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Sehnsucht nach Owitambe

Sehnsucht nach Owitambe

Titel: Sehnsucht nach Owitambe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Mennen
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zudem noch beleidigt. Als sie endlich in den frühen Morgenstunden in einen unruhigen Schlaf fiel, wiederholte sich der Traum, den sie schon einmal in Indien gehabt hatte.
    Sie sah die blauvioletten Tafelberge mit ihren schroffen, zerklüfteten Felswänden. Dieses Mal schwebte sie nicht über ihnen, sondern sie befand sich inmitten einer engen Bergschlucht, als sie den jungen, nicht allzu dunkelhäutigen Mann an der Wasserstelle entdeckte. Sein Gesicht
kam ihr vertraut vor, ohne dass sie hätte sagen können, weshalb. Er war bedrückt und stierte auf das trübe Wasser. Wieder hörte sie das Poltern und entdeckte den mächtigen Elefanten, der direkt auf ihn zustürmte. Dieses Mal wollte sie den jungen Mann warnen. Sie wusste, dass er gleich zerschmettert werden würde, doch in dem Moment, als sie ihn rief, hatte der Elefant den Mann erreicht und …
    Sie erwachte schweißgebadet.
     
    Am nächsten Morgen fühlte sich Ricky wie gerädert. Sie nahm ihre Umgebung kaum war, weil die Geister des schrecklichen Traums immer noch über ihr hingen. Als sie das Speisezimmer betrat, wurde sie von einer gut gelaunten Teresa begrüßt, die ihr ein üppiges Frühstück aus Rührei und Speck auf den Tisch stellte. Ricky nahm die gute Stimmung im Haus gar nicht zur Kenntnis. Lustlos stocherte sie auf ihrem Teller herum und grübelte vor sich hin. Mit Schwung ging die Eingangstür auf und Jella kam summend von draußen herein. Ricky sah erstaunt auf.
    »Was ist denn mit dir los?«, fragte sie. Seit sie auf Owitambe angekommen waren, war ihre Mutter noch nie so guter Laune gewesen.
    »Ich freue mich eben.«
    »Und worüber, wenn ich fragen darf?«
    »Über deinen Großvater.«
    »Ach ja?«
    »Stell dir vor, er hat sich heute Morgen rasiert«, meinte Jella beschwingt.
    »Das war wohl auch an der Zeit!«
    »Und seine Haare waren auch gewaschen und geschnitten.«
    »Und deshalb singst du?«
    »Verstehst du denn nicht?« Jella fasste Ricky an den Oberarmen und strahlte. »Es geht ihm besser! Vor dem Morgengrauen war er schon auf den Beinen. Er ist mit deinem Vater bei den
Schafen, und so weit ich es erkennen kann, nimmt er wenigstens wieder etwas Anteil an unserem Leben.«
    Ricky fühlte sich plötzlich viel leichter.
    »Puh, und ich dachte schon, er tut sich etwas an.«
    Jella registrierte die letzten Worte ihrer Tochter nicht. Sie war viel zu sehr mit ihren neuen Plänen beschäftigt und bereits auf dem Weg ins Büro. »Ich muss unbedingt eine Einkaufsliste aufsetzen«, rief sie ihr beim Hinausgehen zu. »Fritz will morgen Besorgungen machen, und ich brauche noch einiges für meine neue Praxis.«

Entscheidungen
    Violettgraue Wolken ballten sich über der verdorrten Ebene zu dichten Barrieren. Nur vereinzelt drangen gelbe Sonnenstrahlen durch die immer dichter werdende Wolkenschicht und warfen bizarre Schatten auf die mondähnliche Landschaft. Raffael beobachtete seinen immer länger werdenden Schatten, der sich messerscharf von dem gelben Schotter abzeichnete. Er hatte keine Ahnung, wie viele Stunden er schon unterwegs war – und er wusste auch nicht, welches Ziel er hatte. Seine langen Beine trugen ihn in Richtung Westen, wo eine aus hoch aufragenden Tafelbergen und Kegeln bestehende Bergkette sich wie eine Mauer auftat. Lange war er sich nicht bewusst gewesen, dass seine Wanderung gewissermaßen eine Flucht war. Er hatte Katondoihes Vorschlag, sich Rat bei den Ahnen zu holen, nur allzu bereitwillig angenommen. Schließlich gab es ihm die Möglichkeit, Abstand vor seinen neuen Verpflichtungen zu gewinnen. Je länger er lief, desto irrwitziger kam ihm seine jetzige Situation vor. Nach der gestrigen Nacht war er so gut wie verheiratet. Alle in Wapengas Onganda waren Zeuge seiner Verlobung geworden. Er hatte mit Maipangwe geschlafen und damit den Bund besiegelt, auch wenn er die ganze Zeit nur an Sonja gedacht hatte. Sein Herz krampfte sich in Erinnerung an seine große Liebe heftig zusammen. Niemals würde er sie vergessen. Er schloss die Augen und bildete sich ein, ihren Duft, der ihn immer an frische Frühlingsblumen erinnert hatte, zu erschnuppern. Tränen rannen über seine rot glänzenden Wangen. Nochmals beschleunigte er das Tempo. Die Schweißperlen
auf seinem nackten Oberkörper und den Armen verdunsteten augenblicklich. Seitlich nahm Raffael eine Herde Strauße wahr, die der Reihe nach über eine aprikosenfarbene Sanddüne verschwanden. Sie verschwinden wie mein Glück, hallte es durch seinen Kopf. »Wanderer zwischen den

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