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Sehnsucht nach Owitambe

Sehnsucht nach Owitambe

Titel: Sehnsucht nach Owitambe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Mennen
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Welten«, hatte ihn sein Ahn genannt. In den letzten Monaten hatte er sich eingeredet, ein echter Himba geworden zu sein. In der Einsamkeit des kargen und doch so schönen Kaokovelds hatte er das Gefühl gehabt, mit sich und seinem Schicksal im Reinen zu sein. Er hatte sich vorgemacht, dass das Blut seiner Mutter in ihm stärker sein musste als das weiße väterliche Erbe. So hatte er es sehen wollen, weil sein Schicksal für ihn so erträglicher wurde. Jetzt wurde ihm klar, dass alles nur Einbildung war. Er war genauso ein Weißer, wie er ein Himba war. Diese bittere Erkenntnis machte ihm die ganze Tragödie seines Schicksals klar. Wanderer zwischen zwei Welten …
    Er hielt inne und spürte, wie sein Herz vom langen Rennen kräftig gegen seinen Brustkorb schlug. Er gehörte weder zu der einen noch zu der anderen Seite. Bastard hatten ihn seine Mitschüler in Windhuk genannt. Sie hatten unmissverständlich ausgedrückt, was sie dachten. Die Himba hatten ihn zwar sofort als einen der ihren akzeptiert, aber dennoch fühlte und dachte er in vielen Dingen ganz anders als sie. Mit der Heirat und den diversen Ritualen und Zeremonien hatten sie ihn überrumpelt. Er hatte alles über sich ergehen lassen und wurde sich erst jetzt der weittragenden Folgen bewusst. Während der letzten Nacht und im Laufe dieses Tages war ihm klar geworden, dass ihn das Leben bei dem Volk seiner Mutter auf Dauer nie befriedigen würde. Ein Großteil seines Verstandes war durch seine deutsche Erziehung geprägt. Er liebte es, zu diskutieren und seinen Verstand zu schleifen. Doch dafür hatten die Himba kein Verständnis. Sie lebten in ihrer Welt der Traditionen. Seit Jahrhunderten halfen ihnen ihre Regeln und Rituale, ihre Zeremonien und
ihre enge Verbundenheit mit den Matriclans und Patriclans, zu überleben. Diese Regeln durfte man nicht infrage stellen. Raffael hatte schon früh aufgehört, mit Wapenga oder Katondoihe über bestimmte Regeln innerhalb der Gruppe zu diskutieren. Sie hatten ihn nur verständnislos angeschaut und dann geduldig begonnen, ihm zu erklären, dass die Regeln von den Ahnen auf sie übergegangen waren und für immer Gültigkeit besaßen.
    Raffaels Kehle brannte vor Durst. Mittlerweile hatte er sich den steil aufragenden Felsklippen genähert und hielt Ausschau nach einem bestimmten Felsvorsprung, der ihm den Einlass zu einem kleinen Tal verriet, wo eine überirdische Quelle in ein Felsbassin mündete. Er war schon einmal mit seinen Rindern hier gewesen. In der Nähe der Quelle wollte er die Nacht verbringen. Oberhalb gab es Felsvorsprünge, die ihn vor dem möglichen Regen und wilden Tieren schützen würden. Die Wolken bedeckten den Himmel mittlerweile vollständig. Die Luft war so schwül, dass sie vor Spannung zu knistern begann. Raffael begann noch einmal zu spurten. Er wusste, wie heftig die Unwetter um diese Jahreszeit sein konnten. Als er den Einlass in das Tal gefunden hatte, atmete er erleichtert auf. Hätte er sich noch einmal umgesehen, dann wäre ihm sicherlich der einsame Elefantenbulle aufgefallen, der das gleiche Ziel hatte wie er.
     
    »Wie wusste Nakeshi, dass du wieder hier bist?«, fragte Ricky verwundert. »Und auch du scheinst nicht besonders überrascht zu sein, dass es so ist.«
    Jellas Gesichtsausdruck bekam etwas Geheimnisvolles.
    »Nakeshi sagt, wir sind Sternenschwestern«, erklärte sie versonnen. »Wenn wir unsere Gedanken auf die andere lenken, dann fühlen wir, wie es ihr geht. Manchmal verbinden sich auch unsere Träume, und wir sehen, was der andere gerade tut. Du würdest nicht leben, wenn Nakeshi nicht gespürt hätte, dass ich vor deiner Geburt Hilfe benötigte.«

    »Das sind doch dumme Märchen«, wehrte Ricky entschieden ab. »An so etwas glaube ich nicht.«
    Nakeshi, die dem Gespräch aufmerksam gelauscht hatte, kicherte. »Das Zebrafohlen erkennt erst, dass der Löwe es fressen will, wenn er es jagt.«
    Ricky zog die Stirn kraus.
    »Ich verstehe nicht, was das zu bedeuten hat«, meinte sie, plötzlich unsicher geworden.
    Ihre Mutter lachte.
    »Nakeshi meint damit, dass du schon noch selbst deine Erfahrungen machen und dann klüger sein wirst.«
     
    Nakeshi war mit Bô und ihrem Sohn Debe am gleichen Tag in Owitambe aufgetaucht, als Johannes sich entschlossen hatte, wieder aktiv am täglichen Farmleben teilzunehmen. Jella war außer sich vor Freude. Nie zuvor hatte Ricky ihre Mutter glücklicher gesehen. Sie wirkte um Jahre jünger und sorgte dafür, dass Teresa für alle ein

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