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Sehnsucht nach Owitambe

Sehnsucht nach Owitambe

Titel: Sehnsucht nach Owitambe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Mennen
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einfältigen Schwarzen zu zeigen, wie man richtig lebt. Wir beschützen die unzivilisierten Stämme, weil sie sich sonst gegenseitig die Schädel einschlagen würden. Dafür werden
wir vom Kaiser mit Farmland belohnt. Die wilden Tiere auf unserem Eigentum sind eine Plage. Sie haben dort nichts zu suchen. Außerdem gibt es ohnehin viel zu viele. Sie vermehren sich ohne Unterlass. Was macht es schon, wenn man sie abknallt – vor allem, wenn ich damit eine Stange Geld verdiene?«
    Fritz merkte, dass er nahe daran war, die Beherrschung zu verlieren. Er konnte es drehen und wenden, wie er wollte. Egal, welches Thema er anschnitt, mit diesem Mann würde er immer aneinandergeraten. Es gab keine Schnittmengen zwischen Nachtmahr und ihm. Der Baron war ein überzeugter Nationalist und Rassist, der von seiner radikalen Überzeugung um kein Jota abweichen würde. Die einzige Sprache, die er verstand, war die Sprache der Gewalt. Trotzdem versuchte Fritz, nun auf direktem Weg, Nachtmahr zum Einlenken zu bewegen.
    »Mein Schwiegervater ist gerade in Windhuk auf dem Katasteramt«, erzählte er. »Dort lässt er amtlich feststellen, wem die Nagelquelle gehört. Wir haben keinerlei Zweifel daran, dass sie zu Owitambe gehört.«
    »Jetzt gehört sie mir!«
    Nachtmahrs Augen funkelten gefährlich. »Ich habe mein Eigentum abzäunen lassen – und jeder, der es unrechtmäßig betritt, wird von einem meiner Männer abgeknallt.«
    »Das ist keine Lösung«, meinte Fritz. »Sobald der Sachverhalt klar ist, müssen Sie die Zäune entfernen lassen.«
    »Das werden wir ja sehen«, lachte Nachtmahr verschlagen. »Oder glauben Sie, dass wegen dieser lächerlichen Auseinandersetzung die Schutztruppen eingreifen? Die sind mit ganz anderen Dingen beschäftigt. Überall im Land brodelt es. Die Kaffern werden allerorts aufsässig. Glauben Sie mir, die Soldaten haben anderes zu tun.«
    »Sie haben dennoch auch polizeiliche Aufgaben zu erfüllen«, sagte Fritz hart. »Ich zweifle nicht daran, dass wir unser Recht bekommen werden.«

    Nachtmahr stand aufgebracht auf.
    »Ich glaube, es ist besser, wenn Sie jetzt gehen!«
    Fritz ließ sich nicht aus der Ruhe bringen und startete noch einen letzten Versuch.
    »Sehen Sie, uns liegt nicht daran, einen Streit mit Ihnen zu beginnen. Wir wollen Ihnen helfen. Mein Schwiegervater bietet Ihnen sogar an, auch in Zukunft ab und zu ein paar Ihrer Tiere an seiner Quelle zu tränken. Außerdem will er sich gern mit Ihnen über Ihre Rinder unterhalten. Wie Sie wissen, vermehren sich unsere Tiere sehr gut, weil wir sie abwechselnd auf unterschiedlichen Weiden halten, so wie es die Himbas und Herero schon seit Jahrhunderten tun.«
    »Das ist doch Kafferngewäsch«, fauchte Nachtmahr. »Ich verbitte mir das in meinem Haus!«
    Fritz erhob sich und rief nach Jella. Gemeinsam mit Isabella trat sie aus dem Salon und sah ihren Mann erwartungsvoll an.
    »Wir gehen«, sagte Fritz kurz. Jella verstand und verabschiedete sich von Isabella.
    »Sie müssen sich vorsehen. Sie leiden an einer schweren Gelbsucht. Ich werde in den nächsten Tagen noch einmal nach Ihnen sehen.«
    Isabella lächelte zaghaft und nickte. Als sie bereits in der Tür standen, hielt Nachtmahr sie auf. Ein verschlagenes Lächeln glitt über seine Züge.
    »Ich mache Ihnen ein anderes Angebot«, meinte er. »Ihr Schwiegervater darf seine Rinder an meiner Quelle tränken, wenn ich dafür das Land am Westrand des Plateaus erhalte.«
    Fritz hielt die Luft an.
    »Soll das ein Witz sein?«, fragte er ungläubig. »Das ist das Herzstück von Owitambe. Wenn wir das weggäben, würde unser Farmland auseinandergerissen. Abgesehen davon leben dort viele seltene Tiere.«
    »Um so besser«, lachte Nachtmahr siegessicher. »Ohne die
Quelle wird Ihnen das Land ohnehin nichts nützen. Also sollten Sie sich meinen Vorschlag durchaus durch den Kopf gehen lassen. Oder wollen Sie lieber Ihr Vieh verrecken lassen?«
    »Sie sind verrückt«, sagte Fritz zum Abschied. Es war nicht leicht, ihn aus der Fassung zu bringen. Aber die selbstherrliche Art Nachtmahrs, der sich wie ein Despot aufführte, brachte ihn an die Grenzen seiner Geduld. Er musste an sich halten, um dem Mann nicht zum Abschied einen ordentlichen Kinnhaken zu verpassen. Wahrscheinlich die einzige Sprache, die er verstand.
    Der Rückweg nach Owitambe verlief ziemlich einsilbig. Fritz war maßlos enttäuscht. Er hätte seinem Schwiegervater gern bessere Nachrichten überbracht. Das Schlimme war, dass es wirklich

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