gekauft werden.«
    »Wie bitte?« Jella war einigermaßen sprachlos. »Das ist wohl nicht Ihr Ernst!«
    Die Gattin des Chief Commissioners sah sie indigniert an. »Was soll das? Ich kann mich nicht erinnern, dass Sie Mitglied in meinem Komitee wären.«
    »Nein, das bin ich nicht«, wehrte sich Jella. »Aber vielleicht ist es mir erlaubt, dazu meine Meinung kundzutun?«
    »Jella, lass es gut sein!« Fritz sah sie eindringlich an. Doch das brachte sie erst recht auf die Palme. Lady Gainsworthy sah Fritz mitleidig an.
    »Aber bitte, mein Lieber, lassen Sie Ihre Frau doch zu Wort kommen«, flötete sie. Jella ließ sich das nicht zweimal sagen.
    »Ich bin der Meinung, dass unser College vermögend genug ist. Außerdem sind die Möbel im Studierzimmer völlig ausreichend und noch ganz in Ordnung. Finden Sie nicht, dass es andere Einrichtungen gibt, die das Geld weitaus notwendiger brauchen? In der einheimischen Schule beim Basar brechen schon die Mauern ein. Die Kinder benötigen dringend Schreibmaterial und gut ausgebildete Lehrer. Oder …«
    Lady Gainsworthy unterbrach sie amüsiert. »Und was bitte geht das uns an? Diese Dinge sind die Angelegenheiten des Maharanas. Er muss sich schon selbst um sein Volk kümmern. Wir haben andere Prioritäten.«
    »Ach ja?« Jellas Augen blitzten herausfordernd. Sie war nicht länger bereit, mit ihrer Meinung hinter dem Berg zu halten. »Wollen Sie damit sagen, dass die indische Bevölkerung die Briten nichts angeht? Gehört das Land denn neuerdings nicht mehr zum britischen Weltreich?«
    »Jella! Du missverstehst Lady Gainsworthy.«
    Fritz versuchte noch einmal, sie zu besänftigen. Aber Jella rückte energisch von ihm ab. »Bist du nun etwa auch dieser
Meinung?«, blaffte sie ihn an. »Jeder, der in diesem Land lebt, trägt eine Verantwortung für seine Mitbewohner. Ich finde es lächerlich, wenn das Geld einer Wohltätigkeitsveranstaltung für neue Möbel verschwendet wird, wenn keine hundert Meter davon entfernt die Menschen hungern müssen und zudem keine Bildung haben.«
    »Das ist impertinent«, schimpfte Lady Gainsworthy. »Die Arbeit als Armenärztin hat Sie wohl völlig um den Verstand gebracht. Ich habe ja immer gesagt, dass so eine Arbeit den Blick auf die Realität verstellt. Sie arme Frau!«
    Jella warf ihre Serviette auf den Tisch. »Das muss ich mir nicht bieten lassen! Wenn

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