Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sehnsucht nach Owitambe

Sehnsucht nach Owitambe

Titel: Sehnsucht nach Owitambe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Mennen
Vom Netzwerk:
schwierig sein würde, die Schutztruppen zur Klärung des Rechtsstreits zu bewegen. Abgesehen von der politischen Lage war der Distriktchef ihnen ohnehin nicht sehr geneigt. Nachtmahr war eindeutig im Vorteil.

Rechtsprechung
    »Ejj, ejj! Lasst uns den Tanz des Regens tanzen«, meinte der alte Kwi, nachdem er seine Holzstückchen und Knöchelchen geworfen und eingängig begutachtet hatte. »Die Stäbchen haben gesprochen! Im Morgengrauen wird sich der Himmel zusammenballen und uns das Wasser bringen, das die Tsamma-Melonen wieder ergrünen lässt.«
    »Gwi wird den Regen vorher vertreiben«, widersprach N!ore. »Wir haben seinen Groll auf uns geladen! Noch nie haben wir so lange auf Regen warten müssen.« Mit unverhohlenem Hass wies er mit seinem Finger auf Bô, der in aller Ruhe eine neue Sehne in seinen Bogen spannte.
    »Bô ist schuld! Er hat Gwi, den arglistigen Geist, mit in unsere Gruppe gebracht. Seit er bei uns ist, hat es nicht mehr geregnet.«
    »Halt den Mund«, sagte Kwi ungeduldig. »Wenn Bô nicht gewesen wäre, hätten wir kein neues Wasser gefunden. Er hat uns gerettet.«
    »Das Wasser wird versiegen«, behauptete N!ore gehässig. »Außerdem schmeckt es faulig und macht Bauchweh.«
    »Du hast Bauchweh, weil du zu viele Tsinbohnen in dich hineingestopft hast, anstatt deiner Frau und deiner Schwiegermutter etwas übrig zu lassen«, schimpfte Bau, der das Genörgel ihres Mannes schon lange missfiel. Sie warf Bô einen sehnsüchtigen Blick zu. Ob er sie nochmals mit in den Busch nahm? Wollüstig steckte sie einen Finger in den Mund und lutschte darauf herum. Doch Bô wich ihrem Blick geschickt aus. Sehnsuchtsvoll
dachte sie an das eine Mal, als der junge Buschmann und sie einander nähergekommen waren. Niemals zuvor war ein Mann so zärtlich zu ihr gewesen. Er hatte genau gewusst, was einer Frau gefiel, obwohl sein Kopf nicht bei der Sache gewesen war. Bau war eine hübsche Frau, der die Liebe ihres Mannes N!ore allein nicht genügte. Immer wieder suchte sie Beziehungen zu anderen Männern und gab sich dabei nicht viel Mühe, sie vor den anderen zu verbergen. N!ore kümmerte sich nicht darum, solange sie ihn bevorzugt behandelte. Die anderen Männer bedienten ihren Körper, aber er besaß ihr Herz. Nur bei Bô war es anders gewesen. Seit er zu ihnen gekommen war, hatte sich vieles verändert. Er hatte ihm den Platz in seiner Gruppe streitig gemacht und seinen Neid geweckt. Bislang war N!ore der beste Fährtenleser der Gruppe gewesen. Die anderen waren ihm ohne Widerrede gefolgt, doch jetzt folgten sie Bô, der die Jäger nicht nur schneller zu Wild brachte, sondern auch noch ungewöhnliche Fallen baute, in denen er sogar Antilopen und Spießböcke fing. Nachdem er auch noch erfolgreich von der Wassersuche zurückgekommen war, stand Bô bei allen Buschmännern in hoher Achtung. Als N!ore sich bei Bau deswegen beklagte, weil ihn der Neid auf den Fremden beinahe zerriss, stieß er zu seinem Leidwesen auf wenig Verständnis. Im Gegenteil, sie hatte ihn deswegen sogar ausgelacht. War da nicht sogar ein Funkeln in ihren Augen gewesen, wenn sie von Bô sprach? N!ore hatte sich vorgenommen, seine Frau von nun an nicht mehr aus den Augen zu lassen.
    N!ores Nörgeleien ungeachtet war Kwi aufgestanden und begann nun mit den ersten Schritten des Regentanzes. Chuka, Nakeshi und die anderen Frauen stimmten die ersten Verse des Regenlieds an, wobei sie sich sanft im Takt der Melodie wiegten. Nach und nach kamen die anderen Männer hinzu, stampften abwechselnd mit den Füßen auf den Boden, erst langsam und schwerfällig wie die ersten Tropfen eines schwülwarmen
Gewitters, dann immer schneller und tippelnder wie ein einsetzender Regenguss, bis ihre Bewegungen in zappelnder Wildheit einem Höhepunkt zusteuerten. Rhythmus und Melodie wechselten, wurden mal langsamer, mal schneller, waren mal laut und dann wieder leise und sacht, als wollten sie ausklingen, nur um dann wieder anzuschwellen. Der Tanz war anstrengend und kostete alle viel Kraft. Je weiter er voranschritt, desto mehr lösten sich die Seelen von ihren Körpern, um in der Anderswelt den großen Kauha um Wasser aus dem Himmel zu bitten. Mit vor Schweiß glänzenden Körpern taumelten die Buschmänner um die Feuer auf ihrem Versammlungsplatz, bis erst einer und schließlich immer mehr in den frühen Morgenstunden vor Erschöpfung zusammenbrachen, um an Ort und Stelle einzuschlafen.
    Als der Mond unterging, erwachte Bô als Erster. Er rappelte sich auf und sah

Weitere Kostenlose Bücher