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Sehnsucht nach Owitambe

Sehnsucht nach Owitambe

Titel: Sehnsucht nach Owitambe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Mennen
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Wenn vernünftige Menschen mit den Stammesführern der Nama und Herero verhandeln würden, gäbe es sicherlich eine friedliche Lösung. Dann müssten keine zusätzlichen Schutztruppen nach Afrika entsandt werden. Samuel Maharero soll durchaus zugänglich sein.«
    »Dein Wort in Gottes Ohr«, seufzte Fritz. »Gouverneur Leutwein hat sein Bestes versucht. Leider stieß seine milde Art nur auf wenig Gegenliebe. Der Kaiser fürchtet um sein Ansehen, wenn er hier in seinen Schutzgebieten nicht mit harter Hand durchgreift. Er hat Angst, England und Frankreich gegenüber sein Gesicht zu verlieren.«
    »Pah.« Jella pustete sich eine rote Locke aus ihrem Gesicht.
»Das alles kommt doch nur daher, dass die afrikanische Bevölkerung etwas anderes unter einem Schutztruppengebiet versteht als die Deutschen.«
    »Ich wusste gar nicht, dass dich diese Dinge so interessieren«, meinte Fritz erstaunt. »Du hättest Politikerin werden sollen!«
    »Wäre ich auch geworden, wenn man Frauen dafür nicht für zu dumm hielte!«, konterte Jella schnippisch. Ihre limonengrünen Augen funkelten herausfordernd. »Hast du dir schon mal überlegt, dass die meisten Deutschen hier in Deutsch-Südwest nichts anderes im Sinn haben, als die Afrikaner auszubeuten und zu enteignen? Am liebsten würden die Siedler hier die Schwarzen doch in Reservate einsperren, wenn sie denn als billige Arbeitskräfte nichts mehr taugen. Was meinst du, wie viele Herero zum Beispiel von Hakoma wegziehen mussten, nur damit Nachtmahr seine Farm bekam? Waren es dreißig oder vierzig Menschen? Wo leben sie jetzt? Man hat sie mit ein paar Rindern und Alkohol abgespeist und sie in wasserarme Gebiete abgedrängt. Wenn das keine Ausbeutung ist!«
    Fritz zuckte bedauernd mit den Schultern. »Das sind die üblichen Verträge. Alle Kolonialmächte gehen so vor. Immerhin hat unsere Anwesenheit auch Vorteile. Denk nur an die Missionsschulen. Hier bekommen auch die Schwarzen die Möglichkeit, lesen und schreiben zu lernen. Die Kinder werden es einmal besser haben.«
    »Werden sie nicht«, widersprach Jella hitzig. »Solange wir Weißen die afrikanische Bevölkerung nicht als gleichrangig ansehen, so lange werden sie es trotz Bildung nicht besser haben. Die Unruhen bei den Schwarzen sind nur zu verständlich. Ihnen wird allmählich klar, dass sie nur ausgebeutet werden. Sie versuchen sich jetzt, ihr Recht zurückzuholen. Ich kann sie jedenfalls verstehen!«
    Ein kräftiger Tritt gegen ihre Bauchdecke unterbrach Jellas Redefluss.

    »Aua«, stöhnte sie leicht. So lange das Baby auch gewartet hatte, sich zu melden, umso intensiver waren jetzt seine Bewegungen in ihrem Bauch.
    »Ich glaube, das Kleine hat seine eigene Meinung zu dieser Angelegenheit«, schmunzelte Fritz. »Nimm es als Warnung. Wenn einer unserer Nachbarn deine liberale Meinung zu hören bekommt, dann wird er dich noch in der Kolonialabteilung anschwärzen. Zum Glück leben wir hier auf Owitambe wie in einem kleinen Paradies. Ich glaube nicht, dass wir Übergriffe zu befürchten haben.«
    »Gebe es Gott«, lenkte Jella ein. »Sieh mal, da kommen Sarah und Raffael!« Sie winkte ihnen zu und forderte sie auf, sich zu ihnen zu gesellen.
    Sarah begrüßte ihre Stieftochter lächelnd und setzte sich auf das Sofa. Sie trug ihre langen, zu vielen Zöpfen geflochtenen Haare in einer kunstvollen Frisur. Es war das Einzige, was sie als Himba kennzeichnete. Ihr blauer Rock und die rote Bluse waren europäischer Herkunft. Der kleine vierjährige Raffael kletterte sogleich auf Jellas Schoß und streichelte ihren Bauch.
    »Dauert es noch lange, bis das Baby rauskommt?«, fragte er neugierig. Er hatte eine auffallend helle Hautfarbe und leicht rötlich schimmerndes Haar, während seine Augen wie schwarze Kohle temperamentvoll leuchteten.
    »Ein paar Monate wirst du schon noch warten müssen«, lachte Jella und strich ihm über den Kopf.
    »Lass das«, meinte Raffael und drückte Jellas Hand weg. »Ich bin kein kleiner Junge mehr!«
    »Natürlich nicht. Wie konnte ich das nur vergessen! Hat sich Vater wieder beruhigt?«, wandte sich Jella nun an ihre Stiefmutter. Sarah verzog bekümmert das Gesicht.
    »Er ist wütend«, sagte sie. »Der Kapitän in Windhuk war sehr unfreundlich. Um die Sache mit der Quelle wird er sich so schnell nicht kümmern. Sie haben andere Sorgen.«

    »Kann man die Sache denn nicht vernünftig regeln?«, fragte Fritz nicht zum ersten Mal. Sarah schüttelte den Kopf.
    »Nachtmahr hasst Johannes, weil er eine

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