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Sehnsucht nach Owitambe

Sehnsucht nach Owitambe

Titel: Sehnsucht nach Owitambe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Mennen
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und das ständige Grübeln vorzeitig hatten altern lassen. In dem Tal vor ihnen tauchte die Farm der Weißens auf. Sie bestand aus mehreren größeren Stallgebäuden und Scheunen und einem hübschen, weiß getünchten Steinhaus mit einer einladenden Terrasse. Eine der Scheunen hatte man leer geräumt und mit Tischen, Stühlen und einem Tanzboden ausgestattet. Helmut Weiß hatte eigens aus Europa ein Grammofon und Dutzende von Schellackplatten kommen lassen, um für die nötige Tanzmusik zu sorgen. Zwischen den Gebäuden hatte man Lampions aufgehängt, die am Abend für eine gemütliche Beleuchtung sorgen würden. Einige Schwarze machten sich bereits ans Anzünden der Feuer, über denen bald Ragouts in gusseisernen Töpfen schmorten, während verschiedene Arten von Wild- und Rindersteaks sowie pikant gewürzte »Boerewors«,
eine spezielle Art von Bratwürsten, auf Rosten gegrillt wurden. Johannes lenkte die Kutsche zu den anderen bereits dort stehenden Fahrzeugen und übergab sie einem der schwarzen Bediensteten, der sich um ihr Pferd kümmern würde. Raf fael war bereits vom Kutschbock gesprungen, um Imelda herauszuhelfen, als lautes Motorengeräusch die Aufmerksamkeit aller auf sich zog. In flottem Tempo glitt ein eleganter, grüner Bugatti durch die Einfahrt und kam mit scharfem Bremsen genau vor der Terrasse des Wohnhauses zum Halten. Eine riesige Staubwolke hüllte die umstehenden Gäste ein und reizte sie zu missfälligem Husten. Als sich der Staub wieder legte, entstieg Rüdiger von Nachtmahr mit seinem gewohnt arroganten Lächeln dem Automobil. Er zog sich die feine Antilopenlederkappe vom Kopf und marschierte schnurstracks, ohne sich um die beiden anderen Insassen zu kümmern, auf den Gastgeber Helmut Weiß zu. Die Jahre hatten dem Baron nicht viel anhaben können. Die Bewegungen des mittelgroßen Mannes waren immer noch geschmeidig und raubtierhaft. Sein Haar war mittlerweile schlohweiß geworden, was in seltsamem Kontrast zu den dichten, immer noch schwarzen Augenbrauen und dem pechschwarz gefärbten Schnurrbart stand.
    Raffaels Herzschlag beschleunigte sich, als er Sonja und ihre Mutter Isabella aussteigen sah. Sonja hatte ihre langen weizenblonden Haare zu einer halblangen modischen Frisur schneiden lassen, was sie damenhafter erscheinen ließ. Sie trug ein knielanges, gerade geschnittenes Charlestonkleid aus hellblauem Satin mit dunkelblauen Fransen. Die wohlwollende Aufmerksamkeit der vielen Leute schien ihr unangenehm zu sein, denn sie vermied verlegen jeglichen Augenkontakt. Ihre Mutter Isabella trug ein schlichtes, wenn auch teures, zartgelbes Sommerkleid, das ihre zerbrechliche Erscheinung noch ätherischer wirken ließ. Sie lächelte unsicher in die Menge, aber jeder, der sie genauer kannte, sah, dass ihr Lächeln nur gespielt war. Raffael
kämpfte mit dem Wunsch, sofort zu Sonja zu gehen. Sie sah ihn nur einmal kurz an und folgte dann ihrer Mutter auf die Terrasse, wo ihr Vater mit Helmut Weiß ins Gespräch vertieft war.
    »Das sieht dem Baron mal wieder ähnlich«, knurrte Johannes ungehalten. »Hält sich immer noch für was Besseres, obwohl seine Farm alles andere als erfolgreich ist.« Er spielte darauf an, dass Nachtmahr zwar auch in die vielversprechende Schafzucht eingestiegen war, aber im Gegensatz zu vielen anderen Farmern hartnäckig deutsche Heidschnucken züchtete, anstatt auf die wesentlich robusteren Karakulschafe zu setzen. Zwar war der Wollertrag von Karakulschafen geringer als der von anderen Schafrassen, dafür war das Fell der Lämmer umso wertvoller. Die Schafe stammten ursprünglich aus Buchara in Persien und aus Usbekistan und lieferten als Lämmer das begehrte Persianerfell. Mittlerweile war die Qualität der afrikanischen Felle fast gleichwertig mit den persischen, aber um einiges günstiger, auch wenn ein Mutterschaf pro Jahr nur ein Lamm zur Welt brachte. Immerhin waren die Schafe zäh und hatten sich prächtig an das Wüstenklima gewöhnt, während Nachtmahrs Heidschnucken eingingen wie die Fliegen.
    Rajiv klopfte Johannes freundschaftlich auf die Schulter. »Nicht jeder ist so ein umsichtiger Mann wie du. Aber sieh mal, nicht alles an deinem Nachbarn ist schlecht. Seine Tochter zum Beispiel ist zu einem ausgesprochen hübschen Mädchen herangewachsen. Oder, was meinst du, Raffael?« Er zwinkerte dem jungen Mann verschwörerisch zu.
    »Untersteh dich, meinem Jungen Flausen in den Kopf zu setzen«, donnerte Johannes. »Alles, was aus diesem Hause kommt, bringt nur

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