Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sehnsucht nach Owitambe

Sehnsucht nach Owitambe

Titel: Sehnsucht nach Owitambe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Mennen
Vom Netzwerk:
in die Richtung, aus der die Sonne sich gerade zu erheben begann. In ihrem schwachen Widerschein erkannte er die ersten Anzeichen eines fernen Gewitters.
     
    Trotz des Morgengrauens verdunkelte sich der Himmel. Tiefviolette Wolkenmassen schoben sich vor die aufgehende Sonne und ballten sich zu gewaltigen Bergen auf, von dumpfem Donnergrollen begleitet. An ihren Rändern leuchteten helle Blitze, während die Luft um die Buschmänner von lähmender Schwüle erfüllt war. In diesem Moment war die Wüste still. Kein Laut außer dem Grollen des Donners war zu hören, bis sich mit einem Paukenschlag ein gewaltiger Blitz aus der Wolkenwand löste und in eine erhöht stehende Kameldornakazie einschlug. Von der Wucht des Einschlags wurde der Baum in der Mitte zerteilt und fing sofort Feuer. Ein paar Kinder begannen zu weinen. Die Buschmänner hatten sich sofort versammelt und starrten freudig auf das Naturschauspiel. Als die ersten fetten Regentropfen auf dem heißen Wüstensand aufsprangen
und dort zerstäubten, ohne Feuchtigkeit zu hinterlassen, begann Kwi erneut zu tanzen.
    »Ejj, ejje, ejj! Der Regen kommt! Lasst uns singen. Der Regen kommt!«
    Seine Stimme klang beschwörend, fast ängstlich. Ein Gewitter bedeutete nicht immer Regen. Manchmal entlud es nur seine Wut und schickte Feuer und Verderben. In der Tat ließ der Regen nach und hörte schließlich ganz auf. Ängstlich betrachteten die Menschen das gewaltige Wolkenungetüm und beobachteten, wie es erneut Blitze und gewaltige Donnerschläge aus seinem Schlund schleuderte. Einzelne Windböen preschten nun in unberechenbaren Windhosen über die Dünenkämme dem Gewitter entgegen. Eine der Buschmannhütten wurde von einem Wirbel ergriffen und wie ein Spielzeug in die Luft geschleudert. Als sie auf dem Boden aufschlug, war sie in tausend Teile zerfallen. Die Buschmänner flohen unter einen großen Baum und drängten sich zusammen in der Hoffnung, dass kein Blitz sie treffen möge. Nur Kwi war auf dem Versammlungsplatz geblieben, um weiterzutanzen. Dann löste sich eine weitere Person aus der Gruppe und gesellte sich zu Kwi. Es war Nakeshi. Bô wusste, dass sie große Kräfte besaß. Auch sie sang gegen den immer stärker werdenden Wind an. Gemeinsam mit Kwi beschwor sie den Regen und besänftigte verärgerte Ahnen. Da, endlich wurden ihre Bitten erhört. Der Wolkenberg öffnete seine Schleusen und schickte graue Wassermassen aus seinem Inneren. Sofort lösten sich die Buschmänner aus dem Schutz des Baums und setzten sich dem willkommenen Regen aus. Lachend und tanzend breiteten sie ihre Arme aus. Einige streckten die Zungen heraus, um das kostbare Nass direkt aufzufangen. Innerhalb weniger Minuten füllte sich das Vlei unterhalb des Lagers mit Wasser. Anfangs nutzten das die Buschmänner, um darin zu baden. Doch schon bald gab es in dem bis dahin ausgetrockneten Flussbett eine reißende Strömung, und
die Menschen brachten sich in Sicherheit. Tikay und einige andere Kinder legten sich auf den schlammigen Boden und wälzten sich wie Warzenschweine darin. Sie bewarfen sich gegenseitig mit Schlamm und lachten, bis ihnen die Bäuche wehtaten. Nakeshi umarmte Chuka und Twi, dann Tsa und Kumsa und die anderen. Als Bô sie ebenfalls in die Arme nehmen wollte, wandte sie sich brüsk ab und rannte davon.
    Bô folgte ihr. Er war wütend und enttäuscht. Warum wies Nakeshi ihn so unverhohlen ab? Er hatte ihre Missachtung nicht verdient! Dieses Mal würde sie ihm keine Antwort schuldig bleiben. Hinter einem kleinen Felsvorsprung überholte er sie und versperrte ihr den Weg.
    »Warum behandelst du mich wie ein stinkendes Erdferkel?« Sein Auge blitzte vor Empörung. Nakeshi war wie erstarrt stehen geblieben. Sie hob langsam den Kopf und sah ihm direkt ins Gesicht. Erschrocken stellte er fest, dass ihre Augen nicht nur vom Regen benetzt waren.
    »Weißt du das wirklich nicht?«, fragte sie mit gepresster Stimme. Bô hob hilflos die Arme und schüttelte dann den Kopf.
    »Ich habe dir nie etwas getan«, meinte er. Seine Wut war plötzlich verraucht.
    »Du bist einfach weggegangen. Warum?«
    »Das weißt du nicht?« Bô sah Nakeshi enttäuscht an. »Kannst du dir das denn nicht denken?«
    Nakeshi biss sich auf die Unterlippe und nickte.
    »Es war wegen mir! Du wolltest mich nicht!«
    Bô starrte Nakeshi verständnislos an. Wie konnte sie so einen Unsinn glauben? Er suchte verzweifelt nach Worten, um ihr den wahren Grund für sein Verschwinden zu sagen. Schließlich hatte er Nakeshi

Weitere Kostenlose Bücher